Sharpe wartete, dann hob er einen Finger. »Ihr besauft euch nicht ohne meine Erlaubnis.« Ein zweiter Finger. »Ihr beklaut niemanden, es sei denn, ihr seid am Verhungern. Und ich betrachte es nicht als Diebstahl, wenn ihr dem Feind Dinge wegnehmt.« Das brachte ihm ein Lächeln ein. Er hob den dritten Finger. »Und ihr kämpft, als wärt ihr der Teufel persönlich. Das war es. Ihr besauft euch nicht, ihr klaut nicht, und ihr kämpft wie Dämonen. Habt ihr das verstanden?«
Sie nickten, nachdem Vicente übersetzt hatte.
»Und jetzt«, fuhr Sharpe dann fort, »werdet ihr anfangen zu kämpfen. Ihr bildet drei Reihen und feuert eine Salve auf die französische Kavallerie.« Er hätte zwei Reihen vorgezogen, doch nur die Briten kämpften in dieser Formation. Jede andere Armee benutzte drei, und so würde er das jetzt auch tun, auch wenn siebenunddreißig Männer in drei Reihen eine sehr kleine Frontbreite boten. »Und ihr werdet erst abdrücken, wenn Leutnant Vicente euch das befiehlt. Ihr könnt ihm vertrauen! Er ist ein guter Soldat, euer Leutnant!«
Vicente wurde rot und wählte vielleicht einige bescheidenere Formulierungen bei seiner Übersetzung, doch das Grinsen seiner Männer verriet, dass er den Sinn von Sharpes Worten schon wiedergegeben hatte.
»Stellen Sie sicher, dass die Musketen geladen sind«, sagte Sharpe, »aber nicht gespannt. Ich will nicht, dass der Feind weiß, dass wir hier sind, weil die Muskete eines Blödmanns irrtümlich losgeht. Und jetzt bereitet euch darauf vor, die Bastarde zu besiegen.«
Er verließ die Männer und kehrte zu Harper zurück.
»Tun sie irgendwas?«, fragte er und nickte zu den Dragonern hin.
»Sie betrinken sich«, sagte Harper. »Sie haben mit den Jungs gesprochen? Besauft euch nicht, klaut nicht und kämpft wie Dämonen, Mister Sharpes üblicher Sermon?«
Sharpe lächelte. Dann nahm er das Fernrohr vom Sergeant entgegen und richtete es auf das Dorf, wo ein Dutzend Dragoner, die grünen Röcke aufgeknöpft, aus Weinschläuchen trank. Andere durchsuchten die kleinen Häuser. Aus einem Haus lief eine Frau mit zerrissenem schwarzen Kleid, wurde von einem Kavalleristen gepackt und wieder hineingezerrt. »Ich dachte, die Dorfbewohner sind geflüchtet«, sagte Sharpe.
»Ich habe ein paar Frauen gesehen«, sagte Harper, »und zweifellos gibt es viel mehr, die wir nicht sehen können. Was werden wir mit den Dragonern machen?«
»Wir werden ihnen auf die Nase pinkeln, und wenn sie uns allemachen wollen, müssen wir ihnen zuvorkommen.« Er schob das Fernrohr zusammen und erzählte Harper genau, was er plante, um die Dragoner zu besiegen.
Die Weingärten gaben Sharpe die Gelegenheit. Die Reben wuchsen in dichten Reihen vom Fluss bis zu einem Waldstück im Westen, und sie waren nur von einem Fußweg unterbrochen, der den Arbeitern Zugang zu den Pflanzen gewährte und Sharpes Männern gute Deckung bot, als sie näher an Barca d'Avintas herankrochen. Zwei sorglose französische Wachtposten beobachteten vom Rand des Dorfes aus, doch keiner sah irgendetwas Bedrohliches in der Frühlingslandschaft. Einer von ihnen legte sogar seinen Karabiner ab, um eine Pfeife mit Tabak zu stopfen.
Sharpe führte Vicentes Männer nahe an den Fußweg heran und schickte seine Schützen nach Westen, sodass sie näher an der Koppel waren, in der sich die Pferde der Dragoner befanden. Dann spannte er sein Gewehr, legte sich hin, schob den Lauf zwischen zwei knorrige Weinwurzeln und zielte auf den nächsten Posten.
Er feuerte, und der Knall hallte noch von den Häusern des Dorfes wider, als seine Schützen das Feuer auf die Pferde eröffneten. Ihre erste Salve traf sechs oder sieben der Tiere und sorgte für Panik bei den anderen angepflockten Pferden. Zwei von ihnen schafften es, ihre Pflöcke aus dem Boden zu reißen, und sprangen über den Zaun, doch dann preschten sie zurück zu ihren Artgenossen, als die Schützen nachgeladen hatten und von Neuem feuerten. Weitere Pferde wieherten schrill und fielen. Ein halbes Dutzend der Schützen beobachtete das Dorf, und als die ersten Dragoner auf die Koppel zurannten, eröffneten sie das Feuer auf sie. Vicentes Infanterie blieb verborgen, duckte sich zwischen die Rebstöcke.
Sharpe sah, dass der Posten, den er niedergeschossen hatte, zur Straße kroch und eine blutige Spur hinterließ. Sharpe feuerte wieder, diesmal auf einen Offizier, der zur Pferdekoppel rannte. Weitere Dragoner, die befürchteten, ihre Pferde zu verlieren, rannten zur Koppel, um sie loszubinden, und die Kugeln töteten sie ebenso wie die Pferde. Eine verletzte Stute wieherte schmerzlich, dann erkannte der befehlshabende Offizier der Dragoner, dass die Pferde nicht gerettet werden konnten und er die Männer, die sie erschossen, zu Fuß bekämpfen musste, und er befahl seinen Kavalleristen, zum Weingarten vorzurücken und die Angreifer zu vertreiben.
»Schießt weiter auf die Pferde!«, rief Sharpe. Es war kein angenehmer Job. Die Schreie der verwundeten Tiere und der Anblick eines verletzten Wallachs, der sich nur auf der Vorderhand weiterschleppte, waren herzzerreißend, doch Sharpe ließ seine Männer feuern. Die Dragoner, noch vom Gewehrfeuer verschont, rannten zum Weingarten. Sie waren in dem festen Glauben, es nur mit einer Hand voll Partisanen zu tun zu haben. Die Dragoner waren mit Karabinern, kurzläufigen Musketen, ausgerüstet, mit denen sie zu Fuß kämpfen konnten, und einige trugen die Karabiner, während andere es vorzogen, mit ihren langen Schwertern zu kämpfen, aber alle rannten instinktiv auf den Weg zu, der zwischen den Weinreihen anstieg. Sharpe hatte vermutet, dass sie dem Weg folgen würden, anstatt über die Reben zu klettern, und deshalb hatte er Vicente und seine Männer nahe bei diesem Pfad postiert. Die Dragoner drängten sich zusammen, als sie in den Weingarten stürmten, und Sharpe wollte schon zu den Portugiesen rennen und das Kommando über sie übernehmen, doch in diesem Augenblick befahl Vicente seinen Männern, anzugreifen.
Die portugiesischen Soldaten tauchten wie durch Zauberei vor den desorganisierten Dragonern auf. Sharpe beobachtete beifällig, wie Vicente seine Männer niederknien ließ und den Feuerbefehl gab. Die Franzosen versuchten, zur Seite hin auszuweichen, doch die Reben behinderten sie und Vicentes Salve hämmerte in den Pulk der Kavalleristen. Harper, auf der rechten Flanke, ließ die Schützen ebenfalls eine Salve feuern, und so waren die Dragoner von beiden Seiten einem tödlichen Feuerhagel ausgesetzt. Pulverrauch trieb über die Rebstöcke.
»Schwerter aufpflanzen!«, rief Sharpe. Ein Dutzend Dragoner war tot, und die hinteren ergriffen bereits die Flucht. Sie waren überzeugt gewesen, gegen undisziplinierte Bauern zu kämpfen, und sahen sich nun gegen richtige Soldaten in der Unterzahl. Das Zentrum ihrer provisorischen Linie war zerstört, die Hälfte ihrer Pferde war verendet, und jetzt kam die Infanterie mit aufgepflanzten Bajonetten durch den Rauch auf sie zu. Die Portugiesen traten über die toten und verwundeten Dragoner hinweg. Einer der Franzosen, mit einem Hüftschuss verwundet, wollte mit einer Pistole schießen, doch Vicente schlug sie ihm mit dem Säbel fort und trat die Waffe dann in den Fluss. Die unversehrten Dragoner rannten auf die Pferde zu.
Sharpe befahl seinen Schützen, sie mit ihren Kugeln zu vertreiben, anstatt mit den Klingen. »Versetzt sie in Panik! Leutnant!« Sein Blick suchte Vicente. »Führen Sie Ihre Männer ins Dorf! Cooper! Tongue! Slattery! Sichert diese Bastarde!« Er wusste, dass er die Franzosen vor sich in Bewegung halten musste, doch er wagte es nicht, irgendwelche leicht verwundeten Dragoner hinter sich zu lassen, und so befahl er den drei Schützen, die von Vicentes Salve verwundeten Kavalleristen zu entwaffnen. Die Portugiesen waren jetzt im Dorf, hämmerten gegen Haustüren und näherten sich einer kleinen Kirche, die in der Nähe der Brücke stand, die sich über den schmalen Fluss spannte.