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»Oh mein Gott«, sagte Sharpe. Er sah, dass die ersten Leute vom Wasser mitgerissen wurden, und er hörte die Schreie.

»Gott schütze Irland«, wiederholte Harper und bekreuzigte sich.

Die mittleren hundert Fuß der Brücke waren jetzt unter Wasser. Von diesem Stück waren die Leute ins Wasser gerissen worden, doch weitere wurden in die Lücke geschoben, in der es plötzlich weiß schäumte, als sich die Zugbrücke durch den Druck des Flusses vom Rest der Brücke losriss. Jetzt gab es keine Brücke mehr über den Douro, doch die Leute auf dem Nordufer wussten das noch nicht, und so drängten sie und schoben sich auf die versinkende Brücke zu. Sie wurden unerbittlich in die Lücke gestoßen, wo das Wasser um das abgebrochene Verbindungsstück schäumte. Die Schreie der Leute wurden lauter und steigerten die Panik, sodass mehr und mehr Leute auf die Stelle zugeschoben wurden, wo die Flüchtlinge ertranken.

Pulverrauch, getrieben von einer Windböe, wallte über dem zerstörten Mittelstück der Brücke, wo sich die Leute verzweifelt über Wasser zu halten versuchten, als sie stromabwärtsgetrieben wurden. Möwen schrien. Einige portugiesische Soldaten versuchten jetzt, die Franzosen in den Straßen der Stadt aufzuhalten, doch es war ein hoffnungsloses Unterfangen. Sie waren in der Minderzahl, und der Feind befand sich auf höherem Terrain. Immer mehr französische Kräfte stürmten den Hügel herab. Die Schreie der Flüchtlinge auf der Brücke erinnerten an das Jüngste Gericht, untermalt vom Kanonendonner, und in den Straßen krachte Musketenfeuer, Hufschlag hallte von den Wänden wider, und Flammen prasselten in Gebäuden, die vom Kanonenbeschuss zerstört worden waren.

»Diese kleinen Kinder«, sagte Harper. »Gott helfe ihnen!«

Die Kinder in ihren weißen Uniformen wurden in den Fluss gestoßen.

»Da muss verdammt ein Boot sein!«

Doch die Besatzung der Boote hatte sie ans Südufer gerudert und verlassen. Und so gab es keine Boote, um die Ertrinkenden zu retten, nur Horror auf dem kalten grauen Fluss und eine Reihe von kleinen Köpfen, die von den schäumenden Wellen stromabwärts in den Tod geschwemmt wurden - und Sharpe konnte es nicht verhindern. Es war ihm unmöglich, die Brücke zu erreichen, obwohl er die Leute anschrie, den Weg freizumachen. Sie verstanden sein Englisch nicht und wurden von ihrer Angst beherrscht. Musketenkugeln betupften jetzt den Fluss mit Spritzern, und einige trafen die Flüchtlinge auf der zerbrochenen Brücke.

»Was, zur Hölle, können wir tun?«, fragte Harper.

»Nichts«, sagte Sharpe rau, »nur von dieser Hölle fortgehen.« Er wandte sich von der sterbenden Menge ab und führte seine Männer ostwärts hinab zum Kai am Fluss. Dutzende andere Leute taten das Gleiche. Sie setzten darauf, dass die Franzosen noch nicht die Vorstädte eingenommen hatten. Das Hämmern von Musketenfeuer war ständig in den unteren Straßen zu hören. Die portugiesischen Geschütze feuerten auf die Franzosen in den unteren Straßen, und das Donnern der großen Geschütze war vom Bersten einstürzenden Mauerwerks untermalt.

Sharpe verharrte, wo die Anlegestelle endete, um sich zu vergewissern, dass all seine Männer da waren. Dann blickte er zurück zur Brücke. Er sah, dass so viele Leute in die Lücke der Brücke gestürzt waren, dass sich das Wasser durch sie staute und weiß über ihre Köpfe spülte. Er sah einen portugiesischen Soldaten über diese Köpfe steigen, um den Ponton zu erreichen, auf den die Zugbrücke montiert gewesen war. Andere folgten ihm, stiegen über die Ertrinkenden und Toten hinweg. Sharpe war weit genug entfernt und konnte die Schreie nicht mehr hören.

»Was ist geschehen?«, fragte Dodd, für gewöhnlich der Ruhigste von Sharpes Männern.

»Gott hat in die andere Richtung geblickt«, sagte Sharpe, und dann sah er Harper an. »Alle hier?«

»Alle anwesend«, meldete Harper. Der große Mann aus Ulster sah aus, als hätte er geweint. »Diese armen Kinder«, sagte er fassungslos.

»Es gab nichts, was wir hätten tun können«, sagte Sharpe knapp, und das stimmte, doch das gab ihm kein besseres Gefühl. »Williamson und Tarrant werden angeklagt«, eröffnete er Harper.

»Wieder?«

»Schon wieder«, sagte Sharpe. Er wunderte sich über die Idiotie der beiden Männer, sich lieber einen Drink zu gönnen, als aus der Stadt zu flüchten, selbst wenn dieser Drink französische Gefangenschaft bedeutete. »Jetzt weiter!« Er folgte den zivilen Flüchtlingen, die an einer Stelle, wo die Anlegestelle am Fluss durch eine alte Stadtmauer blockiert war, in eine Gasse abgebogen waren. Die alte Mauer war errichtet worden, als Männer im Krieg mit Pfeil und Bogen aufeinander geschossen hatten, und die mit Flechten überwucherten Steine hätten keine Minute einer modernen Kanone standhalten können. Wie um das zu dokumentieren, hatte die Stadt große Löcher in die alte Mauer geschlagen.

Sharpe führte seine Männer durch eine solche Bresche, überquerte die Überreste eines Grabens und eilte durch die breiteren Straßen der neuen Stadt jenseits der Mauer.

»Franzmänner!«, warnte Hagman Sharpe. »Sir! Oben auf dem Hügel!«

Sharpe blickte hin und sah einen Trupp französischer Kavallerie, der den Flüchtlingen den Weg abschnitt. Es waren Dragoner, fünfzig oder mehr, in grünen Uniformröcken und mit Säbeln und kurzen Karabinern. Sie trugen Metallhelme, die in Kriegszeiten mit Tuch bedeckt waren, sodass das polierte Metall nicht die Sonnenstrahlen reflektierte.

»Weiter! Weiter!«, rief Sharpe. Die Dragoner hatten die Schützen noch nicht entdeckt oder suchten keine Konfrontation, denn sie ritten weiter auf die Straße zu, die einen großen Hügel umrundete, auf dessen Kuppe ein großes weißes Gebäude mit flachem Dach thronte. Vielleicht war es eine Schule, möglicherweise ein Hospital. Die Hauptstraße führte vom Hügel aus nach Norden, aber eine andere ging nach Süden, zwischen dem Hügel und dem Fluss.

Die Dragoner waren auf der größeren Straße. So hielt sich Sharpe nach rechts, denn er hoffte, über die kleinere Straße am Ufer des Douro zu entkommen, aber die Dragoner sahen ihn schließlich und trieben ihre Pferde um die Schulter des Hügels, um die kleinere Straße zu blockieren, wo sie an den Fluss grenzte.

Sharpe blickte zurück und sah, dass französische Infanterie den Kavalleristen folgte. Verdammt! Dann sah er, dass ihm noch mehr französische Soldaten von der alten Stadtmauer her folgten. Er konnte dieser Infanterie vermutlich davonlaufen, doch die Dragoner waren bereits vor ihm, und die Ersten saßen ab und errichteten eine Barrikade auf der Straße.

Den Leuten, die aus der Stadt flüchteten, war der Weg abgeschnitten. Einige kletterten den Hügel hinauf zu dem großen weißen Gebäude, während andere in ihrer Verzweiflung zu ihren Häusern zurückkehren wollten. Die Kanonen kämpften über den Fluss hinweg ihre eigene Schlacht. Die französischen Geschütze versuchten mit dem Bombardement der großen portugiesischen Batterie mitzuhalten, die Dutzende von Feuern in der gefallenen Stadt verursacht hatten, als ihre Geschosse Öfen und Feuerstellen getroffen hatten. Der dunkle Rauch brennender Gebäude vermischte sich mit dem grauweißen Rauch der Geschütze, und unter diesem Rauch, im Tal der ertrunkenen Kinder, saß Richard Sharpe in einer tödlichen Falle.

Lieutenant Colonel James Christopher war weder ein Lieutenant noch ein Colonel, obwohl er einst als Captain bei den Lincolnshire Fencibles gedient hatte und immer noch dieses Offizierspatent besaß. Er war als James Augustus Meredith Christopher getauft worden und während der Schulzeit als Jam bekannt gewesen. Sein Vater war Arzt in der Kleinstadt Saxilby gewesen, ein Beruf und ein Ort, die James Christopher gern ignorierte. Er zog es vor, sich daran zu erinnern, dass seine Mutter die Cousine des Earl of Rocheford gewesen war, und es war Rochefords Einfluss zu verdanken, dass Christopher von der Universität Cambridge ins Außenministerium gekommen war, wo seine Sprachkenntnisse, sein natürliches, höfliches Auftreten und seine Intelligenz und schnelle Auffassungsgabe zu einem schnellen Aufstieg geführt hatten.