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»Und General Wellesley ist nicht dort?«, fragte Sharpe.

»Nein, das ist er nicht«, sagte Christopher, »aber General Cradock hat das Kommando, und er stimmt mit meiner Entscheidung überein, dass Sie hierbleiben.« Der Colonel sah Sharpes finstere Miene, öffnete einen Beutel an seinem Gurt und entnahm ihm ein Schriftstück, das er Sharpe überreichte. »Da, Lieutenant, falls Sie Zweifel haben.«

Sharpe entfaltete das Papier, das sich als ein Befehl von General Cradock erwies und an Lieutenant Sharpe adressiert war und ihn Colonel Christophers Kommando unterstellte. Christopher hatte Cradock den Befehl praktisch abgeluchst, denn der General hatte geglaubt, dass der Colonel Schutz brauchte, doch in Wirklichkeit amüsierte es Christopher, Sharpe unter seinem Kommando zu haben. Der Befehl endete mit den Worten »pro tem«, womit Sharpe nichts anfangen konnte. »Pro tem, Sir?«

»Sie haben nie Latein gelernt, Sharpe?«

»Nein, Sir.«

»Guter Gott, wo sind Sie zur Schule gegangen? Es bedeutet ›bis auf Weiteres‹. Bis ich Sie nicht mehr brauche. Stimmen Sie zu, dass Sie jetzt unter meinem Befehl stehen?«

»Selbstverständlich, Sir.«

»Behalten Sie das Papier, Sharpe«, sagte Christopher gereizt, als Sharpe es ihm zurückgeben wollte. »Es ist an Sie adressiert, und wenn Sie es dann und wann lesen, wird es Sie an Ihre Pflicht erinnern. Was zum Beispiel heißt, meine Befehle zu befolgen und hierzubleiben. Wenn es einen Waffenstillstand gibt, dann wird es unserer Verhandlungsposition nicht schaden, wenn wir Soldaten nördlich des Douro stationieren, also bleiben Sie vorerst hier und halten Sie sich bedeckt. Und jetzt entschuldigen Sie mich, Gentlemen, ich möchte etwas Zeit mit meiner Frau verbringen.«

Vicente verneigte sich wieder und ging, doch Sharpe regte sich nicht. »Werden Sie hier bei uns bleiben, Sir?«

»Nein.« Bei der Frage fühlte sich Christopher sichtlich unbehaglich, aber er zwang sich zu einem Lächeln. Er wandte sich Kate zu. »Du und ich, meine Liebste, wir werden zum Haus Beautiful zurückkehren.«

»Sie gehen nach Oporto?« Sharpe war erstaunt.

»Ich habe Ihnen gesagt, Sharpe, dass sich die Dinge verändern. Es gibt mehr Dinge zwischen Himmel und Erde, als Sie sich vorstellen können. Also, gute Nacht, Lieutenant.«

Sharpe verließ das Haus und ging zum Zufahrtsweg, wo Vicente an der niedrigen Mauer mit Blick auf das Tal stand. Der portugiesische Leutnant starrte zum fast dunklen Himmel empor, der von den ersten Sternen gesprenkelt war. Er bot Sharpe eine Zigarre an und gab ihm dann mit seiner eigenen Feuer.

»Ich habe mit Luis gesprochen«, sagte er.

»Und?« Sharpe rauchte selten, und der scharfe Rauch ließ ihn husten.

»Christopher ist fünf Tage nördlich des Douro gewesen. Er war in Oporto und hat mit den Franzosen gesprochen.«

»Aber er ritt auch nach Süden?«

Vicente nickte. »Sie ritten nach Coimbra, trafen General Cradock und kehrten dann um. Hauptmann Argenton kehrte mit ihm nach Oporto zurück.«

»Was, zum Teufel, geht da vor?«

Vicente blies Rauch zum Mond. »Vielleicht schließen sie Frieden. Luis weiß nicht, worüber sie gesprochen haben.«

Vielleicht war es um Frieden gegangen. Nach den Schlachten bei Rolica und Vimeiro und nachdem die besiegten Franzosen britische Schiffe erbeutet hatten, war ein solcher Vertrag geschlossen worden. War nun ein neuer Vertrag ausgehandelt worden? Sharpe wusste jetzt jedenfalls mit Sicherheit, dass Christopher Cradock gesehen hatte, und jetzt hatte er definitiv Befehle, die ihm viel von seiner Unsicherheit nahmen.

Der Colonel brach kurz nach Sonnenaufgang auf. In der Morgendämmerung hatte irgendwo im Norden Musketenfeuer gekracht, und Christopher hatte sich zu Sharpe auf den Zufahrtsweg gesellt und in den Nebel des Tals gestarrt. Sharpe konnte mit seinem Fernrohr nichts erkennen, aber Christopher war beeindruckt von dem Glas. »Wer ist AW?«, fragte er, als er die Inschrift gelesen hatte.

»Jemand, den ich gekannt hatte, Sir.«

»Doch nicht Arthur Wellesley?« Christopher klang belustigt.

»Nur jemand, den ich kannte«, wiederholte Sharpe stur.

»Der Typ muss Sie gemocht haben«, sagte Christopher, »weil es ein verdammt großzügiges Geschenk ist. Haben Sie was dagegen, wenn ich es auf das Dach mitnehme? Von dort könnte ich mehr sehen. Mein eigenes Fernrohr ist ein höllisch kleines Ding.«

Sharpe verlieh das Fernrohr nur ungern, doch Christopher gab ihm keine Möglichkeit, es ihm zu verweigern, sondern ging einfach damit weg. Der Colonel sah offensichtlich nichts, was ihn beunruhigte, und so befahl er Luis, die Kutsche abfahrbereit zu machen und die übrigen Kavalleriepferde, die Sharpe in Barca d'Avintas erbeutet hatte, zu sammeln. »Sie sollten nicht mit der Versorgung von Pferden belastet sein, Sharpe«, sagte er, »so werde ich sie Ihnen abnehmen. Sagen Sie mir, was werden Ihre Männer während des Tages tun?«

»Es gibt nicht viel zu tun«, sagte Sharpe. »Wir trainieren Vicentes Männer.«

»Haben sie es nötig?«

»Sie könnten schneller mit ihren Musketen sein, Sir.«

Christopher holte eine Tasse Kaffee aus dem Haus und blies darauf, um ihn abzukühlen. »Wenn Frieden ist«, sagte Christopher, »können sie wieder Flickschuster sein oder was auch immer sie vor ihrer Soldatenzeit waren, und brauchen nicht in schlecht passenden Uniformen herumlaufen.« Er nippte an seinem Kaffee. »Da wir gerade davon sprechen, Sharpe, es ist an der Zeit, dass auch Sie eine neue Uniform bekommen.«

»Ich werde mit meinem Schneider sprechen«, sagte Sharpe, und dann, bevor Christopher auf seinen spöttischen Tonfall reagieren konnte, stellte er eine ernsthafte Frage. »Meinen Sie, dass es Frieden geben wird, Sir?«

»Einige Franzosen denken, dass Bonaparte mehr abgebissen hat, als er schlucken kann«, sagte Christopher leichthin, »und Spanien ist gewiss ein wenig unverdaulich.«

»Portugal nicht?«

»Portugal ist ein Schlamassel«, sagte Christopher abfällig, »aber Frankreich kann Portugal nicht halten, wenn es Spanien verliert.« Er drehte sich um und beobachtete, wie Luis den Einspänner aus dem Stall führte. »Ich glaube, es liegt die Aussicht auf einen radikalen Wechsel in der Luft«, sagte er. »Und Sie, Sharpe, werden das nicht gefährden. Halten Sie hier eine Woche oder so durch, und ich werde Ihnen mitteilen, wann Sie Ihre Männer nach Süden führen können. Mit etwas Glück werden Sie im Juni daheim sein.«

»Sie meinen zurück bei der Armee?«

»Mit daheim meine ich natürlich England«, sagte Christopher, »Richtiges Ale, Sharpe, Kricket auf dem Artillery Ground, Kirchenglocken, fette Schafe, fromme Pfaffen und sündige Weiber. England eben. Etwas, auf das man sich freuen kann, nicht wahr, Sharpe?«

»Jawohl, Sir«, sagte Sharpe und fragte sich, warum er Christopher am meisten misstraute, wenn der Colonel versuchte, nett zu sein.

»Und es hat ohnehin keinen Sinn, zu versuchen, von hier wegzukommen«, sagte Christopher, »denn die Franzosen haben alle Brücken über den Douro in weitem Umkreis verbrannt, also halten Sie Ihre Jungs aus Schwierigkeiten heraus, und wir werden uns in ein, zwei Wochen wiedersehen ...«, Christopher schüttete den Rest seines Kaffees weg, »... und wenn ich nicht kommen kann, schicke ich eine Botschaft. Ihr Fernrohr habe ich übrigens auf dem Tisch in der Halle abgelegt. Sie haben einen Schlüssel zum Haus, nicht wahr? Halten Sie Ihre Männer aus dem Haus raus, die können ja ins Dorf gehen. Machen Sie's gut, Sharpe.«

»Und Sie auch«, sagte Sharpe. Nachdem er dem Colonel zum Abschied die Hand gegeben hatte, wischte er seine eigene an der Hose ab. Luis schloss das Haus ab, Kate lächelte Sharpe scheu zu, und der Colonel nahm die Zügel des Einspänners. Luis trieb die Dragonerpferde zusammen und folgte dann damit dem Einspänner auf dem Weg nach Vila Real de Zedes.

Harper schlenderte zu Sharpe.

»Wir müssen hierbleiben, während sie Frieden schließen?« Der Ire hatte offenbar gelauscht.