Kate blickte schuldig drein. »Ich hätte ihr sagen sollen ...«
»Deine Mutter will dich mit einem wohlhabenden Mann in England verheiraten«, sagte Christopher, »nicht mit einem Abenteurer wie mir.« Der wahre Grund, weshalb Kates Mutter Christopher missbilligte, war, dass sie gehofft hatte, ihn selbst zu heiraten, doch dann hatte der Colonel Mister Savages Testament und die Bedingungen darin entdeckt und seine Aufmerksamkeit der Tochter zugewandt. »Es wäre nicht gut, sie um ihren Segen zu bitten«, fuhr er fort, »und wenn du ihr gesagt hättest, was wir planen, dann hätte sie höchstwahrscheinlich versucht, es zu verhindern.«
»Vielleicht auch nicht«, sagte Kate leise.
»Übrigens spielt die Missbilligung deiner Mutter keine Rolle«, sagte Christopher, »und wenn sie weiß, dass wir verheiratet sind, wird sie mich schon mögen.«
»Verheiratet?«
»Selbstverständlich«, sagte Christopher. »Meinst du, ich denke nicht an deine Ehre?« Er lachte über ihre scheue Miene. »Da ist ein Priester im Dorf«, fuhr er fort, »den ich bestimmt überreden kann, uns zu trauen.«
»Ich bin mir nicht ...«, begann Kate, dann strich sie über ihr Haar, zupfte an ihrem Kleid und errötete.
»Du bist bereit«, sagte Christopher, »und du siehst umwerfend schön aus.«
Kate errötete noch tiefer und zupfte diesmal am Ausschnitt ihres Kleides, das sie sorgfältig unter den Sommersachen ausgewählt hatte, die im Landhaus lagerten. Es war ein englisches Kleid aus weißem Leinen, bestickt mit Glockenblumen und umwunden von Bärenklau-Blättern, und sie wusste, dass es ihr gut stand. »Meine Mutter wird mir verzeihen?«, fragte sie.
Christopher bezweifelte das sehr. »Natürlich wird sie das«, versprach er. »Ich habe solche Situationen schon erlebt. Deine liebe Mutter will nur das Beste für dich, und wenn sie mich erst besser kennt, wird sie bestimmt davon überzeugt sein, dass ich für dich sorgen werde wie kein anderer.«
»Das glaube ich auch«, sagte Kate herzlich. Sie war nie ganz sicher gewesen, warum Colonel Christopher so überzeugt war, dass ihre Mutter ihn missbilligen würde. Er sagte, der Grund sei, dass er einundzwanzig Jahre älter war als Kate, doch er sah jünger aus, und sie war sicher, dass er sie liebte, und es gab viele Männer mit jüngeren Frauen. Deshalb bezweifelte Kate, dass ihre Mutter ihn wegen des Altersunterschieds ablehnte, aber es hieß, dass er ein relativ armer Mann sei, und das störte ihre Mutter, wie er sagte, und Kate war seiner Meinung. Christophers Armut störte sie nicht. Es schien ihre Liebe nur noch romantischer zu machen, und jetzt würden sie heiraten.
Er führte sie die Treppe hinab. »Gibt es hier eine Kutsche?«
»Es steht eine alte im Stall.«
»Dann können wir zu Fuß ins Dorf gehen, und Luis kann die Kutsche für unsere Rückkehr holen.«
»Jetzt?«
»Gestern könnte nicht zu früh für mich sein, mein Liebling«, sagte Christopher ernst. Er schickte Luis, um die Pferde anzuspannen. »Ich wäre fast mit lästiger Gesellschaft eingetroffen«, sagte er lachend.
»Mit lästiger?«
»Irgendein verdammt blöder Pionier - verzeih mein Soldatenvokabular - wollte einen heruntergekommenen Lieutenant der Schützen zu deiner Rettung schicken! Ihn und seinen Pöbelhaufen. Ich musste ihm einen anderen Befehl erteilen. Ich habe ihn nach Süden geschickt und gesagt, er solle seinen Marschbefehl vergessen. Der arme Kerl.«
»Warum arm?«
»Du meine Güte! Um die dreißig Jahre alt und immer noch ein Lieutenant! Kein Geld, keine Zukunftsaussichten und Komplexe so groß wie der Felsen von Gibraltar.« Er nahm ihre Hand unter seinen Ellbogen und ging mit ihr den Glyzinenweg entlang. »Sonderbar genug, dass ich den Lieutenant von seinem Ruf her kenne. Hast du je von Lady Grace Hale gehört? Die Witwe von Lord William Hale?«
»Von denen hab ich nie gehört«, sagte Kate.
»Welch ein behütetes Leben du in Oporto führst«, sagte Christopher. »Lord William war in Ordnung. Eine Zeitlang habe ich im Auswärtigen Amt mit ihm eng zusammengearbeitet, doch dann fuhr er in einer Regierungssache nach Indien und hatte das Pech, mit einem Marineschiff zurückzusegeln, das in die Schlacht von Trafalgar geriet. Er muss ein außergewöhnlich tapferer Mann gewesen sein, denn er fiel in der Schlacht, und dann gab es einen Skandal, weil seine Witwe mit einem Offizier der Schützen ein Haus baute und mit ihm zusammenlebte. Und genau das war dieser Mann. Guter Gott, wer hätte denn so was von Lady Grace gedacht?«
»Er ist kein Gentleman?«
»Gewiss kein geborener«, sagte Christopher. »Gott allein weiß, wo die Armee heutzutage ihre Offiziere herholt. Und Lady Grace ließ sich mit ihm ein! Schockierend! Aber einige Frauen aus feinen Kreisen lieben es, am schmutzigen Ende des Sees zu angeln und sich zu vergessen, und sie muss eine davon gewesen sein.« Er schüttelte empört den Kopf. »Es wurde noch schlimmer«, fuhr er fort. »Sie wurde von ihm schwanger und starb bei der Entbindung.«
»Die arme Frau!«, sagte Kate und wunderte sich, dass ihr Geliebter diese Geschichte so ruhig erzählen konnte, denn sie musste ihn an den Tod seiner eigenen Frau erinnern. »Und was passierte mit dem Baby?«, fragte sie.
»Ich glaube, das Kind ist ebenfalls gestorben. Aber so war es vermutlich am besten. Es beendete den Skandal. Welch eine Zukunft hätte ein solches Kind schon gehabt? Wie auch immer, der Vater des Kindes war derselbe erbärmliche Schütze, der dich über den Fluss holen sollte. Doch da hat er mich kennengelernt, das kann ich dir sagen!« Christopher lachte in der Erinnerung. »Er starrte mich belämmert an und berief sich auf seine Befehle, aber ich hörte mir diesen Unsinn nicht an und schickte ihn weg. Nicht auszudenken, wenn ein solch anrüchiger Schuft meine Hochzeit gestört hätte!«
»Da hast du recht«, sagte Kate.
»Natürlich habe ich ihm nicht gesagt, dass ich seinen üblen Ruf kenne. Es war unnötig, den Kerl in Verlegenheit zu bringen.«
»Ganz richtig«, sagte Kate und drückte den Arm ihres Geliebten.
Luis erschien hinter ihnen in dem zweirädrigen, offenen Einspänner, der im Stall gestanden und vor den er sein eigenes Pferd gespannt hatte.
Christopher stoppte auf halbem Weg zum Dorf und pflückte eine kleine wilde Narzisse vom Wegesrand und bestand darauf, die gelbe Blüte in Kates schwarzes Haar zu stecken. Dann küsste er sie wieder und sagte ihr, wie schön sie sei, und Kate fand, dass dies der glücklichste Tag in ihrem Leben war. Die Sonne schien, ein sanfter Wind spielte in den mit Blumen gesprenkelten Wiesen, und ihr Mann war bei ihr.
Pater Josefa wartete bei der Kirche - Christopher hatte ihn auf seinem Weg zu Kate darum gebeten -, doch bevor die Zeremonie stattfinden konnte, nahm der Priester den Engländer zur Seite. »Ich habe mir Sorgen gemacht«, sagte der Priester, »dass das, was Sie vorschlagen, nicht zulässig ist.«
»Nicht zulässig, Pater?«
»Sie sind Protestanten?«, fragte der Priester, und als Christopher nickte, seufzte er. »Die Kirche sagt, dass nur diejenigen, die unsere Sakramente nehmen, getraut werden können.«
»Und Ihre Kirche hat recht«, sagte Christopher beruhigend. Er blickte zu Kate, die allein im weiß getünchten Altarraum stand, und er fand, dass sie mit der gelben Blüte im Haar wie ein Engel aussah. »Sagen Sie mir, Pater«, fuhr er fort, »kümmern Sie sich um die Armen in Ihrer Gemeinde?«
»Das ist Christenpflicht«, sagte Pater Josefa.
Christopher nahm einige goldene englische Guineas aus der Tasche. Sie gehörten nicht ihm, sondern stammten aus dem Fonds des Auswärtigen Amtes. Sie sollten ihm die Wege ebnen, und jetzt drückte er sie dem Priester in die Hand. »Nehmen Sie dies als einen Beitrag für Ihre wohltätige Arbeit«, sagte er, »und ich bitte Sie, uns einen Segen zu geben, das ist alles. Einen Segen auf Latein, Pater, der uns in diesen unruhigen Zeiten Gottes Schutz geben wird. Und später, wenn das Kämpfen vorüber ist, werde ich mein Bestes tun, um Kate zu überreden, an Ihrem Unterricht teilzunehmen. Ich werde ihn natürlich ebenfalls nehmen.«