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»Das werden sie nicht, Sir«, sagte Sharpe. Gestern, als Christopher ihm zum ersten Mal gesagt hatte, dass er und seine Männer im Landhaus bleiben müssten, hatte ihm der Colonel einen Brief von General Cradock gezeigt. Der Brief war so lange unterwegs gewesen, dass er ziemlich abgegriffen und zerknittert war, und die Tinte war verwaschen, aber er besagte eindeutig auf Englisch und Portugiesisch, dass Lieutenant Colonel James Christopher mit einer Sache von großer Wichtigkeit beauftragt war und jeder britische und portugiesische Offizier die Befehle des Colonels befolgen und ihm jede mögliche Unterstützung leisten musste. Der Brief machte klar - und nichts wies auf eine Fälschung hin -, dass sich Christopher in einer Position befand, Sharpe Befehle zu erteilen, und so klang er jetzt respektvoller als zuvor. »Sie werden den Portwein nicht anrühren, Sir«, sagte er.

»Gut, gut. Das war alles, Sharpe. Sie können wegtreten.«

»Sie reiten nach Süden, Sir?«, fragte Sharpe.

»Ich habe Ihnen doch gesagt, dass ich General Cradock besuchen werde.«

»Könnten Sie vielleicht einen Brief von mir an Captain Hogan mitnehmen, Sir?«

»Dann schreiben Sie ihn schnell, Sharpe. Ich muss mich mit dem Aufbruch beeilen.«

Sharpe schrieb den Brief schnell. Er schrieb nicht gern, denn er hatte nie richtig schreiben gelernt, jedenfalls nicht in einer Schule, und er wusste, dass seine Formulierungen so unbeholfen waren wie seine Handschrift, aber er teilte Hogan mit, dass er nördlich des Flusses gestrandet und ihm befohlen worden war, im Landhaus Quinta do Zedes zu bleiben. Und dass er, sobald er von diesem Befehl entbunden war, zum Dienst zurückkehren würde. Er nahm an, dass Christopher diesen Brief lesen würde, und so erwähnte er nichts von dem Colonel und übte keine Kritik an seinen Befehlen. Er gab den Brief Christopher, der Zivilkleidung trug und von dem Franzosen begleitet wurde, der ebenfalls keine Uniform trug. Sie ritten am Vormittag fort. Luis ritt mit ihnen.

Kate hatte ebenfalls einen Brief geschrieben. An ihre Mutter. Sie war an diesem Morgen blass gewesen und hatte anscheinend geweint, was Sharpe auf die bevorstehende Trennung von ihrem Ehemann zurückführte, doch in Wirklichkeit war Kate durcheinander, weil Christopher sie nicht mitnehmen wollte. Er hatte es brüsk abgelehnt. »Wo wir hinreisen, ist es extrem gefährlich. Durch die feindlichen Linien zu reiten kann tödlich sein, und solch einem Risiko kann ich dich nicht aussetzen.« Er hatte Kates Betrübnis gesehen und ihre Hände in seine genommen. »Glaubst du etwa, mir gefällt es, mich so bald von dir zu trennen? Verstehst du nicht, dass mich nur dienstliche Angelegenheiten von höchster Priorität von deiner Seite reißen können? Du musst mir vertrauen, Kate. Ich finde, Vertrauen ist in der Ehe sehr wichtig, meinst du nicht auch?«

Kate hatte versucht, nicht in Tränen auszubrechen, und ihm zugestimmt.

»Du wirst sicher sein«, hatte Christopher gesagt. »Sharpes Männer werden dich beschützen. Ich weiß, dass Sharpe ein unbeholfener Kerl ist, aber er ist ein englischer Offizier, und das bedeutet, dass er fast ein Gentleman ist. Und du hast eine große Dienerschaft, die dich beaufsichtigt.« Er runzelte die Stirn. »Hat Sharpe dich belästigt?«

»Nein«, sagte Kate. »Ich werde ihm einfach aus dem Weg gehen.«

»Ich glaube, darüber wird er sogar froh sein. Lady Grace hat ihn vielleicht ein bisschen gezähmt, aber er fühlt sich sichtlich unbehaglich unter zivilisierten Leuten. Ich bin überzeugt, dass du völlig sicher sein wirst, bis ich zurückkehre. Ich kann dir eine Pistole geben, wenn du dich dann sicherer fühlst.«

»Nein«, sagte Kate, denn sie wusste, dass es im Zimmer ihres verstorbenen Vaters eine Pistole gab, und sie bezweifelte, dass sie Sharpe abschrecken musste. »Wie lange wirst du fort sein?«, fragte sie.

»Eine Woche. Höchstens zehn Tage. Das kann man bei solchen Dingen nie ganz genau sagen, aber sei versichert, meine Liebste, dass ich zu dir eilen werde, sobald es mir möglich ist.«

Sie gab ihm den Brief für ihre Mutter. Der Brief, geschrieben beim Kerzenlicht kurz vor der Morgendämmerung, sagte Mrs Savage, dass ihre Tochter sie liebe und es ihr sehr leidtue, sie getäuscht zu haben, dass sie aber trotzdem mit einem wundervollen Mann verheiratet sei, den sie sicherlich gernhaben würde, als sei er ihr eigener Sohn. Kate versicherte ihrer Mutter, bald wieder bei ihr zu sein, wenn es ihr möglich sei.

Colonel James Christopher las den Brief seiner Frau, als er gen Oporto ritt. Dann las er Sharpes Brief.

»Etwas Wichtiges?«, fragte Hauptmann Argenton.

»Banalitäten, mein lieber Captain, nur Banalitäten«, sagte Christopher, und dann las er Sharpes Brief ein zweites Mal.

»Guter Gott, man erlaubt heutzutage halben Analphabeten, Offiziere des Königs zu sein«, sagte er schließlich seufzend, zerriss beide Briefe und ließ die Fetzen im kalten, nassen Wind davonfliegen, dass die weißen Schnipsel einen Moment wie Schneeflocken hinter seinem Pferd wirkten. »Stimmt meine Annahme, dass wir eine Genehmigung brauchen werden, um den Fluss zu überqueren?«

»Ich werde eine vom Hauptquartier erhalten«, sagte Argenton.

»Gut«, sagte Christopher. Gut, weil in seiner Satteltasche ein dritter Brief war, von dem Hauptmann Argenton nichts wusste. Diesen Brief hatte Christopher selbst in tadellosem, perfektem Französisch geschrieben, und er war an Brigadier General Henri Vuillard in Marschall Soults Hauptquartier adressiert, an den Mann, den Argenton und seine Mitverschwörer am meisten fürchteten. Christopher lächelte, erinnerte sich an die Freuden der vergangenen Nacht und erwartete noch größere Freuden, die kommen würden. Er konnte sich glücklich preisen.

KAPITEL 4

»Spinnweben«, flüsterte Hagman, »und Moos. Das wird helfen, Sir.«

»Spinnweben und Moos?«, fragte Sharpe.

»Ein Breiumschlag aus Spinnweben und Moos und ein wenig Essig. Das Ganze mit braunem Papier umwickelt und fest auf die Wunde gebunden.«

»Der Arzt hat gesagt, wir sollen nur den Verband feucht halten, Dan, nichts sonst.«

»Wir wissen es besser als der Arzt, Sir.« Hagmans krächzende Stimme war kaum hörbar. »Meine Mutter hat immer auf Spinnweben, Moos und Essig geschworen.« Er verfiel in Schweigen, und jeder seiner Atemzüge war wie ein pfeifendes Keuchen. »Und braunes Papier«, ächzte er nach einer Weile. »Und mein Vater, als er von einem Pförtner in Dunham on the Hill angeschossen wurde, wurde von Essig, Moos und Spinnweben geheilt. Sie war eine wunderbare Frau, meine Mutter.«

Sharpe, der neben dem Bett saß, fragte sich, ob er anders wäre, wenn er seine Mutter gekannt hätte, wenn er von einer Mutter aufgezogen worden wäre. Er dachte an Lady Grace, verstorben vor drei Jahren, und wie sie gesagt hatte, er sei voller Zorn, und er fragte sich, ob es das war, was Mütter tun - den Zorn wegnehmen. Dann verdrängte er die Gedanken an Grace - wie immer. Die Erinnerung war einfach zu schmerzlich. Er zwang sich zu einem Lächeln. »Sie haben im Schlaf über Amy gesprochen, Dan. Ist sie Ihre Frau?«

»Amy?« Hagman blinzelte überrascht. »Amy? Ich habe seit Jahren nicht mehr an Amy gedacht. Sie war die Tochter des Rektors, Sir, und sie hat Dinge getan, von der die Tochter eines Rektors eigentlich nichts wissen sollte.« Er lachte, und es musste ihn schmerzen, denn das Lächeln verschwand, und er stöhnte stattdessen, aber Sharpe nahm an, dass er jetzt eine Chance hatte. In den ersten beiden Tagen hatte er Fieber gehabt, doch der Schweiß war versiegt. »Wie lange bleiben wir hier, Sir?«

»Solange es sein muss, Dan, aber die Wahrheit ist, dass ich es nicht weiß. Der Colonel hat mir befohlen, zu bleiben, bis er etwas anderes befiehlt.« Sharpe war durch die Lektüre von General Cradocks Brief und noch mehr durch die Tatsache, dass Christopher den General besuchte, beruhigt worden. Offensichtlich war der Colonel in wichtigen, geheimen Dingen unterwegs. Jetzt fragte sich Sharpe, ob er Captain Hogans Worte, er solle Christopher im Auge behalten, falsch gedeutet hatte. Vielleicht wollte Hogan Christopher wegen seiner wichtigen Mission geschützt wissen. Was auch immer, jetzt hatte Sharpe seine Befehle, und es beruhigte ihn zu wissen, dass der Colonel die Befugnis hatte, sie zu erteilen. Trotzdem fühlte er sich irgendwie schuldig, dass er und seine Männer in der Quinta do Zedes faul herumliegen konnten, während irgendwo im Süden und Osten ein Krieg stattfand.