»Mel?«, fragte Jared.
»Sie ist hier. Sie ist wütend. Sie will zu Jamie.«
Jared legte den Arm um mich und half mir auf. »Du kannst so sauer sein, wie du willst, Mel. Hauptsache, du bist hier.«
Wie lange war ich weg? Insgesamt drei Tage.
Ihre Stimme war plötzlich ganz klein. Wo war ich?
Das weißt du nicht? Ich kann mich an ... nichts erinnern. Wir schauderten.
»Alles in Ordnung?«, fragte Jared. »Mehr oder weniger.«
»War sie das vorhin, die mit mir geredet hat - laut geredet?«
»Ja.«
»Kann sie ... kannst du sie das jetzt auch tun lassen?«
Ich seufzte. Ich war völlig erschöpft.
»Ich kann es versuchen.«
Ich schloss die Augen.
Kommst du an mir vorbei?, fragte ich sie. Kannst du mit ihm reden? Ich ... Wie? Wo?
Ich versuchte mich gegen die Innenwand meines Kopfes zu drücken.
»Komm schon«, murmelte ich. »Hier.«
Melanie bemühte sich, aber es gab keinen Weg nach draußen. Jareds Lippen trafen hart auf meine. Ich riss entsetzt die Augen auf. Seine goldgesprenkelten Augen waren ebenfalls offen, nur einen Zentimeter von meinen entfernt.
Sie riss unseren Kopf zurück. »Hör auf damit! Fass sie nicht an.«
Er lächelte und um seine Augen herum bildeten sich die vertrauten kleinen Falten. »Hey, Kleines.«
Das ist nicht lustig.
Ich versuchte wieder zu atmen. »Sie findet das nicht lustig.« Er hatte noch immer den Arm um mich gelegt. Um uns. Wir gingen bis zur Tunnelkreuzung und dort war niemand. Kein Ian.
»Ich warne dich, Mel«, sagte Jared, wobei er immer noch breit grinste. Sie aufzog. »Du bleibst besser bei uns. Ich kann dir nicht garantieren, was ich alles tun oder lassen werde, um dich zurückzubekommen.«
Mein Magen kribbelte.
Sag ihm, ich erwürge ihn, wenn er dich noch mal so anfasst.
Aber ihre Drohung war ebenfalls nur Spaß.
»Sie droht dir gerade mit dem Tod«, erklärte ich ihm. »Aber ich glaube, sie meint es nicht so.«
Er lachte, ganz ausgelassen vor Erleichterung. »Du bist immer so ernst, Wanda.«
»Deine Witze sind einfach nicht lustig«, murmelte ich. Nicht für mich.
Jared lachte wieder.
Ah, sagte Melanie. Jetzt leidest du.
Ich werde versuchen, es Jamie nicht merken zu lassen.
Danke, dass du mich zurückgeholt hast.
Ich werde dich nicht auslöschen, Melanie. Tut mir leid, dass ich nicht mehr für dich tun kann. Danke.
»Was sagt sie?«
»Wir bringen die Dinge nur ... ins Reine.«
»Warum konnte sie vorhin nichts sagen, als du versucht hast, sie sprechen zu lassen?«
»Ich weiß es nicht, Jared. Es ist hier drin eigentlich nicht genug Platz für uns beide. Es scheint so, als könnte ich nicht völlig beiseitetreten ... Es ist ... nicht so, wie wenn man den Atem anhält. Sondern wie wenn man versucht, seinen Herzschlag anzuhalten. Ich kann mich nicht selbst verschwinden lassen. Ich weiß nicht, wie.«
Er antwortete nicht und meine Brust zog sich zusammen vor Schmerz. Wie froh wäre er, wenn ich herausfinden würde, wie ich mich selbst auslöschen konnte!
Melanie wollte mir zwar nicht widersprechen, aber mich wenigstens trösten. Ich spürte, wie sie nach Worten suchte, um meine Qual zu lindern. Ihr fiel nichts Passendes ein.
Aber Ian wäre verzweifelt. Und Jamie. Jeb würde dich vermissen. Du hast so viele Freunde hier ... Danke.
Ich war froh, dass wir jetzt wieder bei unserem Zimmer angelangt waren. Ich musste mich um andere Dinge kümmern, bevor ich noch anfing zu weinen. Jetzt war nicht der Moment für Selbstmitleid. Es gab Wichtigeres als mein Herz, das mal wieder brach.
Besessen
Ich nahm an, dass ich von außen so unbeweglich wie eine Statue wirkte. Meine Hände hatte ich vor mir gefaltet, mein Gesicht war ausdruckslos, meine Atmung so flach, dass sie meine Brust nicht bewegte.
In meinem Inneren wirbelte dagegen alles durcheinander, als würden sich all meine Moleküle gegenseitig abstoßen.
Melanie zurückzuholen hatte ihn nicht gerettet. Was ich tun konnte, war nicht genug.
Der Gang vor unserem Raum war voller Menschen. Jared, Kyle und Ian waren mit leeren Händen von ihrem verzweifelten Beutezug zurückgekehrt. Ein Eiskühler - das war alles, was sie nach drei Tagen, während deren sie ihr Leben riskiert hatten, vorweisen konnten.
Trudy machte kalte Umschläge, die sie Jamie auf die Stirn, in den Nacken, auf die Brust legte.
Selbst wenn das Eis das Fieber senkte, das in ihm wütete, wie lange würde es dauern, bis alles geschmolzen war? Eine Stunde? Länger? Weniger lang? Wie lange würde es dauern, bis er weiterstarb?
Eigentlich hätte ich ihm das Eis auflegen sollen, aber ich war nicht in der Lage, mich zu rühren. Sobald ich mich bewegte, würde ich in winzige Einzelteile zerfallen.