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Zwanzig Minuten später war der Rest der Franzosen vom Hügel verschwunden. Vicentes Männer formierten sich auf der Terrasse vor dem Wachturm, um eine Salve zu feuern, die völlig unnötig war, und zwei von ihnen wurden durch ein Haubitzengeschoss getötet. Ein Splitter traf Gataker ins Bein, riss eine tiefe Wunde in seinen Oberschenkel, traf jedoch nicht den Knochen.

Sharpe hatte gar nicht mitbekommen, dass die Haubitze abgefeuert worden war, doch jetzt hörte der Beschuss auf. Die Sonne war voll aufgegangen, und die Täler waren von Licht überflutet. Sergeant Harper, dessen Gewehrlauf noch heiß vom Feuern war, bereitete zur Feier des Tages einen Topf Tee zu.

KAPITEL 7

Gegen Mittag erstieg ein französischer Soldat mit einer weißen Parlamentärflagge, die er an den Lauf seiner Muskete gebunden hatte, den Hügel. Zwei Offiziere begleiteten ihn, einer in der blauen Uniform der Infanterie und der andere, Colonel Christopher, im britischen roten Uniformrock mit seinem schwarzen Besatz.

Sharpe und Vicente gingen den beiden Offizieren, die ein Dutzend Schritte vor dem mürrisch aussehenden Mann mit der weißen Flagge angehalten hatten, entgegen. Vicente war verblüfft von der Ähnlichkeit zwischen Sharpe und dem französischen Infanterie-Offizier, der groß und schwarzhaarig war und eine Narbe an der rechten Wange hatte. Seine blaue Uniform mit den grün gefransten Epauletten zeigte, dass er zur Leichten Infanterie gehörte, und sein Helm hatte vorn eine weiße Metallplatte mit dem französischen Adler und der Nummer 31. Das Abzeichen wurde überragt von einem roten und weißen Federbusch, der neu aussah, verglichen mit der befleckten und abgetragenen Uniform.

»Wir werden den Franzmann zuerst killen«, sagte Sharpe zu Vicente, »weil er der gefährlichere Scheißer ist, und dann werden wir Christopher langsam filetieren.«

»Sharpe!« Der Anwalt in Vicente war schockiert. »Sie kommen mit einer Parlamentärflagge!«

Sie stoppten ein paar Schritte vor Colonel Christopher, der einen Zahnstocher aus dem Mund nahm und fortschnippte. »Wie geht es Ihnen, Sharpe?«, fragte er freundlich, dann hob er eine Hand, um eine Antwort zu verhindern. »Geben Sie mir bitte einen Moment«, sagte der Colonel, öffnete mit einer Hand eine Zunderbüchse, zündete ein Streichholz an und steckte sich damit eine Zigarre an. Als er ein paar Mal gepafft hatte, schloss er die Zunderbüchse und lächelte. »Der Typ neben mir ist Major Dulong. Er spricht kein Wort Englisch, aber er wollte unbedingt einen Blick auf Sie werfen.«

Sharpe sah Dulong an, erkannte in ihm den Offizier, der die Soldaten so tapfer den Hügel hinaufgeführt hatte, und empfand Mitleid mit einem guten Mann, der sich als Feigling gefühlt haben musste, als er davongegangen war. Als Feigling und Verräter.

»Wo ist mein Fernrohr?«, fragte er Christopher.

»Unten«, sagte Christopher leichthin, »Sie können es später wiederhaben.« Er paffte an seiner Zigarre und blickte zu den Gefallenen zwischen den Felsen. »Brigadier General Vuillard war etwas übereifrig, finden Sie nicht auch? Zigarre?«

»Nein.«

»Wie Sie wollen.« Der Colonel inhalierte den Rauch. »Sie haben Ihre Sache gut gemacht, Sharpe, ich bin stolz auf Sie. Die 31. Leger ...«, er nickte zu Dulong hin, »... ist es nicht gewohnt zu verlieren. Sie haben den verdammten Franzmännern gezeigt, wie ein Engländer kämpft, was?«

»Und wie Iren kämpfen«, sagte Sharpe. »Und Schotten und Waliser und Portugiesen.«

»Anständig von Ihnen, dass Sie auch an die anderen denken, Sharpe«, sagte Christopher, »aber es ist jetzt vorüber, Sharpe, aus und vorbei. Zeit, zu packen und zu gehen. Die Franzosen haben Ihnen einen Kampf geboten und all das. Marschieren Sie mit Ihren Gewehren auf den Schultern, lassen Sie die Fahnen fliegen und die Vergangenheit ruhen. Die Franzmänner sind nicht glücklich darüber, aber ich habe sie überredet.«

Sharpe sah wieder Dulong an, und er fragte sich, ob der Blick des Franzosen warnend war. Dulong hatte nichts gesagt. Er stand einen Schritt seitlich hinter Christopher, und Sharpe hatte den Eindruck, dass sich der Major von Christophers Botengang distanzieren wollte. Sharpe blickte wieder zu Christopher.

»Sie halten mich für total bescheuert, wie?«, erwiderte er.

Christopher ignorierte die Bemerkung. »Ich nehme an, Sie können Lissabon nicht mehr erreichen. Cradock wird in ein, zwei Tagen fort sein und seine Armee mit ihm. Sie kehren heim, Sharpe. Zurück nach England, also ist es vermutlich das Beste für Sie, in Oporto zu warten. Die Franzosen haben zugestimmt, alle britischen Bürger in die Heimat zurückzuführen, und ein Schiff wird vermutlich in ein, zwei Wochen segeln. Sie und Ihre Kameraden können an Bord sein.«

»Werden Sie an Bord sein?«, fragte Sharpe.

»Danke, dass Sie fragen. Ja, das könnte gut der Fall sein. Und wenn Sie mir die Unbescheidenheit verzeihen, ich freue mich, heimzufahren und als Held willkommen geheißen zu werden. Der Mann, der Portugal den Frieden gebracht hat! Da muss eine Ritterschaft drin sein, meinen Sie nicht auch? Nicht, dass mir das was ausmacht, aber Kate wird sich gewiss freuen, Lady Christopher zu sein.«

»Wenn Sie nicht unter einer Parlamentärflagge stünden, würde ich Sie hier und jetzt zusammenschlagen. Ich weiß, was Sie getan haben. Dinnerpartys mit französischen Generälen. Sie herzubringen, damit sie uns überfallen können. Sie sind ein verdammter Verräter, Christopher, ein verdammter Vaterlandsverräter.« Die Heftigkeit von Sharpes Worten brachte ein kleines Lächeln auf Major Dulongs grimmiges Gesicht.

»Ach du meine Güte.« Christopher blickte gequält drein. Er starrte einen Moment auf einen französischen Gefallenen und schüttelte dann den Kopf. »Ich werde über Ihre Unverschämtheit hinwegsehen, Sharpe. Ich nehme an, mein verdammter Diener hat den Weg zu Ihnen gefunden? Ist das so? Das dachte ich mir. Luis hat ein einzigartiges Talent, die Tatsachen misszuverstehen.« Er paffte an seiner Zigarre, und der Rauch wurde vom Wind davongetrieben. »Ich bin von der Regierung Seiner Majestät hierher geschickt worden, Sharpe, um herauszufinden, ob Portugal es wert ist, für das Land zu kämpfen, ob es wert ist, dass dafür britisches Blut vergossen wird, und ich bin zu einem negativen Schluss gelangt - und ich habe keinerlei Zweifel, dass Sie anderer Meinung sind. So habe ich den zweiten Teil meiner Aufgabe erfüllt, nämlich das Aushandeln von Bedingungen. Keine Kapitulationsbedingungen, Sharpe, sondern Vereinbarungen. Wir ziehen unsere Streitkräfte ab und sie ihre, und ihnen wird erlaubt, dass sie der Form halber eine Scheindivision durch die Straßen von Lissabon marschieren lassen. Dann gehen sie: bonsoir, adieu und au revoir. Ende Juli wird kein einziger fremder Soldat mehr auf portugiesischem Boden sein. Das habe ich erreicht, Sharpe, und deshalb war es nötig, mit französischen Generälen, Marschällen und Beamten zu dinieren, um das zu sichern.« Er legte eine Pause ein, als erwarte er irgendeine Reaktion, aber Sharpe enthielt sich einer Äußerung. Christopher seufzte. »Das ist die Wahrheit, Sharpe, wenn Sie sie auch nicht glauben wollen, aber merken Sie sich, ›es gibt mehr Dinge auf der Welt ...‹«

»Ich weiß«, unterbrach Sharpe. »Mehr Dinge zwischen Himmel und Erde, von denen ich keine Ahnung habe. Aber was, zur Hölle, haben Sie hier getan?« Seine Stimme klang jetzt ärgerlich. »Warum haben Sie eine französische Uniform getragen? Luis hat mir davon erzählt.«

»Ich konnte natürlich nicht diesen roten Rock hinter den französischen Linien tragen, Sharpe«, sagte Christopher, »und Zivilkleidung flößt heutzutage wenig Respekt ein, also ja, ich trage manchmal die französische Uniform. Es ist ein ruse de guerre, Sharpe - eine Kriegslist.«

»Verdammte Kriegslist hin oder her«, schnarrte Share. »Diese Bastarde haben versucht, meine Männer umzubringen, und Sie haben sie hergebracht!«