»Gute Fragen«, sagte Sharpe trocken.
Lopes blickte wieder zum Haus. »Überall sonst in Portugal, wo die Franzosen ihren Mist hinterlassen haben, waren Orte wie dieser zerstört. Sie haben die Gemälde geklaut, die Möbel zerschlagen und die Weinkeller leer gesoffen. Doch der Krieg ist nicht zu diesem Haus gekommen.« Er drehte sich und starrte den Zufahrtsweg hinab, wo zwanzig oder dreißig Mann aufgetaucht waren. »Meine Schüler«, erklärte er. »Sie brauchen eine Rast.«
Die »Schüler« waren seine Männer, die Partisanen-Bande, mit der Lopes die französischen Kolonnen aus dem Hinterhalt überfallen hatte, die Munition zu den Kanonieren brachten, die gegen die Portugiesen kämpften, die immer noch die Brücke von Amarante hielten. Der Schullehrer hatte einige gute Männer in den Kämpfen verloren und gab zu, dass ihn seine frühen Erfolge zu selbstsicher gemacht hatten, sodass französische Dragoner vor zwei Tagen seine Männer in offenem Terrain überrascht hatten.
»Ich hasse diese grünen Bastarde«, grollte Lopes, »hasse sie und ihre großen Schwerter.« Fast die Hälfte seiner Männer war getötet worden. Der Rest hatte Glück gehabt und war entkommen. »So habe ich sie hergebracht«, sagte Lopes, »damit sie sich erholen, und weil die Quinta do Zedes anscheinend ein sicherer Hafen ist.«
Kate rebellierte, als sie hörte, dass Lopes und seine Männer im Haus bleiben wollten. »Sagen Sie ihm, er soll seine Männer ins Dorf bringen«, bat sie Sharpe.
Lopes lachte. »Ihr Vater war ebenfalls ein großkotziger Bastard«, sagte er.
»Sie kannten ihn?«
»Ja, ich kannte ihn. Er machte Portwein, trank ihn jedoch nicht wegen seines blöden Glaubens, und er nahm den Hut nicht ab, wenn die Sakramente vorbeigetragen wurden. Was ist das nur für ein Mann? Selbst ein Spanier ehrt die heiligen Sakramente.« Lopes zuckte mit den Schultern. »Meine Männer werden im Dorf glücklich sein. Wir werden ohnehin nur so lange bleiben, bis die schlimmsten Wunden verheilt sind. Dann werden wir wieder kämpfen.«
»Wir auch.«
»Sie?« Der Schullehrer war belustigt. »Sie haben doch bis jetzt nicht gekämpft.«
»Colonel Christopher hat mir befohlen, hierzubleiben.«
»Colonel Christopher?«
»Dies ist das Haus seiner Frau«, sagte Sharpe.
»Ich wusste nicht, dass er verheiratet ist.«
»Sie kennen ihn?«
»Er besuchte mich in Braganza. Zu diesem Zeitpunkt besaß ich noch die Schule und hatte den Ruf eines Mannes mit Einfluss. Bei seinem Besuch wollte er wissen, was die Leute davon halten, gegen die Franzosen zu kämpfen. Ich sagte ihm, dass die Leute die Franzosen lieber in ihrer eigenen Pisse ersäufen würden, aber wenn das nicht geht, würden sie stattdessen kämpfen. Also tun wir das.« Lopes legte eine Pause ein. »Ich hörte auch, dass der Colonel jedem Geld gibt, der bereit ist, gegen die Franzosen zu kämpfen, doch wir haben nie welches gesehen.« Er blickte wieder zum Haus. »Und die Quinta gehört seiner Frau? Und für die Franzosen ist dieses Haus tabu?«
»Colonel Christopher«, sagte Sharpe, »spricht mit den Franzosen, und im Augenblick ist er südlich des Douro und hat einen Franzosen mitgenommen, um mit dem britischen General zu sprechen.«
Lopes starrte Sharpe einen Moment an. »Warum würde ein französischer Offizier mit einem Briten sprechen?«, fragte er, wartete auf Sharpes Antwort und gab sie sich selbst, als der Schütze schwieg. »Nur aus einem Grund: um Frieden zu schließen. Britannien wird sich davonmachen und uns leiden lassen.«
»Ich weiß es nicht«, sagte Sharpe.
»Wir werden sie schlagen, mit euch oder ohne euch«, sagte Lopes ärgerlich und schritt hinunter zum Zufahrtsweg. Er befahl seinen Männern, ihm sein Pferd zu bringen, das Gepäck aufzunehmen und ihm ins Dorf zu folgen.
Nach dem Gespräch mit Lopes fühlte sich Sharpe noch schuldiger. Andere Männer kämpften, während er und seine Männer herumgammelten.
An diesem Abend, nach dem Abendessen, bat er Kate um ein Gespräch. Es war spät, und Kate hatte die Diener in die Küche zurückgeschickt. Sharpe wartete darauf, dass sie die Köchin zurückrief, damit sie als Anstandsdame fungierte, doch stattdessen führte sie ihn in den Salon. Es war dunkel, denn keine Kerzen waren angezündet. Kate ging zu einem der Fenster und zog den Vorhang zurück, um den blassen Mondschein hereinzulassen. Silbernes Licht fiel auf die Glyzinen. Die Stiefelschritte eines Postens knirschten auf dem Zufahrtsweg.
»Ich weiß, was Sie mir sagen werden«, sagte Kate. »Sie halten es für an der Zeit, zu gehen.«
»Ja«, sagte Sharpe, »und ich meine, Sie sollten mit uns kommen.«
»Ich muss auf James warten«, sagte Kate. Sie ging zu einem Anrichtetisch und schenkte im Schein des Mondes Portwein in ein Glas. »Für Sie«, sagte sie.
»Was hat der Colonel gesagt, wie lange er wegbleiben würde?«, fragte Sharpe.
»Eine Woche, höchstens zehn Tage.«
»Er ist jetzt über zwei Wochen weg, fast drei«, sagte Sharpe.
»Er hat Ihnen befohlen, hierzubleiben und auf seine Rückkehr zu warten.«
»Nicht bis in alle Ewigkeit«, erwiderte Sharpe. Er ging zum Anrichtetisch und nahm den Portwein, den besten der Savages.
»Sie können mich nicht hier zurücklassen«, sagte Kate.
»Das habe ich auch nicht vor.« Der Mondschein zauberte Schatten auf ihr schönes Gesicht und glänzte in ihren Augen. Er verspürte Eifersucht auf Colonel Christopher. »Ich finde, Sie sollten mitkommen.«
»Nein«, sagte Kate mit einer Spur Gereiztheit und sah ihn bittend an. »Sie können mich nicht hier allein lassen!«
»Ich bin Soldat«, sagte Sharpe, »und ich habe lange genug gewartet. Es soll in diesem Land ein Krieg im Gange sein, und ich sitze hier nur herum wie ein Tagedieb.«
Kate hatte auf einmal Tränen in den Augen. »Was mag ihm passiert sein?«
»Vielleicht hat er neue Befehle in Lissabon erhalten.«
»Warum schreibt er dann nicht?«
»Weil wir jetzt in feindlichem Gebiet sind, Ma'am«, sagte Sharpe, »und er vielleicht keine Botschaft zu uns schicken kann.« Das ist unwahrscheinlich, dachte Sharpe, denn Christopher hat anscheinend viele Freunde unter den Franzosen. Vielleicht war der Colonel in Lissabon gefangen genommen worden. Oder er war möglicherweise von Partisanen getötet worden. »Vermutlich wartet er darauf, dass Sie ihm nach Süden folgen«, sagte er, anstatt seine Gedanken auszusprechen.
»Dann würde er eine Botschaft schicken«, wandte Kate ein. »Sicherlich ist er auf dem Rückweg.«
»Sind Sie sich dessen sicher?«
Sie setzte sich auf einen Stuhl beim Fenster und starrte hinaus. »Er muss zurückkommen«, sagte sie leise, und ihr Tonfall verriet, dass sie in Wirklichkeit die Hoffnung schon aufgegeben hatte.
»Wenn Sie glauben, dass er zurückkommt, dann müssen Sie auf ihn warten«, sagte er. »Aber ich marschiere mit meinen Männern nach Süden. Wir marschieren in der Dunkelheit südwärts bis zum Fluss und suchen an seinem Ufer nach einem Boot, ganz gleich, welches. Sogar ein Baumstamm würde reichen, alles, was schwimmen und meine Männer über den Douro tragen kann.«
»Wissen Sie, weshalb ich ihn geheiratet habe?«, fragte Kate plötzlich.
Sharpe war so erstaunt von der Frage, dass er keine Antwort gab. Er starrte sie nur an.
»Ich habe ihn geheiratet«, sagte Kate, »weil das Leben in Oporto so langweilig ist. Meine Mutter und ich leben in dem großen Haus auf dem Hügel, und die Anwälte sagen uns, was in den Weingärten und dem Sommerhaus geschieht. Die anderen Damen kommen zum Tee, und an den Sonntagen gehen wir in die englische Kirche, das ist alles, was jemals geschieht.«
Sharpe hatte immer noch nichts gesagt. Er war verlegen.
»Sie denken, er hat mich wegen des Geldes geheiratet, nicht wahr?«, fragte Kate.
»Meinen Sie das nicht auch?«
Sie starrte ihn schweigend an, und er glaubte fast, dass sie ärgerlich war, doch stattdessen schüttelte sie den Kopf und seufzte. »Das wage ich nicht zu glauben«, sagte sie. »Obwohl ich glaube, dass die Ehe ein Spiel ist, bei dem wir nicht wissen, was daraus wird, aber wir hoffen einfach. Wir heiraten hoffend, Mister Sharpe, und manchmal haben wir Glück. Finden Sie das nicht auch?«