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"Und Sobe<de! Sie haben keine Ahnung, daß wir kommen, und ihre Überraschung wird ebenso groß sein wie die Freude, welche unser Besuch erregen wird."

"Zehn Jahre! Es ist eine lange, lange Zeit, daß wir sie nicht gesehen haben; für Dich war sie glücklich, für Omar nicht. Du wurdest Kapudan Pascha (Oberadmiral), und er wurde zum Tode verurtheilt, weil es ruchbar wurde, daß er der Tödtung des Mudellir von Assuan und unserer Flucht nicht fern gestanden hatte. Es gelang ihm zu entkommen, und nun muß er als ein Geächteter und Verfolgter in der Wüste leben, die ganz allein ihm Sicherheit gewährt." "Das ist schlimm; doch ist sein Unglück nicht so groß, als wie es scheint. Er und Sobe<de lieben sich, und seine Mameluken sind ihm treu ergeben. Ich werde all meinen Einfluß aufbieten um zu erlangen, daß ihm der Khedive die Erlaubniß gibt zurückzukehren." "Wird Dein Einfluß so weit reichen? Der Vizekönig ist beinahe selbstständiger Herrscher seines Landes, in Mesr (Egypten) gilt der Wille des Sultans jetzt so viel wie nichts, und außerdem mußt Du bedenken, daß Du in den Augen des Vizekönigs ja selbst der Strafbare bist."

"Es kommt darauf an, ob man in Nurwan-Pascha den Katombo erkennt, welcher den Mudellir überlistete und besiegte. Doch halt! Was sind das für Punkte?"

Er deutete mit der Hand vorwärts, wo am Horizonte einige weiße Punkte erschienen, welche sich näherten. Die Karawane hielt an, und die Männer griffen zu den Waffen. "Sind es Feinde?" frug mit ängstlicher Stimme die Verschleierte.

"Das kann man nicht wissen, Ayescha," antwortete Katombo. "Jeder Wüstenbewohner ist mehr oder weniger ein Räuber oder Dieb."

"Es sind ihrer viele," meinte Manu-Remusat. "Kannst Du sie zählen, Katombo?" A Dieser hielt die Hand über die Augen, um von der Sonne weniger geblendet zu werden. "Fünf - zehn - zwölf - fünfzehn - zwanzig! Wenn es Feinde sind, so sind sie uns an Zahl überlegen." "Dennoch werden wir uns wehren!"

Die Reiter kamen näher. Ihre weißen Ha<ks (Burnus mit Kaputze) schimmerten im Lichte der Sonne. Sie hatten die Reisenden bemerkt und hielten in einer breiten Front auf sie zu, deren Flügel sich nach und nach verschoben, so daß die Karawane umzingelt wurde. Ayescha zitterte vor Angst und drückte ihr Töchterchen fest an sich. "Kämpft nicht, sondern ergebt Euch lieber," bat sie.

"Beruhige Dich," sprach Katombo; "wir haben nichts zu fürchten. Ich kenne einen von ihnen. Er war mit Omar-Bathu, als dieser Sobe<de holte."

Die Reiter schwangen drohend ihre Lanzen und Flinten, und als der Kreis um die kleine Karawane geschlossen war, frug der Anführer: "Wer seid Ihr?"

"Wir sind Reisende, die eine Uah suchen, und wünschen Frieden mit Euch."

"Wo kommt Ihr her?"

"Aus Mesr."

"Und wo wollt Ihr hin?"

"Du fragst, als ob Du ein Khawasse seist. Wer hat Dich zum Herrn der Wüste gemacht?" "Ein Khawasse? Ich bin kein Sklave, sondern ein freier Mann. Ein U%olad Arab ist kein Polizist."

"So verfolge Deinen Weg ebenso wie wir den unsrigen."

"Unser Weg ist der Eurige. Ihr kommt aus Mesr; das ist nicht gut für Euch, denn ich muß Euch zu unserem Scheik bringen." "Wie lautet der Name desselben?" "Du wirst ihn vielleicht erfahren!"

"Ich weiß ihn bereits. Dein Herr ist Omar-Bathu, den wir suchen." "Du kennst ihn? Wer hat ihn Dir genannt?" "Wir sind Freunde von ihm. Führe uns!"

"Bist Du sein Freund, so sorge Dich nicht; seid Ihr aber Feinde von ihm, so seid Ihr verloren. Kommt!"

Der Zug setzte sich in Bewegung.

Sie mochten wohl eine Stunde geritten sein, als am fernen Horizont ein Reiter auftauchte, welcher ein sehr gutes Hedjihn reiten mußte, denn der Lauf des Thieres war so schnell, daß er schon nach fünf Minuten auf Hörweite herangekommen war. Es war ein noch junger Mann, der ein ganzes Arsenal von Waffen an sich hängen hatte. Er schien sich vor der Truppe nicht im Geringsten zu fürchten, sondern kam getrost herbei und hielt sein Hedjihn erst dann an, als er die Beduinen erreicht hatte.

"Sallam aale<kum!" grüßte er, die Hand nach de Stirn erhebend.

"Sallam aal'!" antwortete der Anführer kurz. Er mußte den Gruß erwidern, sprach ihn aber nicht vollständig aus, ein Zeichen, daß er sich erst entscheiden wolle, ob er dem Fremden freundlich begegnen werde. "Wo kommst Du her?" "AusBildah."

"Das ist sehr weit. Und wo willst Du hin?" "Nach Hefr."

"Auch das ist weit. Zu welchem Duar gehörst Du?"

"Ich bin ein Sohn des Beni Soliman und heiße Mehem al Olahad."

"Die Beni Soliman sind friedfertige Hirten, Du aber trägst der Waffen sehr viele bei Dir!"

"Weißt Du nicht, daß die Gum (Raubkarawane) in der Wüste wohnt und der "Herr mit dem dicken Kopfe" des Nachts seine Stimme erhebt? Auch Du hast Waffen, aber dennoch habe ich

Dich als Freund begrüßt."

"Soll ich Dein Freund sein so folge uns. Du wirst in unserer Uah Wasser und Speise finden für Dich und Dein Thier."

"Wie heißt der Schech Deines Lagers?"

"Er wird Dir seinen Namen selbst sagen. Komm!" Der Fremde schloß sich an.

Die Sonne senkte sich immer mehr zum Horizonte nieder, und es war nicht mehr weit bis zu der in jenen Gegenden so kurzen Dämmerung, als in der Ferne grüne Palmenwedel auftauchten, und bald wurde ein Wadi erreicht, welches in Folge eines rieselnden Quelles eine außerordentliche Fruchtbarkeit zeigte.

B Unter den schlanken Palmen, welche voll schwerer Datteltrauben hingen, standen wohl an sechzig Zelte, deren größtes gerade auf dem Mittelpunkte der Oase errichtet war. Vor demselben stand der Herr des Lagers - Omar-Bathu der Mamelukenfürst. Die zehn Jahre der Ächtung und Verbannung hatten keinen ungünstigen Eindruck auf sein Äußeres gemacht. Sein Gesicht war tief gebräunt, seine Gestalt stärker, voller und kräftiger geworden. Er blickte hinaus nach Osten, von woher sich der Zug nahte. Da öffnete sich der Vorhang des Zeltes, und Sobe<de trat heraus. Sie hatte die Sitte der Beduinenweiber angenommen und war unverschleiert. Auch auf sie hatte die Zeit keinen ungünstigen Einfluß geäußert. Sie schien gar nicht gealtert zu haben und war vielmehr noch schöner als vorher geworden.

"Magst Du nicht hereinkommen, Lieber? Das Mahl ist bereitet."

"Ich möchte, aber dort nahen unsere Leute, welche eine Anzahl Fremder bringen."

"Wer mag es sein? Gefangene Feinde?"

"Ich weiß es nicht. Schau, es muß ein Weib dabei sein, denn das eine Djemmel (Kameel) trägt einen Tachterwahn."

Die Nahenden kamen schnell herbei, getragen von ihren Thieren, welche die Nähe des Wassers witterten. Omar-Bathu's Gesicht nahm immer mehr den Ausdruck der Spannung an, aber das Auge der Liebe sieht scharf. Sobe<de stieß plötzlich einen Schrei aus. "Mein Vater!"

Die Arme ausbreitend, eilte sie ihm entgegen. Remusat sprang vom Pferde und zog sie an sich.

"Mein Kind, meine Tochter!"

Er küßte sie mit väterlicher Zärtlichkeit und begrüßte dann Omar, welcher mittlerweile Katombo die Hand geboten hatte. Der Letztere ließ das Kameel, welches den Tachterwahn trug, niederknien. Ayescha stieg aus. Jetzt verdoppelte sich der Jubel. Das ganze Lager gerieth in freudige Aufregung über den Besuch, welchen der Scheich erhalten hatte, und dem Beduinen vom Stamme Beni Soliman kam diese Freude zu gute, denn man nahm sich keine Zeit, weiter nach seinen Verhältnissen zu forschen, er durfte als Gast in der Oase bleiben. Am Abende saßen die seit langer Zeit wieder einmal Vereinten unter den Palmen und erzählten sich gegenseitig ihre Erlebnisse. Auch Sobe<de hatte ihrem Manne ein Töchterchen geschenkt, welches bereits neun Jahre zählte und also sieben Jahre älter war als die Tochter Katombos.

Die beiden so weit auseinander gerissenen Familien hatten nur äußerst selten von einander Kunde erhalten können, da der Aufenthalt Omar-Bathus sehr oft wechselte und auch stets verborgen bleiben mußte. Desto ausführlicher wurde jetzt Alles behandelt. Vom Wasser her erscholl der Ton der Rababa, zu welchem sich einige Mädchen im Tanze drehten. Alle Männer waren dort versammelt, und darum hatte auch Ayescha den Schleier zurückgeschlagen, so daß ihr schönes Angesicht im Strahle des Mondes und der Sterne zu erkennen war.