Выбрать главу

Sharpe, noch geblendet vom Mündungsblitz der Haubitze, nahm trotzdem die Mannschaft wahr, die das Geschütz wieder in die richtige Position rollte, und er feuerte auf die dunkle Masse der Kanoniere. Einer stürzte getroffen. Pendleton schoss. Zwei weitere Schüsse fielen von rechts, und die Grasfeuer verbreiteten sich, und dann erkannte die Infanterie schließlich, dass die Flammen die Kanoniere erhellten und sie zu Zielscheiben machten. Sie traten die kleinen Feuer aus, doch zuvor hatte Pendleton sein zweites Gewehr abgefeuert, und Sharpe sah einen weiteren Kanonier zu Boden gehen. Ein letzter Schuss krachte von Harris oder Tongue, bevor die Flammen schließlich gelöscht waren.

Sharpe und Pendleton zogen sich fünfzig Yards zurück, bevor sie nachluden. »Diesmal haben wir ihnen zugesetzt«, sagte Sharpe. Kleine Trupps von Franzosen machten sich mit Rufen selber Mut und suchten auf dem Hang wieder nach den Schützen im Hinterhalt, doch wiederum vergebens.

Sharpe blieb noch eine weitere halbe Stunde, feuerte noch viermal, dann ging es zurück zur Hügelkuppe. Es war ein Ausflug im Dunkeln, der fast zwei Stunden dauerte, obwohl der Rückweg leichter war als der Hinweg, denn es gab jetzt gerade genug Licht, sodass die Umrisse des Hügels und die Ruine des Wachturms zu erkennen waren.

Tongue und Harris folgten eine Stunde später. Nachdem sie dem Posten das Passwort zugezischt hatten, huschten sie aufgeregt in die Festung und brüsteten sich mit ihrer Großtat.

Die Haubitze feuerte noch zweimal während der Nacht. Beim ersten Mal schossen die Franzosen mit Kartätschenfeuer auf den unteren Hang, und beim zweiten Mal krachte eine Granate östlich des Wachturms.

Keiner fand viel Schlaf, aber Sharpe wäre auch überrascht gewesen, wenn jemand nach dem Martyrium dieser Nacht gut geschlafen hätte.

Kurz vor dem Sonnenaufgang, als der östliche Horizont rötlich glühte, machte Sharpe eine Runde, um festzustellen, ob jeder wach war. Harper lag neben einem Feuer am Wall neben dem Wachturm. Sharpe hatte jedes Feuer während der Nacht verboten, weil der Lichtschein den französischen Kanonieren einen ausgezeichneten Zielpunkt geboten hätte, aber jetzt mit beginnendem Tageslicht konnten sie ungefährdet Tee kochen.

»Wir könnten hier für immer bleiben«, hatte Harper gesagt, »solange wir uns etwas Tee machen können, Sir. Aber wenn uns der Tee ausgeht, müssen wir kapitulieren.«

Der graue Streifen am Himmel im Osten verbreiterte sich. Vicente neben Sharpe fröstelte, denn die Nacht war überraschend kalt gewesen. »Meinen Sie wirklich, sie kommen?«, fragte er.

»Ja, sie werden kommen«, sagte Sharpe überzeugt. Er wusste, dass der Munitionsvorrat für die Haubitze nicht grenzenlos war, und es konnte nur einen Grund geben, während der Nacht zu schießen: die Nerven des Feindes zu zermürben, damit sie bei einem morgendlichen Angriff leichte Opfer wurden.

Und das bedeutete, dass die Franzosen in der Morgendämmerung angreifen würden.

Und das Licht nahm zu, schwach und grau und blass wie der Tod, und die Ränder der höchsten Wolken waren bereits golden gefärbt, das Grau wurde weiß, die Goldfarbe rot.

Und dann begann das Töten.

»Sir, Mister Sharpe!«

»Ich sehe sie!« Dunkle Umrisse verschmolzen mit den Schatten des nördlichen Hangs. Es war französische Infanterie, oder vielleicht waren es auch abgesessene Dragoner, die kamen, um anzugreifen. »Schützen, Gewehre vorbereiten!« Es klickte, als Baker-Gewehre gespannt wurden. »Ihre Männer feuern nicht, verstanden?«, sagte Sharpe zu Vicente.

»Selbstverständlich nicht«, sagte Vicente. Die Musketen würden auf mehr als sechzig Schritte völlig wirkungslos sein, und so würde Sharpe die portugiesische Salve als letzte Verteidigung einsetzen und erst den Vorteil der Gewehre seiner Schützen nutzen. Vicente wippte mit seinen Füßen auf und ab und verriet, wie nervös er war. Er fingerte an seinem Schnurrbart herum und leckte sich über die Lippen. »Wir warten, bis sie diesen weißen Felsen erreichen, ja?«

»Ja«, sagte Sharpe, »und warum rasieren Sie sich nicht diesen Schnurrbart ab?«

Vicente starrte ihn an. Er glaubte, sich verhört zu haben. »Was ist mit meinem Schnurrbart?«

»Rasieren Sie ihn ab«, sagte Sharpe. »Sie würden damit jünger aussehen. Weniger wie ein Anwalt. Luis würde das für Sie tun.« Er hatte damit Vicente von seinen Sorgen abgelenkt. Jetzt blickte er nach Osten, wo Nebel über dem Boden hing. Keine Bedrohung von dort, nahm er an, und er hatte vieren seiner Schützen befohlen, den südlichen Pfad zu beobachten, nur vieren, denn er war überzeugt, dass die Franzosen ihre Soldaten auf eine Seite des Hügels konzentrierten, und wenn er dessen absolut sicher war, würde er diese vier wieder über die nördliche Seite zurückholen und den südlichen Pfad von ein paar von Vicentes Männern bewachen lassen. »Seid bereit, Jungs!«, rief er. »Aber feuert nicht zu hoch!«

Sharpe wusste es nicht, aber die Franzosen hatten sich verspätet. Dulong hatte seine Männer zum Gipfel führen wollen, bevor der Horizont grau wurde, aber es hatte länger gedauert als erwartet, den dunklen Hang zu ersteigen, und außerdem waren seine Männer müde nach einer Nacht, in der sie Phantome gejagt hatten. Die Phantome waren jedoch real gewesen, und einer davon hatte einen ihrer Kanoniere getötet, und drei weitere waren verwundet worden und hatten den Rest der Artilleriemannschaft in Furcht versetzt. Dulong, der seinen Männern befohlen hatte, keine Gefangenen zu machen, empfand Respekt vor dem Feind.

Und dann begann das Massaker.

Die Franzosen hatten Musketen und die Briten Gewehre, und die Franzosen mussten sich über den schmalen Kamm nähern, der zum Gipfelplateau anstieg, und wenn sie erst auf dem Kamm waren, dann waren sie unfehlbare Zielscheiben für die Gewehrschützen. In den ersten Sekunden fielen sechs von Dulongs Männern, und seine Reaktion bestand darin, die anderen weiterzuführen, um die Festung mit seiner Überzahl an Soldaten zu überwältigen, doch mehr Gewehre krachten, mehr Kugeln trafen, und Dulong begriff, wovon er zuvor nur gelesen hatte: die Bedrohung durch ein Gewehr.

Auf eine Reichweite, bei der eine volle Bataillonssalve kaum einen einzelnen Mann töten konnte, waren die Gewehre tödlich. Da war ein kaum wahrnehmbares Schrillen in ihrer peitschenartigen Bedrohung, und ein von einer Gewehrkugel getroffener Mann wurde heftiger zurückgeworfen als von einer Musketenkugel.

Dulong konnte jetzt die Schützen sehen, denn sie standen in ihren felsigen Schützengräben, um ihre verdammten Waffen zu laden, wobei sie die Bedrohung der Haubitze, die sporadisch Granaten im Bogen über die Köpfe der französischen Infanterie hinweg zum Explodieren auf dem Gipfel schickte, ignorierten. Dulong brüllte seine Männer an, auf den Feind zu feuern, doch die Musketenschüsse klangen schwach, und die Kugeln gingen daneben. Die Gewehrkugeln trafen immer noch, und Dulongs Männer kletterten nur widerwillig weiter. Dulong, der wusste, dass er seinen Männern ein Vorbild sein musste, nahm an, dass ein glücklicher Mann vielleicht das Gewehrfeuer überleben und die Schanzen erreichen konnte, und so entschloss er sich, ein Exempel zu statuieren. Er befahl seinen Männern, ihm zu folgen, zog seinen Säbel und griff an.

»Für Frankreich«, schrie er, »für den Kaiser!«

»Feuer einstellen!«, rief Sharpe.

Kein Mann war Dulong gefolgt, kein einziger. Er stürmte allein voran, und Sharpe erkannte die Tapferkeit des Franzosen. Um seine Anerkennung zu zeigen, trat er vor und hob sein Schwert in einem förmlichen Gruß.

Dulong sah den Gruß, blickte sich nach seinen Männern um und erkannte, dass er allein war. Er blickte wieder Sharpe an, dann stieß er seinen Säbel mit einer heftigen Geste in die Scheide zurück und zeigte seine Abscheu, die er empfand, weil seine Männer nicht bereit waren, für den Kaiser zu sterben. Er nickte Sharpe zu und ging davon.