Während wir uns zwischen einer Handvoll struppiger Kiefern versteckten, beobachteten, wie ein Auto aus der Garage eines abgeschiedenen Hauses fuhr, und überlegten, ob wir es wagen sollten, Lebensmittel zu rauben, oder ob es zu riskant war: »Glaubst du, die Parasiten werden lange wegbleiben?« - »Auf keinen Fall, der Ort hier ist so sicher wie ein Haus. Lass uns besser verschwinden.«
Und jetzt sitze ich hier und sehe fern wie vor fünf Jahren, als wären Mom und Dad nebenan und ich hätte nie eine Nacht mit Jamie und einer Handvoll Ratten in einem Abwasserkanal verbracht, während Bodysnatcher mit Scheinwerfern nach den Dieben suchten, die eine halbe Tüte getrocknete Bohnen und eine Schüssel kalte Spaghetti erbeutet hatten.
Selbst wenn Jamie und ich zwanzig Jahre allein überlebt hätten, hätten wir bestimmt nie wieder dieses Gefühl gehabt. Dieses Gefühl von Sicherheit. Mehr als Sicherheit, sogar Glück. Sicherheit und Glück, zwei Dinge, von denen ich gedacht hatte, dass ich sie nie wieder empfinden würde.
Jared hat es mühelos geschafft, uns das zu geben, einfach weil er Jared ist.
Ich atme den Geruch seiner Haut ein und spüre die Wärme seines Körpers unter meinem.
Jared macht alles sicher, alles glücklich. Sogar Häuser.
Ich fühle mich immer noch sicher in seiner Nähe, stellte Melanie fest, als sie jetzt die Wärme seines Arms spürte, der nur Zentimeter von meinem entfernt war. Obwohl er noch nicht mal weiß, dass ich hier bin.
Ich fühlte mich nicht sicher. Ich konnte mir nichts vorstellen, das mir ein größeres Unsicherheitsgefühl vermittelt hätte als die Tatsache, Jared zu lieben.
Ich fragte mich, ob Melanie und ich ihn auch geliebt hätten, wenn er immer schon so gewesen wäre und nicht der lächelnde Jared aus unseren Erinnerungen, der, der mit den Händen voller Hoffnung und voller Wunder zu Melanie gekommen war. Wäre sie mit ihm gegangen, wenn er schon immer so hart und zynisch gewesen wäre? Wenn der Verlust seines lachenden Vaters und seiner lebhaften großen Brüder ihn schon so verhärtet hätte, wie es jetzt Melanies Verlust getan hatte?
Natürlich, seufzte Melanie leise. Ich hätte Jared auf jeden Fall
geliebt. Sogar so, wie er jetzt ist, gehört er zu mir.
Ich fragte mich, ob für mich dasselbe galt. Würde ich ihn jetzt lieben, wenn er in ihrer Erinnerung schon so gewesen wäre? Plötzlich wurde ich unterbrochen. Ohne irgendeine Vorwarnung begann Jared zu sprechen, und zwar so, als wären wir mitten in einem Gespräch.
»Deinetwegen sind Jeb und Jamie also überzeugt davon, dass es möglich ist, eine Art Bewusstheit zu bewahren, nachdem man... geschnappt wurde. Sie sind sich beide sicher, dass Mel noch da drin herumspukt.«
Er klopfte mit den Fingerknöcheln leicht gegen meinen Kopf.
Ich zuckte vor ihm zurück und er verschränkte die Arme.
»Jamie glaubt, dass sie mit ihm spricht.« Er verdrehte die Augen. »Nicht gerade fair, dem Jungen so ein Theater vorzuspielen - aber das setzt natürlich ein ethisches Verständnis voraus, das hier offensichtlich nicht vorhanden ist.«
Ich schlang die Arme um meinen Körper.
»Jeb hat allerdings durchaus ein gutes Argument - und das macht mich echt fertig! Was genau hast du vor? Die Fahndung der Sucher war nicht sehr zielgerichtet oder auch nur ... verdächtig. Sie schienen nur nach dir zu suchen - nicht nach uns. Also wussten sie vielleicht nicht, was du vorhattest. Vielleicht arbeitest du auf eigene Faust? Undercover? Oder ...«
Es war leichter, ihn zu ignorieren, wenn er so dämliche Spekulationen anstellte. Ich konzentrierte mich auf meine Knie. Sie waren dreckig wie üblich, rot und schwarz.
»Vielleicht haben sie Recht - was deine Ermordung angeht zumindest.«
Völlig unerwartet strichen seine Finger plötzlich leicht über die Gänsehaut, die seine Worte auf meinem Arm hervorgebracht hatten. Seine Stimme klang sanfter, als er weitersprach. »Niemand wird dir etwas tun. Solange du uns keine Schwierigkeiten machst...« Er zuckte mit den Schultern. »In gewisser Weise kann ich ihre Argumente verstehen und auf eine verquere Art wäre es wirklich falsch, genau wie sie sagen. Vielleicht gibt es wirklich keinen Grund, der es rechtfertigen würde ... Außer dass Jamie ...«
Mein Kopf fuhr hoch - er musterte mich scharf, als er meine Reaktion bemerkte. Ich bereute, Interesse gezeigt zu haben, und sah wieder auf meine Knie.
»Es macht mir Angst, wie anhänglich er geworden ist«, murmelte Jared. »Ich hätte ihn nicht zurücklassen sollen. Aber ich hätte nie gedacht ... Und ich weiß nicht, was ich jetzt tun soll. Er glaubt, Mel lebt da drin noch. Wie wird er reagieren, wenn ...?«
Mir fiel auf, dass er so klang, als wäre mein Tod unabwendbar. Egal, was er versprochen hatte, er glaubte nicht, dass ich noch lange leben würde.
»Es wundert mich, dass du Jeb überzeugen konntest«, wechselte er das Thema. »Er ist ein schlauer alter Fuchs. Er durchschaut es sofort, wenn er getäuscht werden soll. Bis jetzt.«
Er dachte einen Moment darüber nach. »Dir ist nicht besonders nach Reden, was?« Es herrschte erneut langes Schweigen.
Plötzlich sprudelten die Worte nur so aus ihm heraus. »Was mich immer noch quält, ist: Was, wenn sie Recht haben? Wie zum Teufel kann ich das wissen? Ich finde es furchtbar, wie überzeugend mir ihre Argumentation vorkommt. Es muss doch noch eine andere Erklärung geben.«
Melanie kämpfte wieder darum, zu sprechen, nicht so heftig wie vorhin, diesmal ohne Hoffnung auf Erfolg. Ich hielt meine Lippen fest geschlossen und die Arme um meine Beine geschlungen.
Jared rutschte von der Wand weg, so dass er mir gegenübersaß. Ich nahm die Bewegung aus den Augenwinkeln wahr. »Warum bist du hier?«, flüsterte er.
Ich linste hoch in sein Gesicht - es war weich, freundlich, fast so, wie Melanie es in Erinnerung hatte. Ich spürte, wie meine Kontrolle nachließ; meine Lippen zitterten. Meine Arme festzuhalten kostete mich meine gesamte Kraft. Ich wollte sein Gesicht berühren. Ich wollte es. Melanie gefiel das nicht.
Wenn du mich schon nicht reden lässt, dann behalte wenigstens deine Hände bei dir, zischte sie mich an.
Ich gebe mir Mühe. Es tut mir leid. Es tat mir wirklich leid. Ich fügte ihr Schmerzen zu. Wir hatten beide Schmerzen, auf unterschiedliche Weise. Es war schwer zu sagen, wer von uns beiden im Moment stärker litt.
Jared sah mich neugierig an, während sich meine Augen erneut mit Tränen füllten.
»Warum?«, fragte er sanft. »Weißt du, Jeb hat ja diesen irren Gedanken, dass du wegen mir und Jamie hier bist. Ist das nicht verrückt?«
Mein Mund öffnete sich; schnell biss ich mir auf die Lippe.
Jared beugte sich vor und nahm mein Gesicht zwischen beide Hände. Ich schloss die Augen.