Und im Regen würden die Musketen der verwundeten Männer nicht feuern.
So begannen die Todesschreie.
Sharpe hätte gern Hagman auf die Verfolgung von Christopher mitgenommen, doch der alte Wilderer war von seiner Brustwunde noch nicht voll genesen, und so musste Sharpe ihn zurücklassen. Er nahm zwölf Männer mit, seine besten und cleversten, und alle beschwerten sich vehement, als sie vor der Morgendämmerung wachgerüttelt wurden, weil sie einen Kater vom vielen Wein hatten und ihre Laune schlecht war. »Aber nicht so schlecht wie meine«, warnte Sharpe sie. »Verdammt, macht nicht solch ein Theater.«
Hogan kam mit ihnen, ebenso Leutnant Vicente und drei seiner Männer. Vicente hatte erfahren, dass drei Postkutschen im Morgengrauen nach Braga fuhren, und er hatte Hogan erzählt, dass sie schnell waren und auf einer guten Straße fuhren. Die Fahrer, die Säcke mit Post transportierten, die darauf gewartet hatten, dass die Franzosen verschwanden, damit die Post nach Braga geliefert werden konnte, schufen freudig Platz für die Soldaten, die auf die Postsäcke sanken und schliefen.
Im Zwielicht des Morgengrauens fuhren sie durch die Trümmer der nördlichen Verteidigungsanlagen der Stadt. Die Straße war gut, doch die Postkutschen kamen nur langsam voran, weil Partisanen Bäume gefällt und über die Fahrbahn gelegt hatten. Um all die Barrikaden wegzuräumen, brauchten sie über eine halbe Stunde.
»Wenn die Franzosen gewusst hätten, dass Amarante gefallen ist, dann hätten sie sich auf dieser Straße zurückgezogen, und wir hätten sie nie erwischt«, sagte Hogan zu Sharpe. »Und jetzt wissen wir nicht, ob ihre Garnison von Braga mit dem Rest von ihnen verschwunden ist.«
So war es jedoch, und die Post traf mit einem Trupp von Briten ein, die von jubelnden Bewohnern willkommen geheißen wurden, deren Freude auch nicht durch den Regen gedämpft wurde. Hogan, in seinem blauen Rock der Pioniere, wurde irrtümlich für einen französischen Kriegsgefangenen gehalten und mit Pferdemist beworfen, bevor Vicente es schaffte, die Menge zu überzeugen, dass Hogan ein Engländer war.
»Ire«, protestierte Hogan.
»Das ist das Gleiche«, sagte Vicente geistesabwesend.
»Guter Gott im Himmel, manche Leute sind einfach pingelig«, meinte Harper angewidert, dann lachte er, weil die Menge darauf bestand, Hogan - den irischen Engländer - auf ihren Schultern zu tragen.
Die Hauptstraße von Braga führte nach Norden über die Grenze nach Pontevedra, aber nach Osten stieg ein Dutzend Pfade zu den Hügeln auf, und Vicente versprach, dass einer davon sie nach Ponte Nova bringen würde. Aber es würde dieselbe Straße sein, welche die Franzosen zu erreichen versuchten, und so warnte er Sharpe, dass sie vielleicht einen der unbekannten Pfade in die Hügel nehmen mussten. »Wenn wir Glück haben«, sagte Vicente, »werden wir in zwei Tagen bei der Brücke sein.«
»Und wie lange dauert es bis zur Saltador?«, fragte Hogan.
»Einen weiteren halben Tag.«
»Und wie lange dauert es bis Spanien?«
»Drei Tage«, sagte Vicente. »Es müssen drei Tage sein.« Vicente bekreuzigte sich. »Ich bete, sie brauchen drei Tage.«
Sie übernachteten in Braga. Ein Flickschuster reparierte ihre Stiefel und wollte kein Geld dafür nehmen, und er benutzte sein bestes Leder für die neuen Sohlen, die er mit Nägeln beschlug, damit sie Haftung auf nassem Boden hatten. Er musste die ganze Nacht gearbeitet haben, und am Morgen präsentierte er Sharpe scheu Lederüberzüge für die Gewehre und Musketen. Die Waffen waren gegen den Regen geschützt worden, indem Korken in ihre Mündungen geschoben und Lappen um die Schlösser gewickelt worden waren. Die Lederfutterale waren jedoch weitaus besser. Der Schuster hatte die Säume mit Schafsfett wasserfest gemacht, und Sharpe und seine Männer freuten sich sehr über das Geschenk. Sie erhielten so viel Proviant, dass sie das Überflüssige einem Priester gaben, der versprach, es unter den Armen zu verteilen, und dann, im regnerischen Morgengrauen, marschierten sie los.
Hogan ritt, denn der Bürgermeister von Braga hatte ihm ein Maultier geschenkt, ein trittsicheres Tier mit störrischem Charakter und einem Glasauge, dem Hogan eine Decke auflegte. Beim Reiten reichten seine Beine fast auf den Boden. Er sagte, er wolle das Maultier lieber nutzen, um ihre Waffen zu transportieren, aber er war der Älteste, und so bestand Sharpe darauf, dass er ritt.
»Ich habe keine Ahnung, was wir finden werden«, sagte Hogan zu Sharpe, als sie in die von Felsbrocken übersäten Hügel kletterten. »Wenn die Brücke von Ponte Nova gesprengt worden ist, was jetzt der Fall sein sollte, dann werden sich die Franzosen zerstreuen. Sie werden rennen, um ihr Leben zu retten, und das wird es schwierig machen, Mister Christopher in all diesem Chaos zu finden. Dennoch müssen wir es versuchen.«
»Und wenn die Brücke nicht gesprengt worden ist?«
»Dann werden wir sie überqueren, wenn wir dort sind«, sagte Hogan und lachte. »Menschenskind, ich hasse den Regen, Richard. Haben Sie jemals versucht, Schnupftabak im Regen zu schnupfen? Das schmeckt wie Katzenschiss.«
Sie wanderten ostwärts durch ein Seitental, das von hohen, kahlen Hügeln gesäumt war. Die Straße lag südlich des Flusses Cavado, der tief und klar durch Weideland verlief, das von den Franzosen geplündert worden war, sodass kein Rind oder Schaf auf dem Frühlingsgras zu sehen war. Die Dorfbewohner waren einst wohlhabend gewesen, waren jetzt jedoch zum großen Teil verarmt und abgewandert, und die wenigen Zurückgebliebenen waren äußerst vorsichtig.
Hogan trug wie Vicente und seine Männer Blau, und das war auch die Farbe der feindlichen Uniformröcke, während die grünen Uniformen der Schützen irrtümlich für die abgesessener Dragoner gehalten werden konnten. Die meisten Leute dachten, die Briten trügen Rot.
Feldwebel Macedo, der die Verwirrung vorausgesehen hatte, hatte in Braga eine portugiesische Flagge gefunden und an einen Ast gebunden, den er von einer Esche abgehackt hatte. Die Flagge nahm den Leuten, die sie kannten, die Unsicherheit. Nicht alle kannten das Emblem, aber nachdem die Dorfbewohner mit Vicente gesprochen hatten, konnten sie nicht genug für die Soldaten tun.
»Um Gottes willen«, sagte Sharpe zu Vicente. »Raten Sie ihnen, ihren Wein zu verstecken.«
»Sie waren überfreundlich«, sagte Harper, als sie eine andere kleine Siedlung verließen, wo die Misthaufen größer als die Hütten waren. »Nicht wie die Spanier, die ziemlich unfreundlich sein konnten. Nicht alle, aber einige waren Bastarde.«
»Die Spanier können die Engländer nicht leiden«, sagte Hogan.
»Sie mögen keine Engländer?«, fragte Harper überrascht. »Dann sind sie überhaupt keine Bastarde, nur vorsichtig, wie? Aber wollen Sie damit sagen, dass die Portugiesen die Engländer lieben?«
»Die Portugiesen«, sagte Hogan, »hassen die Spanier, und wenn Sie einen größeren Nachbarn haben, den Sie verabscheuen, suchen Sie sich einen großen Freund, der Ihnen hilft.«
»Und wer ist Irlands großer Freund, Sir?«
»Gott, Sergeant«, sagte Hogan, »Gott.«
»Lieber Gott im Himmel«, sagte Harper andächtig und starrte in den Regen hinauf, »wach endlich auf.«
»Warum kämpfst du nicht für die verdammten Franzosen«, knurrte Harris wütend.
»Genug«, blaffte Sharpe, »es reicht.«
Eine Weile marschierten sie schweigend, dann konnte Vicente seine Neugier nicht mehr zügeln. »Wenn die Iren die Engländer hassen«, fragte er, »warum kämpfen sie dann für sie?«
Harper musste bei der Frage lachen, Hogan blickte zum grauen Himmel, und Sharpe blickte nur finster drein.
Die Straße, jetzt weiter von Braga entfernt, war weniger gut erhalten. Zwischen Spurrillen von Ochsenkarren wuchs Gras. Die Franzosen waren nicht so weit zum Plündern vorgedrungen, und hier und da gab es kleine Schaf- und Rinderherden, doch sobald die Hirten die Soldaten erblickten, trieben sie hastig die Tiere fort.