Выбрать главу

«Adam Force«, sagte ich laut,»ist in dieser Straße viel zu bekannt«, und unter Verzicht auf jede langwierige Vor-ausplanung, rein instinktiv, packte ich den reizenden Doktor beim Handgelenk, drehte ihm den Arm auf den Rük-ken, schwenkte ihn zu dem anrollenden Fahrzeug herum und ließ ihn spüren, wie fest ein durch jahrelanges Hantieren mit Schmelzglas gehärteter Griff sein konnte.

Adam Force schrie auf, zuerst vor Schmerz, aber dann auch, um Kapitulation und Verhandlungsbereitschaft zu signalisieren.»Sie tun mir weh. Hören Sie auf. Ich sage Ihnen alles. Hören Sie auf… Bitte… lassen Sie mich los, um Himmels willen.«

In der Übergangsphase zwischen Trotz und Flehen entfiel der Hand, die ich gepackt hielt, ein kleiner Gegenstand. Er landete im Rinnstein, nicht weit vom Gully, und ich hätte kaum darauf geachtet, hätte Force nicht wiederholt versucht, ihn mit dem Fuß durch die Abdeckung zu stoßen, damit er für immer verlorenging.

Ich wußte nicht, was er mit» alles «gemeint hatte, aber ich wollte es liebend gern erfahren. Er schrie unter meinem verstärkten Griff von neuem auf, und ich fragte mich, wie Professor Lawson-Young das wohl aufnahm, falls er noch zuhörte. Der Fahrer des anrollenden Wagens bremste, als er sah, wie Adam Force in der Klemme saß, und die Fahrer der vier nächsten Wagen hupten, da sie nicht wußten, was vor sich ging.

«Alles«, zischte ich Force als Stichwort ins Ohr.

«Rose«, setzte er an, überlegte es sich dann aber anders. Vor Rose hatte jeder Angst.

Ich riß heftig an seinem Arm, um ihm auf die Sprünge zu helfen, und sah mit einiger Bestürzung, daß der große Haudrauf, der sich jetzt aus dem Wagen hievte, um ihm beizuspringen, niemand anderes als Norman Osprey mit den gorillamäßig entwickelten Schultern war. Hinter mir sah ich den zweiten Wagen der klassischen Zange auf mich zukommen. Diese zweifach unangenehme Überraschung führte dazu, daß ich den Arm meines Gefangenen noch einmal hochriß, aber dann befürchtete ich, ich könnte ihm den Arm brechen oder die Schulter ausrenken. Echte Schmerztränen standen in den Augen des Arztes.

Wieder bettelte er um Pardon und sagte verzweifelt, unter Schluchzen:»Ich habe Rose das Gas besorgt… Cyclo-propan aus der Klinikapotheke… Rot und Grün kann ich ja nicht unterscheiden, aber Orange geht… nun lassen Sie mich los.«

Wegen des Straßenlärms und der gellenden Hupen war es schwer, ihn genau zu verstehen, aber bis jetzt hatte er mir, statt» alles «zu erzählen, lediglich eine naheliegende Annahme bestätigt, und ich behielt ihn so lange im Schwitzkasten, bis er eine für mich entscheidende Frage beantwortete, nämlich:»Woher kennen Sie Rose?«

Ihm schien das unwichtig.»Ihre Schwester Gina brachte ihre Schwiegermutter zu mir in die Klinik«, sagte er gereizt.

«Rose habe ich bei Gina daheim kennengelernt.«

So weit, so gut, jetzt mußte ich sehen, wie ich mich schnell und unverletzt hier herauswand. Die beiden Wagen waren so dicht herangekommen, daß sie Kühler an Kühler standen, nicht mehr weiter konnten und die Straße versperrten. Der Fahrer des zweiten beeilte sich auszusteigen, und zu meinem Schrecken sah ich, daß es Rose war. Die Verkehrsteilnehmer ringsum ließen unentwegt die Hupen sprechen. Die Politesse mit dem gezückten Strafzettelblock beobachtete den Zirkus von fern und pickte sich Jim heraus, der noch immer auf den gelben Streifen stand.

Norman Osprey, ein wandelnder Fels, peilte Force und mich an, um den Arzt zu befreien und vielleicht an den Zeitvertreib anzuknüpfen, bei dem ihn Tom Pigeon und die Hunde in Broadway unterbrochen hatten.

Da sie beide stur geradeaus schauten, stießen die Politesse und Norman der Buchmacher brutal zusammen und warfen sich, gebremst und aus dem Tritt gebracht, gegenseitig vor, keine Augen im Kopf zu haben.

Jim hielt den Blick leider getreulich auf die Bedienungsanleitung gerichtet, wie ich ihn angewiesen hatte, und las wacker vor sich hin.

Es nützte auch nichts, daß ich ihn anschrie, um seine Aufmerksamkeit zu erlangen, und erst als ich den lautestmöglichen Londoner Taxi-im-Regen-Pfiff gegen Jims Konzentration aufbot, drang ich zu ihm durch.

«Fenster!«rief ich.

Endlich verstand er mich, doch er brauchte eine Ewigkeit, um die Zündung einzuschalten und das Fenster herunterzulassen. Rose fing an zu laufen. Die Politesse riß sich von Norman Osprey los. Gehupe gellte über die versperrte Straße.

«Jim, schaffen Sie den Wagen hier raus«, rief ich meinem Fahrer zu.»Ich rufe Sie an.«

Plötzlich bewies Jim, daß seine verwegenen Fahrkünste nicht bloß ein Gerücht waren. Mit kaum zwei Handbreit Spielraum lenkte er seinen Rover wie ein Zirkuspferd geschickt im Kreis, holperte über den Gehsteig, stieß mich und meinen Gefangenen energisch mit dem hinteren Kotflügel beiseite und verschwand um die nächste Ecke, während ich und der weißbärtige Arzt, der sich zwar nicht mehr vor Schmerzen krümmte, aber immer noch durch meinen Griff am Fortgehen gehindert wurde, hinter ihm her schauten.

Alle anderen rannten und schrien, wie es schien, wild durcheinander. Ich ließ Forces Handgelenk fahren, stieß ihn zugleich aber mit soviel Schwung in die Arme Norman Ospreys und der Politesse, daß sie alle drei aus dem Gleichgewicht gerieten.

In diesem sekundenlangen Drunter und Drüber bückte ich mich, hob das kleine Ding auf, das Force fallen gelassen hatte, nahm die Beine in die Hand und schoß davon wie aus dem Startblock einer Aschenbahn. Ich wich Autos und wütenden Fahrern aus, sprang um die Fangarme von Rose herum wie ein Rugbyspieler, der sich seinen Angreifern entzieht, und dachte bei mir — redete mir ein —, ich könnte ihnen allen davonlaufen, solange nicht irgendein Wichtigtuer dazwischenfunkte und mir ein Bein stellte.

Das Schicksal meinte es gut mit mir. Die Eingangstür des Laborgebäudes öffnete sich, und George Lawson-Young, das Telefon noch in der Hand, trat in den Säulenvorbau, sah herüber und bot mir mit einer Armbewegung das Institut als Zuflucht an. Ich stürmte praktisch durch die glänzend schwarz lackierte Tür und blieb lachend, außer Atem in der Eingangshalle stehen.

Er schloß die Tür.»Ich verstehe nicht, was es da zu lachen gibt«, meinte er.

«Das Leben ist ein Glücksspiel.«

«Und heute hatten Sie Glück?«

Der Professor gefiel mir. Ich grinste, gab ihm den kleinen Gegenstand, den ich vor dem Gully gerettet hatte, und fragte mit verhaltener Dringlichkeit:»Können Sie feststellen, was da drin ist?«

Er sah bestürzt auf das Mitbringsel, und ich nickte, als hätte er damit schon eine Unklarheit beseitigt. Ein wenig streng fragte er mich, ob ich wüßte, was er da so behutsam in der Hand hielt.

«Ja. Das ist eine Art Spritze. Man hält die Nadel in das Präparat und zieht es auf den Gummiball«, sagte ich.»Um das Präparat zu spritzen, drückt man einfach auf den Ball. Bei Pferden werden solche Spritzen manchmal vom Tierarzt benutzt, weil der Anblick normaler Injektionsspritzen sie ängstigt.«

«Ganz recht«, sagte er.»Sie scheinen sich ja gut auszukennen.«

«Ich war mit Martin mal dabei. «Ich unterbrach mich. So vieles hatte ich mit Martin erlebt.

Lawson-Young sagte, ohne auf Martin einzugehen:

«Diese kleinen Spritzen werden auch im Umgang mit manischen Patienten eingesetzt, die man auf die Erde holen oder beruhigen will.«

In Phoenix House wurden auch Kranke mit psychischen Störungen behandelt. Adam Force hatte Zugang zu einer gut ausgerüsteten Apotheke.

George Lawson-Young nahm das Gummibällchen vorsichtig zwischen zwei Finger, drehte sich um und führte mich in den Teil des Labors, in dem der GasChromatograph stand.

Der daumennagelgroße Ball war noch voller Flüssigkeit und, da er im Rinnstein gelegen hatte, auch außen naß. George Lawson-Young legte die Spritze behutsam in eine Schale und bat einen seiner jungen Ärzte, den Inhalt des Gummibällchens so schnell wie möglich zu bestimmen.