«Ich lehne Sie nicht ab«, widersprach Catherine.»Na ja, vielleicht ein kleines bißchen.«
Hamilton trat an den Schreibtisch und blätterte in seinem Terminkalender, obwohl er recht gut wußte, daß er längst
ausgebucht war.»Wie war's mit nächstem Montag?«fragte er.»Um dreizehn Uhr?«Das war seine Mittagspause, aber Hamilton war bereit, darauf zu verzichten. Catherine Alexander war eine Frau, die eine unerträgliche Last mit sich herumschleppte, und er war entschlossen, alles menschenmögliche zu tun, um sie davon zu befreien.
Catherine sah ihn lange an.»Einverstanden.«
«Gut, dann also bis Montag. «Hamilton gab ihr seine Karte.»Falls Sie mich vorher brauchen sollten, haben Sie hier meine Praxisnummer und meine Nummer zu Hause. Ich schlafe sehr leicht, so daß Sie kein schlechtes Gewissen zu haben brauchen, falls Sie mich aufwecken.«
«Danke«, sagte Catherine.»Ich komme am Montag wieder.«
Dr. Alan Hamilton sah ihr nach, als sie den Raum verließ, und dachte: Sie ist so schön und so verletzlich. Ich muß sehr behutsam sein. Er betrachtete das gerahmte Foto auf seinem Schreibtisch. Was Angela wohl dazu sagen würde?
Der Anruf kam mitten in der Nacht.
Constantin Demiris hörte zu, und als er dann sprach, klang seine Stimme bestürzt:»Die Thele ist gesunken? Das kann ich nicht glauben!«
«Es stimmt leider, Herr Demiris. Die amerikanische Coast Guard hat einige Wrackteile aufgefischt.«
«Gibt es Überlebende?«
«Nein, Herr Demiris, leider nicht. Die gesamte Besatzung ist mit untergegangen.«
«Wie schrecklich! Weiß man schon, wie das passieren konnte?«
«Ich fürchte, daß wir das nie erfahren werden, Herr Demiris. Alles, was Hinweise liefern könnte, liegt jetzt auf dem Meeresgrund.«
«Das Meer«, murmelte Demiris,»das grausame Meer.«
«Sollen wir den Schaden der Versicherung melden?«
«Es fällt schwer, an Geld zu denken, wenn all diese tapferen Männer umgekommen sind, aber… ja, melden Sie den Schaden zur Regulierung an.«
Die kostbare Amphore würde er seiner Privatsammlung einverleiben.
Jetzt war der Augenblick gekommen, seinen Schwager zu bestrafen.
18
Spyros Lambrou brannte vor Ungeduld, während er auf die Nachricht von Constantin Demiris' Verhaftung wartete. Er ließ das Radio in seinem Arbeitszimmer ständig eingeschaltet und verschlang die Tages- und Abendzeitungen. Eigentlich hätte ich längst etwas hören müssen, dachte Lambrou. Die Polizei hätte Demiris inzwischen doch schon längst verhaftet haben müssen.
Sobald er Tony Rizzoli hatte mitteilen lassen, daß Demiris an Bord der Thele sein würde, hatte Lambrou die amerikanische Zollbehörde — natürlich anonym — darüber informiert, daß der Tanker eine beträchtliche Menge Heroin an
Bord haben würde. Sie müssen ihn inzwischen geschnappt haben. Warum bringen die Zeitungen nichts darüber? Seine Gegensprechanlage summte.»Herr Demiris ist auf Apparat zwei.«
«Ruft jemand in seinem Auftrag an?«
«Nein, Herr Lambrou. Herr Demiris ist selbst am Apparat. «Bei diesen Worten lief Lambrou ein eisiger Schauer über den Rücken. Das war unmöglich!
Lambrou griff nervös nach dem Hörer.»Costa?«
«Spyros. «Die Stimme seines Schwagers klang jovial.»Wie geht's denn so?«
«Gut, ausgezeichnet. Wo bist du?«
«Hier in Athen.«
«Oh. «Lambrou schluckte nervös.»Wir haben ein paar Tage nicht mehr miteinander gesprochen«, sagte er.
«Ich bin sehr beschäftigt gewesen. Was hältst du von einem gemeinsamen Mittagessen? Hast du heute Zeit?«
Spyros Lambrou war mit wichtigen Geschäftsfreunden zum Essen verabredet.»Ja. Ich komme gern.«
«Wunderbar! Wir treffen uns im Club. Um vierzehn Uhr.«
Lambrous Hand zitterte, als er den Hörer auflegte. Um Himmels willen, was kann da schiefgegangen sein? Nun, er würde es noch früh genug erfahren.
Constantin Demiris ließ seinen Schwager fast eine halbe Stunde warten.»Entschuldige die Verspätung«, sagte er knapp, als er dann endlich kam.
«Schon gut, Costa.«
Lambrou musterte Demiris unauffällig und suchte nach Spuren der schrecklichen Erlebnisse, die hinter ihm liegen mußten. Nichts.
«Ich hab' Hunger«, stellte Demiris unbekümmert fest.»Und du? Mal sehen, was sie heute auf der Karte haben. «Er überflog die Tageskarte.»Ah, Stricha! Sollen wir mit einem Dutzend Austern anfangen, Spyros?«
«Danke, lieber nicht. «Ihm war der Appetit vergangen. Demiris war auffällig gut gelaunt, und Lambrou plagten schlimme Vorahnungen.
Nachdem sie bestellt hatten, sagte Demiris:»Ich muß mich bei dir bedanken, Spyros.«
Lambrou betrachtete ihn mißtrauisch.»Wofür?«
«Wofür? Daß du mir einen guten Kunden geschickt hast — Mr. Rizzoli.«
Sein Schwager fuhr sich mit der Zungenspitze über die Lippen.»Du… er ist bei dir gewesen?«
«O ja! Er hat mir versichert, daß wir in Zukunft viel miteinander zu tun haben würden. «Constantin Demiris seufzte.»Leider hat Mr. Rizzoli keine große Zukunft mehr, fürchte ich.«
Lambrou starrte ihn nervös an.»Was soll das heißen?«
Demiris' Stimme klang jetzt härter.»Das soll heißen, daß Tony Rizzoli tot ist.«
«Aber wie…? Was ist ihm zugestoßen?«
«Er hat einen Unfall gehabt, Spyros. «Demiris sah seinem Schwager in die Augen.»Wie jeder, der mich reinzulegen versucht, einen Unfall hat.«
«Ich… das verstehe ich nicht. Du… «
«Wirklich nicht? Du wolltest mich vernichten. Das ist dir nicht gelungen. Ich verspreche dir, daß ein Erfolg für dich besser gewesen wäre.«
«Ich… ich weiß überhaupt nicht, wovon du redest.«
«Nein, Spyros?«Constantin Demiris lächelte.»Du wirst es bald wissen. Aber als erstes werde ich deine Schwester vernichten.«
Die Austern wurden serviert.
«Ah«, sagte Demiris,»sehen sie nicht prachtvoll aus? Guten Appetit, Spyros.«
Constantin Demiris dachte zutiefst befriedigt an ihr gemeinsames Mittagessen zurück. Als sie sich getrennt hatten, war Spyros Lambrou restlos demoralisiert gewesen. Demiris wußte, wie sehr Lambrou an seiner Schwester hing, und hatte die Absicht, beide zu bestrafen.
Aber zuerst mußte er ein anderes Problem lösen. Es betraf Catherine Alexander. Nach Kirk Reynolds' Tod hatte sie ihn nahezu hysterisch angerufen.
«Es ist… es ist so schrecklich, Costa!«
«Mein herzliches Beileid, Catherine. Ich kann mir denken, wie gern du Kirk gehabt hast. Dieser Verlust trifft uns beide schwer.«
Ich muß meinen ursprünglichen Plan ändern, überlegte Demiris sich. Für Rafina bleibt keine Zeit mehr. Zu schade! Es war ein Fehler gewesen, Catherine so lange leben zu lassen. Solange sie lebte, ließ sich beweisen, was er getan hatte. Erst nach ihrem Tod konnte er sich wirklich sicher fühlen.
Demiris griff nach dem Hörer eines der Telefone auf seinem Schreibtisch und wählte eine Nummer. Als sich eine Stimme meldete, sagte er:»Ich bin am Montag in Kowloon. Seien Sie da. «Er legte auf, ohne eine Antwort abzuwarten.
In der Festungsstadt Kowloon trafen sich die beiden Männer in einem leerstehenden Gebäude, das Demiris gehörte.
«Das Ganze muß wie ein Unfall aussehen. Können Sie das arrangieren?«fragte Constantin Demiris.
Das war eine Beleidigung. Der andere fühlte Zorn in sich aufsteigen. Das war eine Frage, die man einem von der Straße aufgelesenen Streuner stellte. Er war versucht, eine sarkastische Antwort zu geben: O ja, das traue ich mir zu! Hätten Siegern einen Unfall in ihrer Wohnung? Ich könnte dafür sorgen, daß sie sich bei einem Treppensturz das Genick bricht. Die Tänzerin in Marseille. Oder sie könnte sich betrinken und in ihrer Badewanne ertrinken. Die Millionenerbin in Gstaad. Sie könnte an einer Überdosis Heroin sterben. Damit hatte er schon drei beseitigt. Oder sie könnte mit einer brennenden Zigarette im Bett einschlafen. Der schwedische