Die Pferde, Ochsen und Maultiere, die zum Transport der Geschütze gebraucht worden waren, wurden erschossen, anstatt dem Feind überlassen zu werden. Die verwundeten Männer, die nicht gehen konnten, wurden in ihren Wagen gelassen und erhielten Musketen, damit sie wenigstens versuchen konnten, sich vor den Portugiesen zu schützen, die sie früh genug finden und versuchen würden, die hilflosen Männer aus Rache zu töten.
Soult befahl, die Militärkasse, elf Fässer mit Silbermünzen, neben die Straße zu stellen, damit die Männer sich mit einer Hand voll davon bedienen konnten, wenn sie vorbeigingen. Die Frauen banden ihre Röcke hoch, nahmen die Münzen der Männer und gingen mit ihnen. Die Dragoner, Husaren und Jäger führten ihre Pferde. Tausende von Männern und Frauen kletterten in das öde Hügelland, ließen hinter sich Wagen zurück, beladen mit Weinflaschen, goldenen Holzkreuzen, gestohlen aus Kirchen, und antiken Gemälden, geplündert aus Portugals noblen Häusern.
Die Franzosen hatten gedacht, sie hätten ein Land erobert und müssten nur noch auf ein paar Verstärkungen warten, um ihre Reihen aufzufüllen, bevor sie weiter nach Lissabon marschierten, und niemand verstand, warum sie plötzlich in einer solch katastrophalen Lage waren und König Nicolas sie in einem wüsten Durcheinander auf einen Rückzug durch sintflutartigen Regen führte.
»Wenn du hierbleibst«, sagte Christopher zu Kate, »wirst du vergewaltigt werden.«
»Ich bin vergewaltigt worden«, weinte sie, »Nacht für Nacht!«
»Um Gottes willen, Kate!« Christopher stand in Zivilkleidung an der offenen Kutschentür, und Regen tropfte von seinem Zweispitz. »Ich lasse dich nicht hier.« Er griff in die Kutsche, packte Kate am Handgelenk und zerrte sie heraus. »Geh, verdammt!«, schnarrte er und zog sie den Hang hinauf.
Sie war erst ein paar Sekunden aus der Kutsche heraus, als ihre blaue Husarenuniform - Christopher hatte darauf bestanden, dass Kate sie trug - bereits vom Regen durchnässt war. »Dies ist nicht das Ende«, sagte Christopher und packte ihr dünnes Handgelenk so hart, dass es schmerzte. »Die Verstärkungen sind nie eingetroffen, das ist alles! Aber wir werden zurückkehren.«
Kate horchte trotz ihres Elends bei dem »wir« auf. Meinte er sie beide? Oder sich und die Franzosen? »Ich will nach Hause«, schluchzte sie.
»Hör auf, zickig zu sein und mich zu nerven«, blaffte Christopher, »und geh weiter!« Er zog sie mit. Ihre neuen Stiefel mit den Ledersohlen glitten auf dem nassen Pfad aus. »Die Franzosen werden diesen Krieg gewinnen«, sagte Christopher. Er war sich dessen nicht mehr sicher, doch wenn er die Machtverhältnisse in Europa abwog, schaffte er es, sich einzureden, dass es stimmte.
»Ich will zurück nach Oporto!«, schluchzte Kate.
»Das geht nicht!«
»Warum nicht?« Sie versuchte, sich von ihm loszureißen. Obwohl ihr das nicht gelang, weil sein Griff zu hart war, blieb er stehen. »Warum nicht?«, fragte sie flehend.
»Es geht einfach nicht«, sagte er. »Und jetzt weiter!« Er zog sie wieder mit sich. Er wollte ihr nicht sagen, dass er nicht nach Oporto zurückgehen konnte, weil dieser verdammte Sharpe noch lebte. Er war nur ein Lieutenant, und, wie er erfahren hatte, er war aus den Mannschaften aufgestiegen, aber er wusste zu viel, was Christophers Spiel beenden konnte, und so würde er einen sicheren Hafen suchen, von dem aus er mit den diskreten Methoden, die ihm so vertraut waren, einen Brief nach London schicken konnte. Dann konnte er aus der Antwort einschätzen, wie man in London seine Geschichte, dass er gezwungen gewesen war, ein Bündnis mit den Franzosen zu demonstrieren, um eine Meuterei zu organisieren, die Portugal befreit hätte, einschätzte. Diese Geschichte klang für ihn überzeugend, abgesehen davon, dass Portugal ohnehin befreit war. Aber alles war verloren. Es würde sein Wort gegen das Sharpes stehen, und Christopher war - was immer er sonst sein mochte - ein Gentleman, und Sharpe war zweifellos keiner.
Da würde natürlich das heikle Problem sein, was er mit Kate tun würde, wenn er nach London zurückgerufen würde, aber vielleicht konnte er vertuschen oder leugnen, dass die Heirat jemals stattgefunden hatte. Er würde Berichte darüber als Kates Hirngespinste abtun. Verliebte Frauen neigten zu Schwärmereien und romantischen Träumereien. Was hatte schon Shakespeare gesagt? »Schwachheit, dein Name ist Weib« oder so ähnlich. Also würde er behaupten, dass die inszenierte Zeremonie in der kleinen Kirche von Vila Real de Zedes keine richtige Eheschließung gewesen war, dass er sie nur auf sich genommen hatte, um Kate und ihre romantischen Illusionen zu retten. Es war ein Spiel, aber er hatte es lange genug gespielt, um zu wissen, dass manchmal die Spiele mit den schlechtesten Karten die größten Gewinne erbrachten.
Und wenn das Spiel scheiterte und er seine Karriere in London nicht retten konnte, dann würde es vielleicht auch nichts ausmachen, denn er klammerte sich an den Glauben, dass am Ende die Franzosen gewinnen würden und er nach Oporto zurückkehren konnte, wo die Anwälte, wider besseres Wissen, ihn als Kates Ehemann vertreten und er reich sein würde. Kate würde sich erholen, wenn sie wieder daheim war und in Luxus lebte. Es stimmte, bis jetzt war sie unglücklich gewesen. Ihre Freude auf die Ehe hatte sich im Schlafzimmer in Entsetzen verwandelt, aber junge Stuten rebellierten oftmals gegen das Zaumzeug, doch sie wurden gefügig und gehorsam, wenn man ihnen ein paar Mal die Peitsche gab. Und Christopher wünschte sich einen solchen Ausgang für Kate, denn ihre Schönheit faszinierte ihn immer noch. Er zerrte sie zu Williamson, jetzt Christophers Diener, der sein Pferd hielt.
»Steig auf«, befahl er.
»Ich will nach Hause!«, sagte sie.
»Sitz auf!« Er schlug sie fast mit der Reitgerte, doch da ließ sie sich demütig von ihm auf das Pferd helfen. »Halte die Zügel, Williamson«, befahl Christopher. Er wollte nicht, dass Kate das Pferd wendete und westwärts davonritt. »Halt sie fest, Mann!«
»Jawohl, Sir«, sagte Williamson. Er war noch in seiner Schützenuniform, hatte jedoch den Tschako gegen einen breitkrempigen Lederhut vertauscht. Er hatte beim Rückzug aus Oporto eine französische Muskete, eine Pistole und einen Säbel aufgelesen, und die Waffen gaben Christopher ein gutes Gefühl. Der Colonel brauchte einen Diener, nachdem sein bisheriger geflüchtet war, aber mehr noch wünschte er sich einen Leibwächter, und Williamson spielte die Rolle ausgezeichnet. Er erzählte Christopher Geschichten von Kneipenschlägereien, von wilden Kämpfen mit Messern und Knüppeln, von blutigen Boxkämpfen ohne Handschuhe, und Christopher hörte sie sich so begierig an wie Williamsons bittere Klagen über Sharpe.
Christopher hatte Williamson eine goldene Zukunft versprochen. »Lerne Französisch«, hatte er dem Deserteur geraten, »und du kannst zu ihrer Armee gehen. Zeige, dass du gut bist, und sie werden dir ein Offizierspatent geben. Sie nehmen es nicht so genau in der französischen Armee.«
»Und wenn ich bei Ihnen bleiben will, Sir?«, hatte Williamson gefragt.
»Ich habe Loyalität schon immer belohnt, Williamson«, hatte Christopher gesagt. Die beiden passten zueinander, als sie jetzt mit Tausenden anderer Flüchtlinge durch Regen und Wind marschierten und nichts voraus sahen als den Hunger, kahle Hänge und die nassen Felsen der Serra de Santa Catalina.
Hinter ihnen, auf der Straße von Oporto nach Amarante, stand eine lange Kolonne aufgegebener Kutschen und Wagen im Regen. Die verwundeten Franzosen beteten ängstlich, dass die britischen Verfolger eher auftauchen würden als die Bauern, doch die Bauern waren näher als die Rotröcke, viel näher, und bald huschten ihre dunklen Schatten durch den Regen, in ihren Händen Messer.