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»Außerdem begleiten uns zwei recht ausgewachsene Haie.«

»Ah, was kümmert's mich?« stöhnte der Mann nur. »Ich flehe Sie an, messieurs, bringen Sie mich nicht auf dem Windreiter zurück. Wir werden niemals den Hafen erreichen — nie. Ein tupapau ist

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an Bord — der tupapau von Tahiti Jacques. Ah, Sie lachen! Aber habe ich nicht selbst gesehen, wie Monsieur Thatcher den Lotsen des Riffs erschossen hat? Habe ich es nicht mit meinen eigenen Augen gesehen? Habe ich nicht das rote Blut an die Oberfläche strömen sehen?«

Ted zitterte leicht, als die klagenden Töne über die schweigende, dunkle Lagune hallten.

»Ah, Sie glauben mir nicht«, schrie der Mann. »Aber warten Sie nur. Sie werden glauben, wenn es zu spät ist. Möge le bon Dieu uns alle beschützen.«

Der Windreiter setzt Segel

»Auf Wiedersehen, Madame Sonntag«, rief Ted. »Das Festmahl von gestern abend werde ich mein Lebtag nicht vergessen.« Er stand an der Reling, als der Schoner vom Anlegesteg der Pflanzung wegglitt. »Schade, daß Sie uns nicht begleiten wollen.«

»Auf dem Windreiter?« Madame Sonntag verdrehte ausdrucksvoll die Augen. »Niemals! Aber die Avarua wird kommen in eine Tag oder so. Ich werde Passage nehmen nach Papeete. Dann wir werden ankommen, ehe Ihre Schiff geht nach Francisco, ja?«

Der frühe Morgenwind blies über die Lagune hin. Die Segel füllten sich in der Brise. Mit Stan am Steuer glitt der kleine Schoner auf die enge Passage durch das Riff zu. — »Wie lange brauchen wir bis Tahiti?« erkundigte sich Ted, zu seinem Freund gewandt.

»Bis morgen früh, wenn sich der Wind hält.«

Jenseits des tückischen Riffs angelangt, nahm der Windreiter Kurs nach Südsüdost. Unmerklich fast verging der Morgen. Es gab jedoch Dinge, die Ted seinem Freund ganz allein erzählen wollte, und so nahm er ihn nach dem Mittagessen, das der im Kochen nicht sehr erfahrene Toppy zusammengebraut hatte, mit nach vorn, wo sie sich außer Hörweite der anderen befanden.

Toppy stand nun am Steuer; Gorilla Smith unterhielt sich wie meist mit leiser Stimme mit dem Papageien, der auf der kleinen Heckreling spazierenging. Unter Deck lag Jorgenson schnarchend in einer der Kojen, und Pierre, seit dem Eintreffen auf dem Schiff

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noch auffallend stiller als vorher, war in die Kombüse eingeschlossen worden.

Ted ließ sich aufs Deck niederfallen. »Stan«, begann er ernsthaft, »ich habe den ganzen Morgen über diese Geschichte nachdenken müssen.«

»Und bist du zu irgendwelchen Schlüssen gekommen?« erkundigte sich Stan. Er setzte sich neben seinen Freund, die Arme um die hochgezogenen Knie geschlungen.

»Nein, aber ein paar Punkte scheinen mir immerhin klarer zu sein als vorher. Corkerys Anteil zum Beispiel.« Der junge Dritte Offizier hielt grübelnd inne, fuhr dann mit langsamen Nachdruck fort: »Corkery hat sich natürlich die Krankheit deines Vaters zunutze gemacht, um das Geschäft an sich zu reißen. Und augenscheinlich hegt er auch keinen Verdacht, daß dein Vater seinem Ratschlag, die Insel aus Gesundheitsrücksichten zu verlassen, nicht folgte.«

»Dem kann ich nicht zustimmen«, erwiderte Stan ruhig. »Corkery kann nicht glauben, mein Vater liefe davon und überließe ihm kampflos seinen ganzen Besitz. Corkery kennt meinen Vater dafür viel zu gut.«

Ted runzelte seine sonnenbraune Stirn. »Das ist es ja eben! Ich habe so eine Vorstellung, daß Corkery gar nicht glaubt, daß dein Vater fort ist — zumindest nicht für immer. Nehmen wir einmal an, Corkery wäre sich da nicht sicher. Was würde er wohl tun? Nun, er würde versuchen, in kürzester Zeit soviel Geld wie nur möglich zu erraffen, um dann selbst von den Inseln verschwinden zu können.«

»Wie kommst du auf den Gedanken, mon ami

»Würde das nicht erklären, weshalb er seine Schiffe loswerden wollte und die Versicherungssummen dafür kassierte? Er möchte jedes kleinste bißchen Eigentum in Bargeld verwandeln. Er weiß genau, daß ihm der Boden unter den Füßen viel zu heiß wird, als daß er sein kleines Spielchen noch sehr lange fortsetzen könnte.«

»Dann meinst du, die Sache mit dem Windreiter sei ein schiefgegangener Versuch, ihn loszuwerden?«

Ted schwieg ein Weilchen nachdenklich. »Ich bin mir nicht sicher«, gab er zu. »Weißt du, ich muß immer an eine Bemerkung denken,

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die Kapitän Tom einmal machte. Er sagte, daß uns der Schoner über den Weg gesegelt sei, komme ihm für einen bloßen Zufall zu gut vor. Zu schön, um wahr zu sein, meinte er. Was kann er dabei wohl gedacht haben?«

»Frag mich nicht, mein Lieber.« Stan blickte auf die unendliche Weite des Meeres hinaus.

»Und noch etwas, das Kapitän Jarvis gesagt hat, beschäftigt mich. Er behauptet nämlich, die Ladung des Schoners werde eines der wertvollsten Beweisstücke sein — daß wir sie mit Einsatz unseres Lebens bewachen müßten.«

»Aber besteht denn die Fracht nicht aus den gleichen Sachen, die wir auf dem marae gelagert fanden?«

»Das möchte ich wissen.« Ein neues Licht glomm in Teds Augen auf. Er stand flink auf und beugte sich über eine Öltonne — einen der wenigen Gegenstände, die nach dem Hurrikan noch an Deck verblieben waren. »Stan«, wisperte er, »ich möchte mir dies Öl mal näher anschauen. Hol mir einen Schraubschlüssel, ja?«

»Gern. Ich weiß nur nicht, was du damit willst.«

Als Ted darauf nicht antwortete, lief sein Freund nach achtern, ließ sich in die kleine Kabine hinab und tauchte einen Augenblick später mit einem großen Schraubschlüssel wieder auf. »Hier ist er. Aber ich möchte gern wissen — «

Ted nahm ihm hastig das Werkzeug aus der Hand, suchte den Schlüssel heraus, der auf die kleine Kappe auf dem Faß paßte, und begann mit aller Macht zu drehen. Langsam gab der Verschluß nach. »Brich mir einen langen Holzspan von einer der Kisten drüben ab, ja?«

Stan tat es ohne weitere Worte. »Reicht dieser?« fragte er, ein etwa sechzig Zentimeter langes dünnes Stück Holz hochhaltend.

»Vollkommen.« Ted stieß den Stock in die Tiefen der Tonne.

»Voll ist sie, das ist sicher«, bemerkte er. Als er das Holz herauszog, begannen seine Augen zu glitzern. »Schau her, Stan«, murmelte er. »Nichts als Wasser ist drin!«

— »Wasser! Meinst du etwa — «

»Ich meine, daß die Ladung falsch ist. Wertlos.« Ted triumphierte.

»Ich möchte wetten, daß es mit jedem einzelnen ölfaß unter Deck genauso ist. Corkery hat die echte Ware in Taiarea gelagert, seine Schiffe mit gefälschter Ladung versehen, sie versenkt und

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sowohl für Schoner wie für Fracht die Versicherungsgelder kassiert. Oh, er ist gerissen — aber Kapitän Jarvis durchschaut seine niedlichen Tricks.«

Ein Weilchen blieben die beiden jungen Männer schweigend da stehen, als habe die Größe der Entdeckung ihnen die Sprache geraubt. Schließlich warf Stan einen Blick nach hinten. »Ted«, fragte er in besorgtem Ton, »wie kommt es, daß Gorilla Smith uns begleitet? Hat Kapitän Jarvis dir nicht aufgetragen, Chapman mitzunehmen?«

»Ja, aber er muß seine Absicht dann geändert haben, denn als wir schon auf der Avarua waren, meldete sich Smith bei mir.

Sagte, der Skipper habe ihn geschickt statt Chapman. Weshalb fragst du?«

Stan lächelte ein unsicheres Lächeln. »Vielleicht liegt es nur daran, daß ich allmählich nervös werde. Pierre ist so entsetzt, so von Furcht gepackt, wenn man sich ihm nur auf Schrittlänge nähert! Vielleicht ist es ansteckend, mon ami.«