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Sharpe unterdrückte einen Fluch.

»Ich nehme die Liebe«, sagte Hagman. »Ziehen Sie bitte den Kragen etwas runter, Sir. Ja, so komme ich besser dran.« Er schnitt das schwarze Haar am Nacken kürzer. »Mister Savage scheint ein alter, langweiliger Mann gewesen zu sein, wenn er es war, der dem Haus den Namen gegeben hat.« Hagman begutachtete seine Arbeit an Sharpes Haar. »Warum hat der Captain uns eigentlich hiergelassen, Sir?«, fragte er dann.

»Wir sollen ein Auge auf Colonel Christopher halten«, sagte Sharpe.

»Kann Christopher nicht selbst auf sich aufpassen?« Hagman war der Älteste von Sharpes Schützen, ein Wilddieb aus Cheshire und ein tödlicher Schütze mit seinem Baker-Gewehr.

»Captain Hogan hat uns hiergelassen, Dan, weil der Captain denkt, der Colonel braucht uns.«

»Und der Captain ist ein guter Mann, Sir«, sagte Hagman. »Sie können sich jetzt entspannen, Sir, wir sind fast fertig.«

Aber warum hat Captain Hogan mich und meine Schützen wirklich hiergelassen?, überlegte Sharpe, während Hagman letzte Hand an sein Haar legte. Und hat in Hogans Befehl, ein Auge auf den Colonel zu halten, irgendeine besondere Bedeutung gelegen? Sharpe war dem Colonel nur einmal begegnet. Hogan hatte den Oberlauf des Flusses Cavado kartografiert, und der Colonel und seine Ordonnanz waren zu den Schützen geritten und hatten ein Biwak mit ihnen geteilt. Sharpe hatte keine Sympathie für Christopher empfunden, weil er hochnäsig gewesen war und geringschätzig über Hogans Arbeit gesprochen hatte.

»Sie kartografieren das Land, Hogan«, hatte der Colonel gesagt, »aber ich kartografiere den Geist der Leute. Der menschliche Geist ist eine sehr komplizierte Sache, nicht einfach wie Hügel und Flüsse und Brücken.«

Außer dieser Äußerung hatte er nichts über den Grund seiner Anwesenheit gesagt. Am nächsten Morgen war er einfach davongeritten. Er hatte gesagt, dass er in Oporto logiere, und folglich hatte er Mrs Savage und ihre Tochter hier kennengelernt. Sharpe fragte sich, weshalb Colonel Christopher die Witwe nicht überredet hatte, viel früher aus Oporto abzureisen.

»Fertig, Sir«, sagte Hagman. »Sie werden jetzt den Wind spüren wie ein frisch geschorenes Schaf.«

»Sie sollten sich das eigene Haar schneiden lassen, Dan«, sagte Sharpe.

»Das schwächt einen irgendwie furchtbar.« Hagman runzelte die Stirn, als zwei Kanonenkugeln vom Hügelhang auf die Straße prallten und eine davon einem portugiesischen Kanonier ein Bein abriss. Sharpes Männer beobachteten mit ausdruckslosen Mienen, wie die Kanonenkugel weiterrollte und Blut verspritzte wie ein Feuerrad, bis sie schließlich von einer Gartenmauer jenseits der Straße aufgehalten wurde.

Hagman lachte. »Komisch, ein Mädchen ›Einsicht‹ zu nennen. Das ist ein Fantasiename. Es ist nicht nett, ein Mädchen Einsicht zu nennen.«

»Es steht in dem Buch, Dan«, sagte Sharpe. »Bestimmt hat sich der Schriftsteller etwas dabei gedacht.« Er stieg auf die Veranda und wollte die Haustür aufziehen, doch sie war verschlossen. Wo, zur Hölle, war Colonel Christopher?

Weitere Portugiesen zogen sich vom Hang zurück, und diese Männer waren so in Angst und Schrecken versetzt, dass sie beim Anblick der britischen Soldaten nicht anhielten, sondern einfach weiterrannten. Die portugiesische Kanone wurde auf ihre Lafette geladen, und Musketenkugeln peitschten gegen die Zedern und knallten gegen die Ziegel und Fensterläden des Hauses Beautiful. Sharpe hämmerte gegen die verschlossene Tür, erhielt jedoch keine Antwort.

»Sir?«, rief Sergeant Patrick Harper und wies zur Seite des Hauses.

Sharpe trat von der Tür fort und sah Lieutenant Colonel Christopher vom Stall heranreiten. Der Colonel, der mit Säbel und Pistole bewaffnet war, pulte mit einem Zahnstocher im Mund herum, was er häufig tat, denn er war stolz auf seine makellosen Zähne, wenn er strahlend lächelte. Er wurde von seinem portugiesischen Diener begleitet, der auf dem Ersatzpferd seines Herrn saß und einen großen Koffer im Arm hielt, der so mit Spitze, Seide und Satin vollgestopft war, dass er nicht geschlossen werden konnte.

Colonel Christopher zügelte sein Pferd, nahm den Zahnstocher aus dem Mund und starrte Sharpe erstaunt an. »Was, um Himmels willen, tun Sie hier, Lieutenant?«

»Ich habe den Befehl, bei Ihnen zu bleiben, Sir«, antwortete Sharpe. Er blickte wieder zum Koffer. Hatte Christopher im Haus Beautiful geplündert?

Der Colonel sah, wohin Sharpe schaute, und fuhr seinen Diener an: »Schließen Sie den Koffer, verdammt!« Obwohl der Diener gutes Englisch sprach, benutzte Christopher Portugiesisch, dann blickte er wieder zu Sharpe. »Captain Hogan hat Ihnen befohlen, bei mir zu bleiben? Ist das korrekt?«

»Jawohl, Sir.«

»Und wie, zum Teufel, soll das gehen? Ich habe ein Pferd, Sharpe, und Sie haben keins. Wollen Sie und Ihre Männer vielleicht abhauen?«

»Captain Hogan hat mir einen Befehl erteilt, Sir«, antwortete Sharpe stur. Er hatte als Sergeant gelernt, mit schwierigen Offizieren zurechtzukommen: wenig sagen, es tonlos sagen und, wenn nötig, alles wiederholen.

»Welchen Befehl haben Sie?«, fragte Christopher geduldig.

»Bei Ihnen bleiben, Sir. Ihnen helfen, Miss Savage zu finden.«

Colonel Christopher seufzte. Er war ein schwarzhaariger Mittvierziger, der immer noch gut aussah und nur ein wenig an den Schläfen ergraut war. Er trug eine schwarze Reithose und einen roten Rock mit schwarzen Aufschlägen. Diese schwarzen Aufschläge hatten Sharpe bei seinem ersten Treffen mit dem Colonel veranlasst, ihn zu fragen, ob er im »Schmutzigen Halben Hundert«, dem 50. Regiment, gedient hatte, aber der Colonel hatte die Frage als Anmaßung betrachtet.

»Sie brauchen nur zu wissen, Lieutenant, dass ich in General Cradocks Stab diene. Sie haben doch wohl von dem General gehört?«

Cradock hatte das Kommando über die britischen Kräfte im südlichen Portugal, und wenn Soult weitermarschierte, dann musste Cradock ihm entgegentreten.

Sharpe hatte nach Christophers Antwort geschwiegen, doch Captain Hogan hatte später gesagt, dass der Colonel vermutlich ein »politischer« Soldat sei, was bedeutete, dass er überhaupt kein Soldat war, sondern jemand, der das Leben angenehmer empfand, wenn er Uniform trug. »Ich bezweifle nicht, dass er einst ein Soldat war«, hatte Hogan gesagt, »aber jetzt? Ich nehme an, Cradock hat ihn von Whitehall bekommen.«

»Whitehall? Von den Horse Guards - der Gardekavalleriebrigade?«

»Du liebe Zeit, nein«, hatte Hogan gesagt. Die Horse Guards waren das Hauptquartier der Armee, und es war klar, dass seiner Meinung nach Christopher von etwas Böserem, Unheilvollen kommen musste. »Ich glaube, auf der Welt herrscht Irrsinn, Richard«, hatte Hogan gesagt, »und das Außenministerium glaubt, wir Soldaten sind schwerfällig und ungeschickt, deshalb haben sie gern ihre eigenen Leute vor Ort, um Fehler auszubügeln. Und, natürlich, um etwas herauszufinden.« Das war es, was Lieutenant Colonel Christopher anscheinend tat: Dinge herausfinden. »Er sagt, er kartografiert ihren Geist«, hatte Hogan nachdenklich gesagt, »und ich glaube, er meint damit, ob Portugal es wert ist, verteidigt zu werden. Ob die Briten kämpfen sollen. Und wenn er es weiß, wird er es dem Außenministerium sagen, bevor er mit General Cradock spricht.«

»Natürlich ist Portugal es wert, verteidigt zu werden«, hatte Sharpe sich ereifert.

»Ist es das wirklich? Wenn Sie genau hinsehen, Richard, könnte Ihnen auffallen, dass das Land vor dem Zusammenbruch steht.« In Hogans Worten war eine beklagenswerte Wahrheit. Die königliche Familie Portugals war nach Brasilien geflüchtet und hatte das Land führerlos zurückgelassen, und nach ihrer Abreise hatte es in Lissabon Straßenkämpfe und Unruhen gegeben. Viele von Portugals Adligen waren jetzt mehr damit beschäftigt, sich selbst zu schützen, als ihr Land gegen die Franzosen zu verteidigen. Dutzende Offiziere der Armee waren bereits desertiert, hatten sich der Portugiesischen Legion angeschlossen, die für den Feind kämpfte. Die verbliebenen Offiziere waren wenig ausgebildet, und ihre Männer waren ein Pöbelhaufen, der mit veralteten Waffen ausgerüstet war, wenn sie überhaupt welche besaßen.