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Vicente nickt. »Wir gehen nach Norden durch ein Dorf - hier ...«, er wies auf eine leere Stelle auf seiner improvisierten Landkarte, »... und wenden uns dann nach Osten. Das Dorf ist am Fuß der Hügel, am Beginn der - wie nennt ihr das, ah - Wildnis. Wir pflegten dort zu wandern.«

»Wie?«, fragte Sharpe. »Die Poeten und Philosophen?«

»Ja«, sagte Vicente, »wir übernachteten in der Taverne und wanderten zurück. Ich bezweifle, dass dort Franzosen sind. Das Dorf liegt nicht an der Straße nach Amarante. An keiner Straße.«

»Wir gehen also zum Dorf am Rande der Wildnis«, sagte Sharpe. »Wie heißt es?«

»Vila Real de Zedes«, sagte Vicente. »Es heißt so, weil die Weingärten dort einst dem König gehörten, aber das war vor langer Zeit. Jetzt sind sie der Besitz von ...«

»Vila Real de - was?«, fragte Sharpe.

»Zedes«, sagte Vicente, verwirrt durch Sharpes Tonfall und noch mehr von Sharpes Lächeln. »Sie kennen das Dorf?«

»Ich kenne es nicht«, sagte Sharpe, »aber dort ist ein Mädchen, das ich treffen will.«

»Ein Mädchen!« Vicente klang missbilligend.

»Ein neunzehnjähriges Mädchen«, sagte Sharpe. »Und glauben Sie es oder nicht, das Treffen ist eine Pflicht.« Er wandte sich um und sah nach, ob die Trage fertig war. Plötzlich versteifte er sich vor Ärger. »Was, zum Teufel, macht er hier?« Er starrte auf den französischen Dragoner, Leutnant Olivier, der beobachtete, wie Harper behutsam Hagman auf die Trage bettete.

»Er bekommt seinen Prozess«, sagte Vicente. »So steht er hier unter Arrest und unter meinem persönlichen Schutz.«

»Verdammt!«, explodierte Sharpe.

»Es ist eine Sache des Prinzips«, beharrte Vicente.

»Prinzip?«, brüllte Sharpe. »Es ist blöde, die verdammte Blödheit eines Anwalts! Wir sind mitten in einem blutigen Krieg. Nicht in einer verdammten Gerichtsstadt in Portugal.« Er sah Vicentes Unverständnis. »Ah, macht nichts«, grollte er. »Wie lange wird es dauern, bis wir Vila Real de Zedes erreichen?«

»Wir sollten morgen dort sein«, sagte Vicente kühl, dann blickte er zu Hagman. »Solange er uns nicht zu sehr verlangsamt.«

»Wir werden morgen dort sein«, sagte Sharpe. Und dann würde er Miss Savage retten und herausfinden, warum sie von zu Hause fortgelaufen war. Und danach würde er den verdammten Dragoneroffizier erledigen, egal, was der Anwalt sagte.

Das Landhaus der Savages, das Quinta do Zedes genannt wurde, befand sich nicht in Vila Real de Zedes selbst, sondern stand hoch auf einem Hügel südlich des Dorfes.

Es war ein schönes Haus, dessen weiß getünchte Wände und das Mauerwerk die eleganten Linien des Herrenhaus nachzeichneten, das auf die einst königlichen Weingärten blickte. Die Fensterläden waren blau angestrichen, und die hohen Fenster im Erdgeschoss waren mit Buntglas verziert, das die Familienwappen der Familie zeigte, die einst Quinta do Zedes besessen hatte. Mister Savage hatte das Haus zusammen mit den Weingärten gekauft, und weil es ein dickes, starkes Dach hatte und von hohen, mit Glyzinen behängten Bäumen umgeben war, erwies es sich wunderbar kühl im Sommer, sodass die Familie Savage jeden Juni bis Oktober dort verbrachte, bevor sie ins Haus Beautiful an Oportos Hügelhang zurückkehrte. Dann starb Mister Savage, und das Haus blieb unbenutzt außer von dem halben Dutzend Dienern, die den kleinen Gemüsegarten pflegten und den langen, kurvigen Zufahrtsweg ins Dorf zur Messe hinuntergingen. Es gab eine Kapelle auf dem Grundstück der Quinta do Zedes, und in der Vergangenheit war es der Dienerschaft erlaubt gewesen, die Messe in der Familienkapelle zu besuchen, doch Mister Savage war ein überzeugter Protestant gewesen. Er hatte befohlen, den Altar und die Statuen zu entfernen und die Wände weiß zu tünchen, um die Kapelle als Lagerraum für Nahrungsmittel zu benutzen.

Die Dienerschaft war überrascht gewesen, als Miss Kate zum Haus gekommen war, doch sie hatte Knickse gemacht oder sich verneigt und sich dann darangemacht, die großen Räume auf Vordermann zu bringen. Die Staubdecken wurden von den Möbelstücken gezogen, die Fledermäuse von den Dachbalken verscheucht und die hellblauen Fensterläden geöffnet, um die Frühlingssonne hereinzulassen. Feuer wurden in den Kaminen angezündet, um die Winterkälte zu vertreiben, doch an diesem ersten Abend blieb Kate nicht im Haus neben dem Kamin, sondern setzte sich auf den Balkon und schaute auf den Weg hinab, der mit Glyzinen gesäumt war, die von den Zedern hingen. Die abendlichen Schatten hatten sich verlängert, doch niemand war gekommen.

In dieser Nacht hatte sich Kate fast in den Schlaf geweint, doch am nächsten Morgen war ihre Gemütsverfassung wieder so gut gewesen, dass sie unter dem schockierten Protest der Diener die Eingangshalle gefegt hatte, die herrlich mit schwarzem und weißem Marmor ausgelegt war und von der eine Treppe aus weißem Marmor zu den Schlafzimmern hochführte. Dann bestand sie darauf, den Kamin im großen Salon zu entstauben, in dem Fliesen die Schlacht von Aljubarrota zeigten, wo Joao I. die Kastilier gedemütigt hatte. Sie wies die Dienstboten an, ein zweites Schlafzimmer zu lüften, das Bett zu machen und Feuer im Kamin anzuzünden, dann ging sie zurück auf den Balkon und beobachtete wieder den Zufahrtsweg, bis sie voller Freude, nachdem die Morgenglocke in Vila Real de Zedes geläutet hatte, zwei Reiter unter den Zedern auftauchen sah.

Der erste Reiter wirkte in seiner stolzen Haltung so groß und gut aussehend, und zugleich war sein Anblick so rührend tragisch, denn seine Frau war bei der Geburt ihres ersten Kindes gestorben und das Baby ebenfalls, und der Gedanke, dass dieser prächtige Mann solch eine Tragödie erlitten hatte, trieb Kate fast Tränen in die Augen. Und dann stellte sich der Mann in den Steigbügeln auf und winkte ihr, und Kate spürte, wie ihr Glücksgefühl zurückkehrte, als sie die Treppe hinabrannte, um ihren Geliebten zu begrüßen.

Colonel Christopher glitt vom Pferd. Luis, sein Diener, ritt das Ersatzpferd und hatte den großen Koffer dabei, den Christopher im Haus Beautiful mit Kates Sachen gefüllt hatte, als ihre Mutter fort gewesen war. Christopher warf Luis die Zügel zu, sprang die Treppe hinauf und nahm Kate in die Arme. Er küsste sie, streichelte ihren Rücken und spürte, dass sie erbebte.

»Gestern Nacht konnte ich nicht herkommen, meine Liebe«, sagte er. »Die Pflicht hat das verhindert.«

»Ich wusste, dass es die Pflicht war«, sagte Kate, und ihre Augen strahlten, als sie zu ihm aufblickte.

»Nichts sonst könnte mich von dir fernhalten«, sagte Christopher, »nichts auf der Welt.« Er küsste sie auf die Stirn. Dann trat er einen Schritt zurück, hielt immer noch ihre Hände und musterte ihr Gesicht. Sie ist das schönste Mädchen der Schöpfung, dachte er, als sie errötete und verlegen lachte, während er sie ansah. »Kate, Kate«, sagte er in tadelndem Tonfall. »Ich kann mich nicht sattsehen an dir.«

Ihr Haar war schwarz, und sie trug es von ihrer hohen Stirn zurückgekämmt, doch mit zwei langen Locken, die herunterhingen, wo die französischen Husaren ihre cadenettes trugen. Sie hatte volle Lippen, eine Stupsnase, und ihre Augen blickten einen Moment rührend ernst und funkelten im nächsten Augenblick vor Belustigung. Sie war neunzehn, mit langen, wohlgeformten Beinen, voller Lebenslust und Vertrauen, und in diesem Moment voller Liebe für ihren gut aussehenden Mann, der zur schwarzen Jacke eine weiße Reithose und einen Zweispitz trug, von dem zwei goldene Troddeln hingen.

»Hast du meine Mutter gesehen?«, fragte sie.

»Ich habe sie mit dem Versprechen verlassen, dass ich dich suchen würde.«