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«Genau«, sagte ich vergnügt.

«Das ist Unsinn. «Sein Gesicht war voller Berechnung, als wüßte er nicht recht, wie er die heikle Situation angehen sollte, schlösse aber, nomen est omen, auch Gewaltanwendung nicht aus.

Schon im Begriff, ihm zu verraten, weshalb ich glaubte, so gut Bescheid zu wissen, meinte ich auf einmal Worthington und Tom Pigeon zu hören, wie sie mir zuriefen, man müsse aufpassen, wenn man in Wespennestern stochere. Ihre besorgten Vorhaltungen hallten durch die Stille des dunklen Fichtenwaldes. Ich sah in das nachdenklich-gütige Gesicht des Arztes und setzte eine reuige Miene auf.

Kopfschüttelnd gab ich ihm recht: Natürlich hätte ich Unsinn geredet.»Aber die Kassette«, fügte ich nach Rücksprache mit meinen beiden abwesenden Leibwächtern hinzu,»die Kassette haben Sie mir trotzdem gestohlen, also sagen Sie mir doch bitte wenigstens, wo sie jetzt ist.«

Mein veränderter Tonfall beruhigte ihn weitgehend. Worthington und Tom Pigeon verstummten wieder. Dr. Force beriet sich mit seinem eigenen inneren Wachdienst und antwortete mir unbefriedigend.

«Nehmen wir mal an, Sie haben recht und ich habe das Video. Da Martin für die sichere Aufbewahrung der Informationen nicht mehr zur Verfügung stand, wurde es nicht mehr gebraucht. Vielleicht habe ich es also überspielt und eine Sportsendung darauf aufgezeichnet. Auf der Kassette sind jetzt vielleicht nur noch Pferderennen zu sehen.«

Er hatte Martin geschrieben, die Informationen auf dem Video seien Sprengstoff. Wenn er den Sprengstoff mit Pferderennen entschärft und quasi Millionen durch den Schornstein (oder den Aufnahmeknopf) gejagt hatte, dann besaß er mit Sicherheit noch alles Nötige, um einen Klon zu erstellen.

Niemand tilgt so nebenbei ein Vermögen, wenn er nicht sicher ist, daß er es zurückholen kann. Zumindest tut es niemand absichtlich.

Also fragte ich ihn:»Haben Sie es absichtlich gelöscht oder aus Versehen?«

Er lachte in seinen Bart.»Versehen gibt es bei mir nicht.«

Der Schauder, den ich empfand, war kein Nervenzittern im tiefen winterlichen Fichtenwald, sondern die sehr viel nüchternere Reaktion auf eine bekannte und ganz und gar menschliche Schwäche: Mochte er noch so einnehmend sein, der Herr Doktor hielt sich für Gott.

Er blieb neben einem umgestürzten Fichtenstamm stehen, setzte kurz einen Fuß darauf und sagte, hier werde er umkehren, da er Patienten zu versorgen habe.»Wenn man bis hierher gekommen ist, ist normalerweise alles gesagt«, fuhr er fort, und sein Tonfall entließ mich:»Sie finden bestimmt allein nach unten.«

«Ein paar Fragen hätte ich noch«, sagte ich. Meine Stimme klang dumpf, es war keine Akustik zwischen den Bäumen.

Er nahm den Fuß vom Baumstamm und machte sich wieder auf den Weg nach oben. Sichtlich zu seinem Ärger ging ich mit ihm.

«Ich sagte, unsere Unterredung ist beendet, Mr. Logan.«

«Tja…«, ich zögerte, aber Worthington und Tom Pigeon waren still, und von den Hunden kam kein Piep,»wie haben Sie Martin Stukely denn kennengelernt?«

«Das braucht Sie nicht zu kümmern«, erwiderte er ruhig.

«Sie kannten sich, aber Sie waren nicht befreundet.«

«Haben Sie nicht gehört?«rief er.»Das geht Sie nichts an.«

Er legte einen Zahn zu, als wollte er fliehen.

Ich sagte:»Martin hat Ihnen einen schönen Batzen Geld gegeben für die Informationen, die Sie als Sprengstoff bezeichnet haben.«

«Nein, da liegen Sie falsch. «Er ging schneller, aber ich hielt mühelos mit ihm Schritt.»Sie sind überhaupt nicht im Bilde«, sagte er,»und ich möchte, daß Sie gehen.«

Ich erwiderte, ich hätte nicht die Absicht, so bald schon zu gehen, wo doch jetzt die Antwort auf zahlreiche ungelöste Rätsel vielleicht zum Greifen nahe sei.

«Wußten Sie«, fragte ich ihn,»daß Lloyd Baxter, der Mann, den Sie in meiner Galerie seinem epileptischen Krampfanfall überlassen haben, der Besitzer von Tallahassee ist, dem Pferd, das Martin Stukely erdrückt hat?«

Er stieg rascher bergauf. Ich blieb an ihm dran.

«Hätten Sie gedacht«, fragte ich im Gesprächston,»daß Lloyd Baxter Sie trotz des einsetzenden epileptischen Anfalls noch bis auf die Socken beschreiben konnte?«

«Hören Sie auf.«

«Und natürlich wissen Sie, daß Norman Osprey und Rose und Gina ausgesprochen gewalttätig sind.«

«Nein. «Er hob die Stimme, und er hustete.

«Und was mein Geld angeht, das Sie zusammen mit der Kassette haben verschwinden lassen.«

Adam Force hörte ganz plötzlich auf zu gehen, und in der Stille hörte ich deutlich das pfeifende Atemgeräusch in seiner Brust.

Ich erschrak. Statt ihm noch mehr einzuheizen, fragte ich besorgt, ob es ihm gutgehe.

«Nein, dank Ihnen. «Sein Atem pfiff weiter, bis er aus der Tasche seines weißen Kittels ein Spray hervorzog, wie ich es von Asthmatikern kannte. Er nahm zwei Sprühstö-ße, atmete tief durch und sah mich dabei voller Abneigung an.

Ich war versucht, mich zu entschuldigen, aber sein Charme und sein einnehmendes Äußeres konnten nicht davon ablenken, daß ich es ihm zu verdanken hatte, in Broadway von den Schwarzmasken und in einem Tauntoner Hinterhof mit einem Stück Schlauch bearbeitet worden zu sein; und wenn es dabei blieb, konnte ich noch von Glück sagen. Also ließ ich ihn wortlos den Rest des Steilwegs hinauf japsen und keuchen. Allerdings begleitete ich ihn, damit er unterwegs nicht zusammenklappte, und im Empfangsbereich setzte ich ihn in einen bequemen Sessel und ging jemand suchen, dessen Obhut ich ihn übergeben konnte.

Ich hörte, wie er mich keuchend zurückrief, aber da war ich schon halbwegs durch einen der Flügel gelaufen, ohne auch nur eine Menschenseele erblickt zu haben, ob Krankenschwester, Patient, Arzt, Frau mit Bücherwagen oder Blumenmädchen. Nicht, daß in den Zimmern dort keine Betten gestanden hätten. Sämtliche Zimmer waren mit Betten, Nachttischen, Lehnstühlen und eigenem Bad ausgestattet, aber menschenleer. Von jedem Zimmer ging eine Fenstertür auf ein sehr gepflegtes, gepflastertes Areal hinaus. Teile des Glasdachs standen so weit offen, wie es eben ging.

Ich hielt kurz vor einem als» Apotheke «ausgewiesenen Raum, der ein geöffnetes Oberlicht und eine weitmaschige Gittertür zum Flur hatte. Durch das Gitter war eine Fülle beschrifteter Medikamente zu sehen, aber immer noch kein Mensch.

Irgendwo muß doch jemand sein, dachte ich, und als ich die einzige geschlossene Tür am Ende des Flügels öffnete, herrschte dahinter ein geradezu emsiges Treiben.

Gut zwanzig Männer und Frauen in dicken weißen Frotteebademänteln nahmen offenbar willig an einer umfassenden medizinischen Untersuchung teil, deren einzelne Schritte in Druckschrift auf Tafeln abzulesen waren wie etwa» Hier wird Ihr Blutdruck gemessen «oder» Wie ist Ihr Cholesterinspiegel heute?«Eine sehr alte Dame befolgte den Rat» Halten Sie sich fit auf dem Laufband«, und an einer dickwandigen separaten Kabine stand:»Zum Röntgen. Bitte warten, bis Sie hereingerufen werden.«

Die Testergebnisse wurden auf Klemmbrettern notiert und an einem zentral stehenden Tisch in Computern gespeichert. Optimismus lag in der Luft.

Als ich eintrat, sah mich eine Krankenschwester, die gerade die Vorhänge um eine Kabine mit dem schlichten Hinweisschild» Urologie «geschlossen hatte. Auf quietschenden Gummisohlen kam sie durch den blitzblanken Raum, um mir lächelnd mitzuteilen, ich sei spät dran, und meinte nur:

«Oje«, als ich ihr sagte, der gute Dr. Force liege womöglich in den letzten Zügen.

«Er kriegt oft Anfälle, wenn er Besuch hat«, vertraute mir die mütterliche Schwester an.»Wenn Sie weg sind, legt er sich wahrscheinlich hin und schläft.«

Der gute Dr. Force hatte nichts dergleichen vor. Vor Wut zitternd, kochend wie ein Boiler, dampfte er heran und wies auf eine Tür, an der verhüllend» Das Örtchen«, aber auch» Hier geht’s hinaus «geschrieben stand. Ich erklärte treuherzig, daß es mir nur darum gegangen sei, Hilfe wegen seines Asthmas zu holen, und er entgegnete schroff, das sei nicht nötig. Er kam mit einer Spritze in einer Metallschale auf mich zu, und bald konnte ich sehen, daß die Spritze fast ganz mit einer Flüssigkeit gefüllt war. Dann nahm er das wahrhaft bedrohliche Utensil in die Hand und zeigte damit auf mich und auf den Ausgang; und diesmal dankte ich ihm für seine Aufmerksamkeit und ging.