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»Das war der Köder, den wir für ihn präpariert hatten, Darling«, erläuterte Connie, und wandte sich endlich wieder direkt an Smiley. »Und das Rübenschwein schnappte danach, und wie, das tun sie alle, nicht wahr, wie Lachse nach der Fliege, jedes­mal.«

Was für eine Lieferung? hatte Kirow wissen wollen. Was für ein Land? Als Antwort hatte Leipzig mit dem Zeigefinger über sei­ner eigenen Nase einen krummen Erker in die Luft gezeichnet und schallend gelacht. Kirow lachte ebenfalls, aber er war jetzt eindeutig höchst interessiert. Nach Israel? sagte er: Und was für eine Art von Lieferung? Leipzig richtete nun den Zeigefinger auf Kirow und tat, als drücke er auf einen Abzug. Waffen nach Isra­el? fragte Kirow baß erstaunt, aber Leipzig war ein Profi und antwortete nicht mehr. Sie tranken, besuchten ein Strip-Lokal und plauderten von alten Zeiten. Kirow kam sogar auf ihre ge­meinsame Freundin zu sprechen und fragte, ob Leipzig wisse, was aus ihr geworden sei. Leipzig sagte, keine Ahnung. Gegen Morgen hatte Leipzig vorgeschlagen, sie sollten sich ein paar Ge­fährtinnen suchen und alle zusammen in seine Wohnung gehen, aber zu seiner Enttäuschung lehnte Kirow ab: nicht in Paris, zu gefährlich. In Wien oder Hamburg, jederzeit. Aber nicht in Pa­ris. Um die Frühstückszeit trennten sie sich, stockbesoffen, und der Circus war um hundert Pfund leichter.

»Dann gingen die verdammten Palastkämpfe los«, sagte Connie, unvermittelt das Thema wechselnd. »Die Große Debatte um die Leitung von London Station. Debatte, daß ich nicht lache. Sie, George, waren im Ausland, Saul Enderby setzte einen manikür­ten Huf hinein, und allen übrigen fiel prompt das Herz in die Hosen - und das war's dann.« Wieder ihre Barons-Stimme: »>Otto Leipzig nimmt uns auf die Schippe . . . Wir haben die Operation nicht mit den Fröschen abgeklärt . . . Foreign Office beunruhigt über mögliche Weiterungen . . . Kirow ist ein Ab­lenkungsmanöver . . . Die Riga-Gruppe eine total unrealisti­sche Basis für ein Unternehmen dieses Ausmaßes . . .< Wo wa­ren Sie übrigens damals? In Berlin, nicht wahr?«

»Hongkong.«

»Ach, dort«, sagte sie vage und sank in ihrem Stuhl zusammen, während ihre Lider sich nahezu schlossen.

Smiley hatte Hilary gebeten, Tee zu machen, und sie klapperte am anderen Ende des Zimmers mit dem Geschirr. Er warf einen Blick zu ihr hinüber, weil er überlegte, ob er sie nicht rufen sollte und sah sie genauso dastehen, wie er sie zuletzt im Circus gesehen hat­te, in jener Nacht, als er zu Hilfe gerufen wurde - stocksteif, die Fingerknöchel der geballten Fäuste auf den Mund gepreßt, um ei­nen lautlosen Schrei zu ersticken. Er hatte noch gearbeitet - es war um etwa diese Zeit gewesen; ja, er hatte seine Abreise nach Hong­kong vorbereitet-, als plötzlich sein Haustelefon klingelte und er eine sehr erregte Männerstimme hörte, die ihn bat, unverzüglich in den Chiffrierraum zu kommen, Mr. Smiley, Sir, es ist drin­gend. Sekunden später eilte er einen kahlen Korridor entlang, flankiert von zwei besorgten Wachposten. Sie stießen die Tür vor ihm auf, er trat in den Raum, sie blieben draußen. Er sah die zer­trümmerten Apparate, die Akten und Karteikarten und Tele­gramme auf dem Boden verstreut wie Abfall auf einem Fußball­platz, er sah die obszönen Graffiti mit Lippenstift an die Wand ge­schmiert. Und in der Mitte des Ganzen sah er Hilary, die Täterin -genau, wie sie jetzt dastand -, verzweifelt durch die dicken Netz­gardinen in den freien weißen Himmel hinausstarren: Hilary, un­sere Vestalin, so wohlerzogen; Hilary, unsere Circus-Braut.

»Was zum Teufel treibst du, Hils?« fragte Connie barsch aus ih­rem Schaukelstuhl.

»Tee machen, Con. George möchte eine Tasse Tee.«

»Zum Teufel damit, was George möchte«, gab sie zornglühend zurück. »George istfünfte Etage. George hat den Kirow-Fall abgeblasen, und jetzt möchte er's wieder gut machen, im Allein­gang, auf seine alten Tage. Stimmt's, George? Stimmts's? Lügt mich sogar an über diesen alten Teufel Wladimir, der in Hamp­stead Heath geradewegs in eine Kugel marschierte, wie die Zei­tungen vermelden, aber die liest er anscheinend nicht, so wenig, wie meine Berichte!«

Sie tranken den Tee. Ein Regenguß setzte ein. Die ersten harten Tropfen hämmerten bereits auf das Holzdach.

Smiley hatte sie bezaubert, Smiley hatte ihr geschmeichelt, Smi­ley hatte bewirkt, daß sie weitermachte. Schon hatte sie den Fa­den halbwegs ausgesponnen. Er war entschlossen, daß sie ihn bis zum Ende ausspinnen müsse.

»Ich muß das Ganze haben, Con«, wiederholte er. »Ich muß al­les und jedes hören, so, wie Sie sich daran erinnern, auch wenn das Ende schmerzlich ist.«

»Das Ende ist verdammt schmerzlich«, erwiderte sie. Doch schon erlahmten ihre Stimme, ihr Gesicht, sogar die Bril­lanz ihres Gedächtnisses, und er wußte, daß es ein Wettlauf ge­gen die Zeit sein werde.

Jetzt sei Kirow an der Reihe gewesen, die klassische Karte auszu­spielen, sagte sie müde. Beim nächsten Zusammentreffen, einen Monat später in Brüssel, kam Kirow auf die Sache mit der Waf­fenlieferung nach Israel zu sprechen und sagte, er habe sie beiläu­fig einem guten Bekannten gegenüber erwähnt, einem seiner Kollegen in der Handelsabteilung der Botschaft, der an einer Studie über die israelische Verteidigungsfinanzierung mitarbeite und für seine Recherchen sogar über einen Spezialfonds verfügen könne. Ob Leipzig gegebenenfalls bereit wäre - nein, ganz im Ernst, Otto! -, mit dem Mann zu sprechen oder, noch besser, seinem alten Kumpel Oleg die Geschichte gleich hier und jetzt zu erzählen und Oleg damit auch eine kleine Anerkennung zu ver­schaffen? Otto sagte: »Vorausgesetzt, es lohnt sich und schadet niemandem.« Dann verpaßte er Oleg einen Haufen wertloser In­formationen, die Connie und die Leute von der Nahost-Abtei­lung vorbereitet hatten - selbstverständlich alles wahr und abso­lut stichhaltig, auch wenn niemand etwas damit anfangen konnte -, und Kirow schrieb feierlich alles auf, obgleich beide, wie Connie sagte, genau wußten, daß weder Kirow noch sein Auf­traggeber, wer immer das sein mochte, das geringste Interesse an Israel hatten oder an Waffen oder an Lieferungen oder an der is­raelischen Verteidigungsfinanzierung- jedenfalls nicht indiesem Zusammenhang. Kirow lag lediglich daran, eine konspirative Beziehung herzustellen, wie ihre nächste Begegnung in Paris klar bewies. Kirow bekundete gewaltige Begeisterung über den Be­richt, bestand darauf, daß Otto dafür fünfhundert Dollar entge­gennehme und - reine Formsache - eine Quittung unterschreibe. Und nachdem Otto dies getan hatte und somit ein für allemal am Angelhaken hing, kam Kirow geradewegs zur Sache, mit der ganzen Brutalität, die er aufzubieten vermochte - und das war nicht wenig, sagte Connie -, und fragte Otto, wie gut er mit den ortsansässigen russischen Emigranten stehe.

»Bitte, Con«, flüsterte Smiley. »Wir haben's fast geschafft!« Sie war ihm so nah, doch er spürte, wie sie ihm immer mehr entglitt. Hilary lag auf dem Fußboden und hatte den Kopf an Connies Knie gelehnt. Connies Hände in den Pulswärmern suchten Halt in Hilarys Haar, und ihre Augen waren fast geschlossen.

»Connie!« wiederholte Smiley.

Connie öffnete die Augen und lächelte schwach.

»Es war nur der Fächertanz, Darling«, sagte sie. »Das Er-weiß-daß-ich-weiß-daß-du-weißt. Der übliche Fächertanz«, wieder­holte sie nachsichtig, und ihre Augen fielen wieder zu.

»Und was hat Leipzig ihm geantwortet? Connie!«

»Er hat getan, was wir alle getan hätten, Darling«, murmelte sie. »Verzögerungstaktik. Gab zu, daß er bei den Emigrantengruppen gern gesehen sei und mit dem General ein Herz und eine See­le. Dann nichts mehr. Sagte, er komme nicht sehr häufig nach Paris. >Warum nicht einen Ortsansässigen anheuern?< sagte er. Er hat gemauert, Hils, Darling, verstehst du? Fragte wieder: Würde es irgendwem schaden? Fragte, worin eigentlich der Job bestehe? Was dabei herausspringe? Gib mir einen Schluck, Hils.«