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Und dann ist er hochgesprungen und hat die Hacken zusammengeschlagen.

Lois deutete auf einen alten Schaukelstuhl mit gebrochener Kufe.

[»Der Hut lag gleich dort auf dem Stuhl. Der Kamm darunter. Er gehört Mr. Wyzer, nicht?«]

[»Ja.«]

Sie hielt ihn ihm sofort hin.

[»Nimm du ihn. Ich bin nicht so schusselig, wie Bill immer geglaubt hat, aber manchmal verliere ich schon etwas. Und wenn ich den verlieren würde, würde ich es mir nie verzeihen.«]

Er nahm den Kamm, wollte ihn in die Tasche stecken, dann dachte er daran, wie mühelos Atropos ihn aus einer Gesäßtasche herausgezogen hatte. Im Handumdrehen war es passiert. Er steckte ihn statt dessen in die vordere Tasche und sah wieder zu Lois, die McGoverns angebissenen Hut so traurig und verwundert betrachtete wie Hamlet den Schädel seines alten Freundes Yorrick. Als sie aufschaute, sah Ralph Tränen in ihren Augen.

[»Er hat diesen Hut geliebt. Er dachte, er würde ausgesprochen draufgängerisch und keck aussehen, wenn er ihn aufhätte. Das hat er nicht - er hat einfach nur wie Bill ausgesehen -, aber er dachte, daß er gut aussah, und daraufkommt es an. Findest du nicht auch, Ralph?«]

[»Ja.«]

Sie warf den Hut wieder auf den alten Schaukelstuhl, drehte sich um und begutachtete eine Kiste, die - wie es aussah - voll mit Kleidern für den Ramsch war. Kaum hatte sie ihm den Rücken zugedreht, ging Ralph in die Hocke, sah unter den Stuhl und hoffte, ein Funkeln von Edelsteinsplittern in der Dunkelheit zu sehen. Wenn Bills Hut und Joes Kamm hier waren, dann vielleicht auch Lois’ Ohrringe…

Unter dem Schaukelstuhl lagen nur Staub und ein gestrickter rosa Babyschuh.

Ich hätte wissen müssen, daß es nicht so einfach sein würde, dachte Ralph und stand wieder auf. Plötzlich fühlte er sich erschöpft. Sie hatten Joes Kamm ohne Probleme gefunden, und das war gut, das war absolut super, aber Ralph befürchtete, daß es sich auch um einen spektakulären Fall von Anfängerglück handelte. Sie mußten sich immer noch um Lois’ Ohrringe kümmern… und selbstverständlich erledigen, weshalb sie hergeschickt worden waren. Und was war das? Er wußte es nicht, und wenn jemand von weiter oben Anweisungen sendete, bekam er sie nicht mit.

[»Lois, hast du eine Ahnung, was -«]

[»Pssst.«]

[»Was ist, Lois? Ist er es?«]

[»Nein! Sei still, Ralph! Sei still und hör zul.«]

Er lauschte. Zuerst hörte er nichts, und dann spürte er wieder das zuckende Gefühl - das Blinzeln - im Kopf. Diesmal war es sehr langsam und vorsichtig. Er stieg ein wenig weiter empor, so leicht wie eine Feder in einem warmen Aufwind. Er bemerkte ein langgezogenes, leises Stöhnen, wie eine endlos quietschende Tür. Es hatte etwas Vertrautes an sich - nicht das Geräusch selbst, aber die damit verbundenen Assoziationen. Es war wie - ein Einbruchalarm oder möglicherweise ein Rauchdetektor. Es sagt uns, wo es ist. Es ruft uns.

Lois ergriff seine Hand mit eiskalten Fingern.

[»Das ist es, Ralph-das ist es, wonach wir suchen. Hörst du es?«]

Ja, er hörte es. Selbstverständlich. Aber was immer das Geräusch auch sein mochte, es hatte nichts mit Lois’ Ohrringen zu tun… und ohne Lois’ Ohrringe würde er hier nicht weggehen.

Das hoffst du, Liebling, antwortete die Carolyn in seinem Kopf. Das hoffst du.

Ja. Das hoffte er.

[»Komm schon, Ralph! Komm mit! Wir müssen es finden!«]

Er ließ sich von ihr tiefer in den Raum führen. An den meisten Stellen waren die Andenken von Atropos mehr als einen Meter über ihre Köpfe hinaus gestapelt. Ralph hatte keine Ahnung, wie ein Wurzelzwerg wie er das bewerkstelligen konnte -möglicherweise durch Levitation -, aber als Folge davon verlor Ralph bald die Orientierung, als sie sich hindurchzwängten, abbogen und manchmal auf den Weg zurückzugehen schienen, den sie gerade eingeschlagen hatten. Er wußte nur mit Sicherheit, daß das klägliche Stöhnen lauter wurde; je mehr sie sich dem Ursprung näherten, desto mehr glich es einem insektenhaften Summen, das Ralph immer unangenehmer fand. Er rechnete damit, daß er um eine Ecke biegen und vor einer riesigen Heuschrecke stehen würde, die ihn mit dunkelbraunen Augen so groß wie Grapefruits ansah.

Die unterschiedlichen Auren der Gegenstände in diesem Lagerhaus waren zwar verblaßt wie der Duft zwischen den Seiten eines Buchs gepreßter Blüten, aber unter dem Gestank von Atropos existierten sie noch, und auf dieser Stufe der Wahrnehmung, wo ihre sämtlichen Sinne hellwach und empfänglich waren, war es unmöglich, sie nicht zu spüren und von ihnen beeinflußt zu sein. Die stummen Erinnerungen an die Opfer des Zufalls waren schrecklich und mitleiderregend zugleich. Ralph wurde klar, daß dieser Ort hier mehr als ein Museum oder der Bau einer Packratte war; er war eine profane Kirche, wo Atropos seine Version des Abendmahls einnahm -Kummer statt Brot, Tränen statt Wein.

Ihr Hindernislauf durch die schmalen, zickzackförmigen Reihen war ein schreckliches, zermürbendes Erlebnis. Hinter jeder nicht ganz ziellosen Biegung warteten hundert weitere Objekte, von denen Ralph wünschte, er hätte sie nie gesehen und würde sich nie daran erinnern; jedes verlieh seinem eigenen leisen Aufschrei des Schmerzes und der Bestürzung Ausdruck. Er mußte sich nicht fragen, ob Lois seine Empfindungen teilte - sie schluchzte in einem fort leise neben ihm.

Da war der zerschrammte Flexible-Flyer-Schlitten eines Kindes, an dessen Lenkstange noch das Seil zum Ziehen geknotet war. Der Junge, dem er gehört hatte, war an einem kalten Januartag des Jahres 1953 an Krämpfen gestorben.

Da lag der Tambourstab einer Majorette, dessen Schaft in purpurne und weiße Kreppspiralen gewickelt war - die Farben der Grant Academy. Sie war im Herbst 1967 vergewaltigt und mit einem Stein totgeschlagen worden. Ihr Mörder, den man nie gefaßt hatte, hatte den Leichnam in eine kleine Höhle geschafft, wo ihre Gebeine - zusammen mit denen von zwei weiteren unglücklichen Opfern - immer noch lagen.

Hier lag die Kameenbrosche einer Frau, die von einem herabfallenden Ziegelstein erschlagen worden war, als sie die Main Street entlang ging, um die neueste Ausgabe von Vogue zu kaufen; hätte sie ihr Haus dreißig Sekunden früher oder später verlassen, wäre ihr nichts geschehen.

Dort lag der Hirschfänger eines Mannes, der 1937 bei einem Jagdunfall ums Leben gekommen war.

Da der Kompaß eines Pfadfinders, der bei einem Ausflug auf den Mount Katahdin gestürzt war und sich das Genick gebrochen hatte.

Der Turnschuh eines kleinen Jungen namens Gage Creed, den ein zu schnell fahrender Tanklaster auf der Route 15 in Ludlow überfahren hatte.

Ringe und Zeitschriften; Schlüsselanhänger und Regenschirme; Hüte und Brillen; Rasseln und Radios. Alle sahen verschieden aus, aber für Ralph waren sie ausnahmslos eines: die schwachen, kläglichen Stimmen von Menschen, die in der Mitte des zweiten Akts aus dem Drehbuch gestrichen worden waren, während sie noch ihren Text für den dritten lernten; Menschen, die ohne große Umstände abgeholt worden waren, bevor ihre Arbeit getan oder ihre Verpflichtungen erfüllt waren; Menschen, deren einziges Verbrechen es war, unter dem Stern des Zufalls geboren worden zu sein… und die Aufmerksamkeit des Irren mit dem rostigen Skalpell auf sich gelenkt zu haben.

Lois, schluchzend: [»Ich hasse ihn! Ich hasse ihn so sehr!«]

Er wußte, was sie meinte. Es war eines, Klotho und Lachesis zuzuhören, wenn sie sagten, daß Atropos ebenfalls in den größeren Rahmen gehörte, daß er vielleicht sogar selbst irgend einem höheren Plan diente, aber etwas völlig anderes, die verblaßte Red-Sox-Mütze eines kleinen Jungen zu sehen, der in ein zugewachsenes Kellerloch gefallen und im Dunkeln gestorben war, unter Schmerzen gestorben, und ohne Stimme, nachdem er sechs Stunden lang nach seiner Mutter geschrien hatte.