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Korontzis mußte gegen eine plötzliche Übelkeit ankämpfen und trat schweratmend in die kühle Abendluft hinaus. Er hielt gewissermaßen Millionen von Dollar in der Hand, aber daran dachte er in diesem Augenblick nicht. Er wußte nur, daß er sein Vaterland verriet, daß er seinem geliebten Griechenland ein Stück Geschichte stahl, um es irgendeinem gesichtslosen Ausländer zu verkaufen.

Er ging langsam die Treppe hinunter. Wie Tony Rizzoli ihm versprochen hatte, wartete vor dem Museum ein Taxi. Korontzis schleppte sich zu dem Wagen und stieg ein.»Hotel Grande Bretagne«, sagte er.

Er sackte auf dem Rücksitz zusammen, erschöpft und zerschlagen, als läge ein schrecklicher Kampf hinter ihm. Aber hatte er gewonnen oder verloren?

Als das Taxi vor dem Hotel Grande Bretagne hielt, wies er den Fahrer an:»Warten Sie bitte hier. «Nach einem letzten Blick auf die Tragtüte mit dem kostbaren Inhalt auf dem Rücksitz stieg er aus und verschwand rasch im Hotel. Hinter dem Eingang drehte er sich um und sah nach draußen. Ein Unbekannter stieg in das Taxi. Im nächsten Augenblick fuhr es rasch davon.

Geschafft! dachte Korontzis. Aber so was werde ich in meinem Leben nie wieder tun! Der Alptraum ist vorbei.

Am Sonntagnachmittag gegen 15 Uhr verließ Tony Rizzoli sein Hotel und schlenderte in Richtung Omoniaplatz. Zu einer rotkarierten Jacke trug er eine grüne Hose und ein rotes Barett. Zwei Kriminalbeamte beschatteten ihn.»Die Klamotten muß er aus einem Zirkus haben«, meinte der eine.

In der Metaxastraße hielt Rizzoli ein Taxi an. Der Kriminalbeamte sprach in sein Handfunkgerät.»Der Verdächtige ist in ein Taxi gestiegen.«

«Wir sehen ihn«, antwortete eine Stimme.»Wir bleiben dran. Geht ins Hotel zurück.«

«Wird gemacht.«

Eine neutrale graue Limousine folgte dem nach Süden am Monastirakiplatz vorbeifahrenden Taxi in diskretem Abstand. Der Kriminalbeamte neben dem Fahrer griff nach dem Handmikrofon.

«Zentrale, hier Wagen vier. Der Verdächtige sitzt in einem Taxi, das die Philhellionstraße entlangfährt… Augenblick, eben ist es in die Petastraße abgebogen. Er scheint zur Plaka zu wollen. Dort hängt er uns möglicherweise ab. Könnten Sie ihn dann zu Fuß weiterverfolgen lassen?«

«Einen Moment Wagen vier. «Eine halbe Minute später meldete die Stimme sich erneut.»Wagen vier, ein weiteres Team ist unterwegs. Falls er in der Plaka aussteigt, folgt man ihm zu Fuß.«

«Kala. Der Verdächtige trägt eine rotkarierte Jacke, eine grüne Hose und ein rotes Barett. Er ist kaum zu übersehen. Augenblick! Das Taxi hält. Er steigt in der Plaka aus.«

«Verstanden. Wir übernehmen. Sie können zum Hotel zurückfahren. Ende.«

In der Plaka beobachteten zwei Kriminalbeamte, wie der Mann aus dem Taxi ausstieg.

«Wo hat der sich bloß so ausstaffiert?«meinte einer der beiden.

Sie setzten sich in Bewegung und begannen, ihm durch das belebte Labyrinth der Athener Altstadt zu folgen. Etwa eine Stunde lang schlenderte er scheinbar ziellos durch die Gassen — an Bars, Tavernen, Andenkenläden und kleinen Galerien vorbei. Er folgte der Anafiotikastraße und interessierte sich dann für einen Flohmarkt, auf dem Schwerter, Dolche, Musketen, Kochtöpfe, Kerzenleuchter, Öllampen und Ferngläser feilgeboten wurden.

Was hat er eigentlich vor, verdammt noch mal?«

«Anscheinend macht er bloß einen Stadtbummel. Halt, wohin will er jetzt?«

Die beiden folgten ihm, als er in die Gerontastraße abbog und das Restaurant Xynou betrat. Sie blieben in einiger Entfernung vom Eingang stehen und sahen zu, wie er bestellte.

Die beiden Beamten begannen sich allmählich zu langweilen.»Hoffentlich kommt er bald wieder raus. Ich möchte heim und ein

Nickerchen machen.«

«Bleib lieber wach! Falls er uns abhängt, tritt Nikolino uns gewaltig in den Hintern.«

«Wie soll er das können? Der Kerl ist doch auffällig wie 'n Leuchtturm.«

Der andere Kriminalbeamte starrte seinen Kollegen an.

«Was? Was hast du eben gesagt?«

«Ich hab' gesagt, daß er…«

«Schon gut!«Seine Stimme klang plötzlich nervös.»Hast du dir eigentlich mal sein Gesicht angesehen?«

«Nein.«

«Ich auch nicht. Toublo! Los, komm!«

Inspektor Nikolino kochte vor Wut.»Ich hatte drei Teams auf Rizzoli angesetzt. Wie hat er euch da abhängen können?«

«Er hat uns reingelegt, Inspektor. Die Kollegen haben beobachtet, wie er in ein Taxi gestiegen ist, und… «

«Und sie haben das Taxi aus den Augen verloren?«»Nein, sie sind drangeblieben. Wir haben gesehen, wie er ausgestiegen ist. Oder ein Mann, den wir wegen seiner wilden Aufmachung für ihn gehalten haben. Rizzoli hatte einen zweiten Mann im Taxi versteckt, und die beiden haben unterwegs ihre Sachen getauscht. Darum haben wir den falschen Mann beschattet.«

«Und Rizzoli ist mit dem Taxi weggefahren?«»Ja, leider.«

«Habt ihr euch die Nummer aufgeschrieben?«»Ah, nein,

Inspektor. Das… das haben wir für überflüssig gehalten.«

«Wer ist der Mann, den ihr für Rizzoli gehalten habt?«

«Ein Page aus seinem Hotel. Der Amerikaner hat ihm weisgemacht, er wolle jemandem einen Streich spielen. Für diesen Gefallen hat er ihm hundert Dollar gegeben. Mehr weiß der junge Mann auch nicht.«

Inspektor Nikolino holte tief Luft.»Und ihr wißt vermutlich nicht, wo Mr. Rizzoli im Augenblick steckt?«»Nein, Inspektor. Leider nicht.«

Griechenland hat sieben große Häfen: Saloniki, Patras, Wolos, Igumenitsa, Kawala, Iraklion und Piräus.

Piräus liegt zehn Kilometer südwestlich der Athener Innenstadt und ist nicht nur einer der Haupthäfen Griechenlands, sondern auch einer der wichtigsten Häfen Europas. Der ganze Komplex besteht aus vier Häfen, von denen drei Jachten und Fähr- und Passagierschiffe aufnehmen. Herakles, der vierte Hafen, ist für Frachter reserviert, die direkt vom Kai aus be- und entladen werden.

Die Thele lag in Herakles vor Anker. Der bewegungslos im dunklen Hafen liegende große Tanker erinnerte an ein riesenhaftes, nur scheinbar ruhendes Ungeheuer.

Tony Rizzoli, der von vier Männern begleitet wurde, fuhr die Pier entlang. Er blickte zu dem riesigen Schiff auf und dachte: Okay, der Tanker ist also da. Mal sehen, ob Demiris an Bord ist.

Er wandte sich an seine Begleiter.»Zwei von euch warten hier. Die beiden anderen kommen mit. Sorgt dafür, daß keiner von Bord geht.«

«Wird gemacht.«

Rizzoli und die beiden Männer stiegen die Gangway hinauf. Oben kam ihnen ein Bootsmann entgegen.»Zu wem möchten Sie?«fragte er auf englisch.

«Wir möchten Mr. Demiris sprechen.«

«Mr. Demiris ist in seiner Kabine. Erwartet er Sie?«

Der Tip war also richtig/Tony Rizzoli lächelte.»Yeah, er erwartet uns. Wann läuft das Schiff aus?«

«Um Mitternacht. Kommen Sie, ich zeige Ihnen den Weg.«

«Danke, sehr freundlich von Ihnen.«

Sie folgten dem Bootsmann übers Deck bis zu einem Niedergang. Unten gingen sie einen schmalen Korridor mit etwa einem halben Dutzend Kabinentüren entlang.

Vor der letzten Tür blieb der Bootsmann stehen und wollte anklopfen. Aber Tony Rizzoli schob ihn beiseite.»Danke, wir melden uns selbst an. «Er stieß die Tür auf und trat über die hohe Schwelle.

Die Kabine war größer, als Rizzoli erwartet hatte. Ihre Einrichtung bestand aus einem Bett, einer Couch, einem kleinen Schreibtisch und zwei Sesseln. Hinter dem Schreibtisch saß Constantin Demiris.

Demiris hob den Kopf, erkannte Rizzoli und stand so hastig auf, daß er beinahe den Stuhl umgeworfen hätte. Er war blaß geworden.

«Was… was tun Sie hier?«Seine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern.

«Meine Freunde und ich sind hier, um Ihnen einen kleinen Abschiedsbesuch zu machen, Costa.«

«Woher haben Sie gewußt, daß ich…? Ich meine, ich… ich habe Sie nicht erwartet.«

«Davon bin ich überzeugt«, sagte Tony Rizzoli. Er drehte sich nach dem Bootsmann um.»Danke, Kumpel.«