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»Ich …« Sie bedachte ihn mit einem Blick, aus dem zugleich Verlangen und Angst sprachen. »Ich weiß nicht, ob ich das wirklich sollte …«

»Komm mit mir.« Er senkte die Stimme weiter, bis er beinahe gurrte. Mit Shamera zu üben hatte seine Verführungskünste eindeutig verbessert.

Sie holte tief Luft und meinte übermütig: »Ja, das würde mir gefallen. Wenn du kurz im Flur wartest, ziehe ich mir meine Reitkleidung an.«

»Für dich warte ich gerne«, erwiderte Kerim leise, erhob sich auf die Beine und durchquerte den Raum zum Flur so leichtfüßig, wie man es von jemandem mit Krücken nur erwarten konnte. Lady Sky schenkte ihm ein kurzes, strahlendes Lächeln, bevor sie die Tür schloss.

Dickon wartete mit der Laterne in der Hand vor den Mauern der Feste. Er hatte drei Pferde dabei: eine braune Stute mit treuherzigem Gesicht, seinen eigenen kräftigen Wallach und Kerims Kriegshengst Brandmal.

Der Hengst sah mit den an den Schultern zu beiden Seiten des Sattels angebrachten Krücken recht merkwürdig aus, aber das Tier war an merkwürdigere Dinge als Krücken gewöhnt. Kerim rieb die schwarze Schnauze liebevoll.

Dickon hielt den gegenüberliegenden Steigbügel fest, damit der Sattel nicht verrutschte, als Kerim vorsichtig Sattelknauf und Hinterzwiesel ergriff, um sich hinaufzuhieven. Nicht anmutig, aber erfolgreich. Dickon reichte Kerim die Laterne und half Lady Sky beim Aufsteigen auf ihre Stute.

»Wir reiten nicht allein, mein Lord?«, fragte Lady Sky leise und mit vielsagendem Blick in Richtung Dickon.

Kerim verlagerte das Gewicht, bis sich sein Hengst seitwärts zu Lady Skys Stute bewegte. Er lehnte sich hinüber, erfasste mit behandschuhten Fingern ihre Hand und hob sie an seine Lippen. »Leider nein, meine Lady. Der beste Ort, um die Geistebbe zu beobachten, befindet sich hinter einer üblen Gegend der Stadt. Obwohl ich die richtigen Leute bezahlt habe, um einen sicheren Durchritt zu gewährleisten, wäre es blanke Torheit, einen solchen Ort mit nicht mehr als einem verkrüppelten Krieger als Schutz für dich aufzusuchen. Dickon versteht bestens mit dem Schwert umzugehen, das er da trägt.«

Lady Sky lächelte. »Also ist das gar kein spontaner Ausritt – du hättest mich ruhig früher vorwarnen können.«

Kerim bemerkte, wie Dickon hinter ihr missbilligend die Stirn runzelte. Er hatte Kerim davor gewarnt, zu sehr mit Sky zu schäkern und sie am Ende zu verletzen.

»Ach weh.« Kerim grinste. »Jetzt habe ich mich verraten. Es stimmt, meine Lady, ich habe den Ausflug den Großteil des Tages über geplant.« Er bedachte sie mit einem anzüglichen Blick. »Aber hätte ich dich vorgewarnt, hättest du mir nicht im Nachthemd die Tür geöffnet.«

Lady Sky lachte und folgte ihm, als er sein Pferd zu einem beschwingten Gang antrieb.

Ungeachtet der gefährlichen Gegend, die Kerim angesprochen hatte, verlief der Ritt durch Fegfeuer ohne Zwischenfall. Er konnte die Blicke spüren, die sie aus pechschwarzer Finsternis heraus fixierten, aber ihre Beobachter blieben, wo sie waren. Anscheinend hatte Shamera die richtigen Leute mit seinem Gold geschmiert. Kerim ließ sich Zeit, schäkerte und trödelte. Als sie die hölzernen Überreste des alten Glockenturms erreichten, schätzte er, dass ihnen nur noch eine kurze Weile blieb, bis die Flut einsetzte.

Kerim zügelte seinen Hengst in der Nähe eines Gebüschs, ein gutes Stück von den Klippen entfernt. Er übergab die Laterne wieder in Dickons Obhut und stieg eher zweckmäßig denn gekonnt ab. Trotzdem landete er auf den Füßen, was sich wie Balsam für seinen Stolz anfühlte.

Während Dickon Lady Sky beim Absteigen zur Hand ging, löste Kerim die Lederriemen, mit denen die Krücken befestigt waren. Zwar fühlte er sich nach wie vor wackelig auf den Beinen, aber dank der Krücken verfügte er über ausreichende Beweglichkeit auf dem rauen Untergrund.

»Komm«, sagte er und führte Lady Sky von den Pferden und Dickon weg. »Ich fürchte, die Laterne wirst du tragen müssen.«

Die umliegenden Gebäude erwiesen sich als nahezu völlig verrottet durch die salzige Meeresluft. Kerim schenkte ihnen keine Beachtung, als er sich den Weg zu einer kleinen sandigen Fläche in der Nähe der Klippen bahnte. Neben einem einsamen, zerbrochenen Kopfstein blieb er stehen. Irgendwann während des Ritts waren die Sterne in all ihrer Pracht hervorgekommen. Auch ohne das Licht des Mondes konnte man nun den Strand tief unter ihnen erkennen.

Sky holte Luft, als sie den Blick über die Klippen hinauswandern ließ. »Wie faszinierend.«

»Wunderschön«, pflichtete er ihr bei. »Ein unerwartetes Wunder der Natur – so wie du.« Er fasste in seinen Gürtelbeutel und suchte nach etwas, das sich nicht darin befand. »Verflixt«, fluchte er mit gespielter Verlegenheit. »Ich habe dir etwas mitgebracht, aber vergessen, es mir von Dickon geben zu lassen. Warte hier, ich bin gleich wieder da.«

Sie reichte ihm die Laterne. Er nahm sie unbeholfen entgegen, wandte sich ab und kehrte rasch zu den Pferden zurück, während Lady Sky wartete, das wunderschöne Profil dem Meer zugewandt, ein verhaltenes Lächeln im Gesicht.

Kaum hatte sich Kerim weit genug fortbewegt, schlich Lord Halvok so geräuschlos wie möglich um die Überreste des Gebäudes herum, hinter dem er sich versteckt hatte. Sham bekam eine Ahnung davon, wie er seinen Partisanenkrieg gegen die Ostländler so lange hatte aufrechterhalten können. Der Zauberer hielt an der Stelle an, wo sie die Enden des Goldgarns versteckt hatte.

Rasch führte er die Enden zusammen und verschweißte sie mit einem Hauch Magie miteinander, der sofort Lady Skys Aufmerksamkeit erregte. Verborgen in den Schatten eines anderen Gebäudes biss sich Sham auf die Unterlippe. Halvoks Schicksal hing von ihrem Runengeschick ab, und sie hatte noch nie eine Rune dieser Größe anfertigen müssen.

Als sich die Magie aufbaute, begann das goldene Garn zu leuchten und grell durch den darüberliegenden Sand zu schimmern. Unter anderen Umständen hätte die Rune gereicht, um ihre Gefangene schier ewig festzuhalten; ein Dämon allerdings war genauso in der Lage, eine Rune aufzulösen, wie Sham oder Halvok es konnten, deshalb blieb Halvok an Ort und Stelle knien und führte der Rune weiterhin Magie zu.

»Was macht Ihr da?«, fragte Lady Sky. Sie starrte Lord Halvok überrascht an und trat einen Schritt zurück. »Kerim?« Ihre Stimme schwoll ängstlich an. »Was macht er mit mir?«

Sham kam aus ihrem Versteck hervor und zuckte angesichts der Furcht in Skys Tonfall förmlich zusammen. Als Sham beobachtete, wie die Frau allein dort am Klippenrand stand, fiel es ihr schwer, sich an die Gründe dafür zu erinnern, weshalb sie Lady Sky verurteilt hatten. Instinktiv schaute Sham zu Kerim, da sie wusste, dass auch er Zweifel hegte. Kerim runzelte die Stirn, als er Dickons Arm packte. Er gestikulierte, während er redete – wenngleich Sham nicht zu hören vermochte, was er sagte.

Elsic kam hinter einem Felsbrocken hervor, die Flöte in einer Hand, die andere auf Talbots Schulter. »Ich kenne dich, Dämon«, sagte er und drehte Lady Sky sein Gesicht zu. »Ich habe dich in meinen Träumen gefühlt.«

»Wovon redest du? Kerim hat gesagt, der Priester hat den Dämon getötet«, erwiderte Lady Sky, die verängstigter als je zuvor wirkte. »Kerim?«

»Sie wird dich zurückschicken«, sagte Kerim mit sanfter Stimme, als er sich mit Dickon näherte. »Ist es nicht das, was du all die Jahre zu erreichen versucht hast? Es ist Zeit für dich, nach Hause zurückzukehren.«

»Nein …« Lady Skys Stimme verlor ihren kultivierten Klang, als sie verzweifelt aufheulte. »Du weißt nicht, was sie zu tun versucht!«

»Das weiß sie selber nicht«, meinte der Hai unmittelbar hinter Sham und ließ sie vor Schreck zusammenzucken. »Aber das hat sie noch nie von etwas abgehalten.«

»Was machst du hier?«, fragte Sham in einem Tonfall, der nur die Ohren des Hais erreichte.

Er grinste. »Glaubst du, ich lasse mir das Aufregendste entgehen, das in dieser Gegend seit dem Einmarsch der Ostländler je passiert ist?«