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Man hatte ihm früh verantwortliche Aufgaben übertragen, ihn großen, entscheidenden Persönlichkeiten vorgestellt und ihn in Vertraulichkeiten eingeweiht. Man hielt ihn für einen gesunden jungen Mann mit großen Zukunftsaussichten, dessen Urteilsvermögen für gewöhnlich zuverlässig war, was meistens daran lag, dass er nur seinen Vorgesetzten zustimmte, aber der Ruf hatte zu seiner gegenwärtigen Ernennung geführt, zu einer Position, die so einsam wie geheim war.

James Christophers Aufgabe war es, die Regierung zu beraten, ob es klug und vernünftig war, britische Soldaten in Portugal zu halten oder abzuziehen. Die Entscheidung würde natürlich nicht durch James Christopher getroffen werden. Er mochte ein kommender Mann im Außenministerium sein, doch die Entscheidung über das Bleiben oder Abziehen der Truppen würde vom Premierminister getroffen werden. Doch das, was zählte, war die Qualität des Rats, der dem Premierminister gegeben wurde. Die Soldaten würden natürlich bleiben wollen, weil ein Krieg Beförderungen brachte, und der Außenminister wollte die Truppen bleiben lassen, weil er die Franzosen verabscheute, doch andere Männer in Whitehall hatten eine pragmatischere Ansicht und James Christopher geschickt, um die Situation in ihrem Sinne zu beurteilen. Die Whigs, Feinde der Administration, befürchteten ein weiteres Debakel wie das, das zu La Coruña geführt hatte. Ihrer Meinung nach war es besser, die Realität zu erkennen und zu einem Verständnis mit den Franzosen zu kommen, und die Whigs hatten genug Einfluss im Außenministerium, um James Christopher nach Portugal zu schicken.

Die Armee, der man nicht gesagt hatte, was seine wahre Aufgabe war, hatte dennoch zugestimmt, ihm den Titularrang eines Lieutenant Colonel zu verleihen und ihn zum Adjutanten von General Cradock zu ernennen, und Christopher nutzte die Kuriere der Armee, um militärisches Nachrichtenmaterial an den General zu schicken und politische Berichte an die Botschaft in Lissabon. Die Botschaften waren an den Botschafter adressiert und wurden ungeöffnet nach London weitergeleitet. Der Premierminister brauchte vernünftigen Rat, und James Christopher sollte die Fakten liefern, die den Rahmen für den Rat bildeten. In letzter Zeit hatte er aber über die schmutzigen Fakten des Krieges hinweg in die goldene Zukunft geblickt. Kurz gesagt, James Christopher hatte das Licht am Ende des Tunnels gesehen.

Nichts davon beschäftigte ihn in Gedanken, als er in Kanonenreichweite der französischen Soldaten durch Oporto ritt. Ein paar Musketenschüsse wurden in seine Richtung abgegeben, doch Christopher und sein Diener verfügten über erstklassige irische Pferde und hängten schnell die halbherzigen Verfolger ab. Sie ritten die Hügel hinauf, galoppierten über die Terrasse eines Weinguts und erkletterten ein Waldstück, wo sie anhielten, um den Pferden eine Ruhepause zu gönnen.

Christopher spähte zurück nach Westen. Die Sonne hatte nach den starken Regenfällen in der Nacht die Straßen getrocknet, und ein Staubschleier verriet, wo die Bagagewagen der französischen Armee zur Stadt Oporto vorrückten. Über der Stadt selbst, jetzt verborgen hinter Hügeln, stand eine große Rauchwolke, die von brennenden Häusern herrührte. Die Kanonen, wenn auch durch die Distanz gedämpft, klangen wie ständiges Donnern.

Niemand von den französischen Soldaten hatte sich bis jetzt die Mühe gemacht, Christopher ernsthaft zu verfolgen. Ein Dutzend Arbeiter vertiefte im Tal einen Graben und ignorierte die Flüchtlinge auf der Straße, wie um zu zeigen, dass der Krieg Sache der Stadt, nicht ihre war. Es waren keine britischen Schützen unter den Flüchtenden, wie Christopher bemerkte, aber es hätte ihn auch überrascht, wenn Sharpe und seine Männer so weit von der Stadt entfernt zu sehen gewesen wären. Vermutlich waren sie jetzt tot oder gefangen genommen worden.

Was hatte sich Hogan dabei gedacht, als er Sharpe gebeten hatte, ihn zu begleiten? War es, weil der schlaue Ire irgendeinen Verdacht schöpfte? Aber was konnte Hogan wissen? Christopher dachte einen Moment über das Problem nach, dann gab er die Gedanken daran auf. Hogan konnte nichts wissen, er versuchte nur, hilfreich zu sein.

»Die Franzosen haben es heute gut gemacht«, sagte Christopher zu seinem Diener, einem jungen Mann mit schütterem Haar und ernstem Gesicht.

»Am Ende wird sie der Teufel holen, senhor«, antwortete der Diener.

»Manchmal müssen Leute die Sache des Teufels erledigen«, sagte Christopher. Er zog ein kleines Fernrohr aus der Tasche, richtete es auf die fernen Hügel und spähte hindurch. »In den nächsten paar Tagen werden Sie einige Dinge sehen, die Sie überraschen werden.«

»Wenn Sie es sagen«, antwortete der Diener.

»Aber es gibt mehr Dinge zwischen Himmel und Erde, Horatio, als Sie sich in Ihrer Fantasie erträumen können.«

»Wenn Sie es sagen, senhor«, wiederholte der Diener. Er fragte sich, weshalb der englische Offizier ihn Horatio nannte, obwohl er Luis hieß, doch er hielt es für besser, nicht zu fragen. Luis war ein Barbier in Lissabon gewesen, wo er manchmal Männern von der Botschaft die Haare geschnitten hatte, und diese Männer hatten ihn Christopher als zuverlässigen Diener empfohlen. Christopher zahlte ihm guten Lohn mit echtem Gold, englischem Gold, und auch wenn die Engländer verrückt waren, hatten sie immer noch das beste Münzgeld der Welt, was bedeutete, dass Christopher Luis nennen konnte, wie auch immer er wollte, solange er ihn weiterhin mit dicken Guineas mit dem geprägten Sankt Georg im Kampf mit dem Drachen bezahlte.

Christopher hielt Ausschau nach irgendeinem Anzeichen auf französische Verfolger, doch sein Fernrohr war klein, alt und hatte eine verkratzte Linse. Er konnte damit kaum besser sehen als ohne. Er hatte sich immer ein besseres kaufen wollen, jedoch keine Gelegenheit dazu gehabt. Er schob das Fernrohr zusammen, verstaute es in der Satteltasche und nahm einen frischen Zahnstocher, den er zwischen die Zähne schob.

»Weiter«, sagte er brüsk. Dann führte er den Diener durch den Wald, über die Hügelkuppe und hinab zu einem großen Bauernhof. Es war klar, dass Christopher den Weg gut kannte, denn er ritt zielstrebig und ohne zu zögern bis neben das Tor und zügelte das Pferd. »Die Ställe sind da«, sagte er und wies hin. »Die Küche ist jenseits der blauen Tür, und die Leute erwarten uns. Wir werden hier übernachten.«

»Nicht in Vila Real de Zedes, senhor?«, fragte Luis. »Ich hörte Sie sagen, dass Sie nach Miss Savage suchen werden.«

»Ihr Englisch wird zu gut, wenn Sie so viel beim Lauschen mitbekommen«, sagte Christopher säuerlich. »Morgen, Luis. Wir werden morgen nach Miss Savage suchen.« Christopher glitt aus dem Sattel und warf Luis die Zügel zu. »Kümmern Sie sich um die Pferde, satteln Sie sie ab, besorgen Sie mir etwas zu essen und bringen Sie es auf mein Zimmer. Einer der Knechte wird Ihnen sagen, wo ich bin.«

Luis brachte die beiden Pferde in den Stall, gab ihnen Wasser und Futter. Danach ging er in die Küche, wo eine Köchin und zwei Dienstmädchen keine Überraschung über seine Ankunft zeigten. Luis hatte sich daran gewöhnt, zu irgendeinem abgelegenen Dorf oder Haus mitgenommen zu werden, wo sein Herr bekannt war, aber er war noch nie auf diesem Bauernhof gewesen. Es wäre ihm lieber gewesen, wenn Christopher sich über den Fluss zurückgezogen hätte, doch der Bauernhof lag gut verborgen in den Hügeln, und es war möglich, dass die Franzosen nie hierherkommen würden. Die Köchin erzählte ihm, dass das Haus und das Land einem Händler aus Lissabon gehörten, der sie angewiesen hatte, zu tun, was sie konnten, um Colonel Christophers Wünsche zu erfüllen.

»Dann war er schon öfter hier?«, fragte Luis.

Die Köchin kicherte. »Er war oft mit seiner Frau hier.«

Das erklärte, warum er Luis zuvor nicht hierher mitgenommen hatte, und er fragte sich, wer die Frau war. »Er will jetzt was zu essen«, sagte Luis. »Welche Frau?«