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Und das erklärt das Verschwinden der albernen Zicke, dachte Sharpe. Sie war mit ihrem Geliebten durchgebrannt! Aber Sharpe verstand nicht, warum sie es vor ihrer Mutter verheimlicht hatte, die sicherlich Verständnis für ihre Liebe gehabt und sie gebilligt hätte. Christopher war, soweit Sharpe es wusste, aus guter Familie, wohlhabend, gebildet und ein Gentleman: alles, was Sharpe nicht war.

Und Christopher war ärgerlich. Als Sharpe das Landhaus erreichte, trat der Colonel ihm an der Treppe entgegen und verlangte eine Erklärung für Sharpes Anwesenheit in Vila Real de Zedes.

»Wie schon gesagt, uns wurde der Weg von Franzosen blockiert. Wir konnten den Fluss nicht überqueren.«

»Sir«, blaffte Christopher. Er erwartete anscheinend, dass Sharpe ihn so ansprach, aber Sharpe starrte nur an dem Colonel vorbei in die Halle des Hauses, wo Kate Kleidung aus einem großen Lederkoffer auspackte.

»Ich hatte Ihnen befohlen ...«

»Wir konnten den Fluss nicht überqueren«, unterbrach ihn Sharpe, »denn da war keine Brücke. Sie war eingestürzt. So gingen wir zur Fähre, doch die verdammten Franzosen hatten sie verbrannt. So marschieren wir jetzt nach Amarante, aber wir können die Hauptstraßen nicht benutzen, weil es dort von Franzosen wimmelt, und ich kann nicht schnell sein, weil ich einen Verwundeten habe. Ist hier ein Zimmer frei, wo wir ihn heute Nacht unterbringen können?«

Christopher schwieg einen Moment. Er wartete wohl immer noch, dass Sharpe ihn mit »Sir« ansprach, doch der unterließ es stur. Christopher seufzte und spähte durch das Tal, wo ein Bussard kreiste. »Sie wollen heute Nacht hierbleiben?«, fragte er distanziert.

»Wir sind seit heute Morgen drei Uhr marschiert«, sagte Sharpe. Er war sich nicht sicher, ob es wirklich drei Uhr gewesen war, denn er hatte keine Uhr, aber es konnte nach seinem Gefühl stimmen. »Wir werden jetzt rasten«, sagte er, »und dann vor der Morgendämmerung wieder marschieren.«

»Die Franzosen werden in Amarante sein«, sagte Christopher.

»Daran zweifle ich nicht«, sagte Sharpe, »aber was sonst soll ich tun?«

Christopher zuckte bei Sharpes mürrischem Tonfall zusammen und erschauerte dann, als Hagman vor Schmerzen stöhnte. »Da ist ein Stall hinter dem Haus«, sagte er kalt, »bringen Sie Ihren Verwundeten dorthin. Und wer, zum Teufel, ist das?« Er hatte Vicentes Gefangenen, Lieutenant Olivier, bemerkt.

Sharpe wandte sich um, um zu sehen, wohin der Colonel blickte.

»Ein Franzose«, antwortete er, »dem ich die Kehle durchschneiden werde.«

Christopher starrte Sharpe entsetzt an. »Ein Franzose, dem Sie ...«, begann er, doch in diesem Moment kam Kate aus dem Haus und stellte sich neben ihn. Er legte einen Arm um ihre Schultern, und mit einem gereizten Blick zu Sharpe hob er die Stimme und rief zu Leutnant Olivier: »Monsieur! Venez ici, s'il vous plaît.« »Er ist ein Gefangener«, sagte Sharpe.

»Er ist ein Offizier?«, fragte Christopher, als Olivier sich einen Weg zwischen Sharpes verdrossenen Männern hindurchbahnte.

»Er ist ein Leutnant vom 18. Dragonerregiment.«

Christopher sah Sharpe überrascht an. »Es ist üblich«, sagte er kalt, »dass man Offiziere ordentlich behandelt. Wo ist der Säbel des Leutnants?«

»Er ist nicht mein Gefangener«, sagte Sharpe. »Leutnant Vicente nahm ihn gefangen. Der Leutnant ist ein Anwalt, und er hat anscheinend die sonderbare Idee, dass man dem Franzosen den Prozess machen sollte, während ich vorhatte, ihn aufzuhängen.«

Kate stieß einen Laut des Entsetzens aus. »Vielleicht solltest du reingehen, mein Liebling«, sagte Christopher, doch sie regte sich nicht, und er bestand nicht darauf. »Warum wollten Sie ihn aufhängen?«, fragte er Sharpe stattdessen.

»Weil er ein Vergewaltiger ist«, sagte Sharpe.

Das veranlasste Kate wieder zu einem entsetzten Laut, und diesmal schob Christopher sie ins Haus.

»Passen Sie auf, was Sie sagen, wenn meine Frau anwesend ist«, sagte Christopher eisig.

»Es war ebenfalls eine Lady anwesend, als dieser Bastard sie vergewaltigte. Wir erwischten ihn mit heruntergelassener Hose und heraushängenden Kronjuwelen. Was sollte ich mit ihm anfangen? Ihm einen Brandy spendieren und eine Partie Whist mit ihm spielen?«

»Er ist ein Offizier und Gentleman«, sagte Christopher, beunruhigt, dass Olivier vom 18. Dragonerregiment war, was bedeutete, dass er mit Hauptmann Argenton diente. »Wo ist sein Säbel?«

Leutnant Vicente wurde vorgestellt. Er trug Oliviers Säbel, und Christopher bestand darauf, dass er ihn dem Franzosen zurückgab. Vicente versuchte zu erklären, dass Christopher eines Verbrechens beschuldigt wurde und ihm deshalb der Prozess gemacht werden musste, doch Colonel Christopher, der tadellos Portugiesisch sprach, verwarf die Idee. »Die Konventionen des Krieges, Leutnant, lassen nicht zu, dass Offiziere einen Prozess bekommen, als wären sie Zivilisten. Das sollten Sie wissen, wenn Sie, wie Sharpe behauptet, Anwalt sind. Wenn man Kriegsgefangenen einen zivilen Prozess zugesteht, würde das die Möglichkeiten von Reziprozität eröffnen. Verurteilen Sie diesen Mann und richten ihn hin, und die Franzosen würden dasselbe mit jedem portugiesischen Offizier tun, den sie gefangen nehmen. Das haben Sie sicherlich verstanden, oder?«

Vicente erkannte die Kraft des Arguments, wollte jedoch nicht nachgeben. »Er ist ein Vergewaltiger«, sagte er.

»Er ist ein Kriegsgefangener«, widersprach Christopher, »und Sie werden ihn in meine Obhut übergeben.«

Vicente wollte immer noch nicht nachgeben. Christopher war schließlich in Zivilkleidung. »Er ist ein Gefangener meiner Armee«, sagte er stur.

»Und ich«, sagte Christopher, »bin ein Lieutenant Colonel der Armee seiner Britannischen Majestät, und deshalb werden Sie meine Befehle befolgen, oder es wird militärische Konsequenzen haben.«

Vicente gab klein bei, und Christopher, mit einer kleinen Verbeugung, überreichte Olivier seinen Säbel. »Vielleicht erweisen Sie mir die Ehre und warten im Haus?«, schlug er dem Franzosen vor, und nachdem ein sehr erleichterter Olivier im Haus verschwunden war, trat Christopher zum Rand der Treppenstufe und schaute über Sharpes Kopf hinweg zu der Staubwolke auf der fernen Hauptstraße.

Ein großer Reitertrupp näherte sich dem Dorf, und Christopher nahm an, dass es Hauptmann Argenton und seine Eskorte sein mussten. Seine Miene zeigte Besorgnis, und sein Blick zuckte zu Sharpe, dann wieder zurück zu der sich nähernden Kavallerie. Er durfte es nicht zulassen, dass sich die beiden trafen. »Sharpe«, sagte er, »Sie stehen wieder unter meinem Befehl.«

»Wenn Sie das sagen, Sir.« Sharpes Stimme klang widerwillig.

»Sie werden hierbleiben und meine Frau bewachen«, sagte Christopher. »Sind das Ihre Pferde?« Er wies auf das Dutzend Kavalleriepferde, das Sharpe in Barca d'Avintas erbeutet hatte. Die meisten der Pferde waren immer noch gesattelt. »Ich werde zwei davon nehmen.« Er lief in die Eingangshalle und winkte Olivier.

»Monsieur! Sie werden mich begleiten. Wir reiten sofort. Liebste«, er ergriff Kates Hand, »du wirst hierbleiben, bis ich zurückkehre. Ich werde nicht lange weg sein. Höchstens eine Stunde.« Er neigte sich hinab und küsste ihre Hand, dann eilte er nach draußen, schwang sich auf das erste gesattelte Pferd, sah zu, wie Olivier ebenfalls aufsaß, dann spornten beide Männer die Pferde an und ritten den Weg hinunter. »Sie werden hierbleiben, Sharpe!«, rief Christopher über die Schulter. »Genau hier! Das ist ein Befehl!«

Vicente beobachtete, wie Christopher und der Dragonerleutnant davonritten. »Warum hat er den Franzosen mitgenommen?«

»Das weiß der Himmel«, sagte Sharpe, und während Dodd und drei Schützen Hagman zum Stall brachten, stieg er auf die oberste Treppenstufe und nahm sein Fernrohr. Er richtete es auf den nahenden Reitertrupp und sah, dass es französische Dragoner waren. Hundert? Vielleicht mehr. Sharpe konnte die grünen Röcke mit den pinkfarbenen Aufschlägen, ihre Säbel und die braunen Stoffbezüge ihrer Helme sehen. Und dann zügelten sie ihre Pferde, als Christopher und Olivier aus Vila Real de Zedes auftauchten. Sharpe gab das Fernrohr Harper. »Was hat der Scheißer mit den Franzosen zu reden?«