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Das Große Haus hatte sie betrogen, und schließlich hatte sogar Jason sie betrogen. Immer noch präsentierte er ihr wissenschaftliche Ideen wie ein ausgefallenes Geschenk, aber was früher zu ihrer Beruhigung beigetragen hatte — die behaglichen Durakkorde Newtons und Euklids —, wurde nun immer fremder und befremdlicher: die Planck-Länge (unterhalb derer sich die Dinge nicht mehr verhielten wie Dinge); schwarze Löcher, von ihrer eigenen unergründbaren Dichte in eine Sphäre jenseits von Ursache und Wirkung gebannt; ein Universum, das sich nicht nur immer weiter ausdehnte, sondern auch beschleunigte, seinem eigenen Verfall entgegen. Wenn sie ihre Hand auf das Fell ihres Hundes lege, so erzählte sie mir einmal, als St. Augustine noch lebte, dann wolle sie seine Wärme und Lebendigkeit spüren — nicht seine Herzschläge zählen oder sich die riesigen Zwischenräume zwischen den Atomkernen und den Elektronen vergegenwärtigen, die sein körperliches Dasein begründeten. St. Dog sollte er selbst und ein Ganzes sein, nicht die Summe seiner furchterregenden Teile, nicht ein flüchtiges evolutionäres Epiphänomen im Leben eines sterbenden Sterns. In ihrem Leben gebe es wenig genug Liebe und Zuneigung, daher müsse jedes bisschen davon gutgeschrieben und im Himmel eingelagert werden, als Vorrat für den Winter des Universums.

Als dann der Spin kam, muss er ihr wie eine monströse Bestätigung für Jasons Weltbild erschienen sein — um so mehr, als er sich so obsessiv damit beschäftigte. Offensichtlich gab es intelligentes Leben in anderen Teilen der Galaxis, und es hatte, ebenso offensichtlich, keinerlei Ähnlichkeit mit dem unseren. Es war stark und mächtig, erschreckend geduldig und absolut gleichgültig gegen den Schrecken, den es der Welt eingejagt hatte. Wenn man sich die Hypothetischen vorstellen wollte, konnte man sich vielleicht hyperintelligente Roboter oder undurchschaubare Energiewesen ausmalen, niemals aber die Berührung einer Hand, einen Kuss, ein warmes Bett oder ein tröstendes Wort.

Also hatte sie den Spin auf eine zutiefst persönliche Weise gehasst, und ich glaube, es war dieser Hass, der sie Simon Townsend und der NK-Bewegung in die Arme getrieben hatte. In der NK-Theologie wurde der Spin zu einem zwar heiligen, aber auch untergeordneten Ereignis erklärt: groß, aber nicht so groß wie der Gott Abrahams; schockierend, aber nicht so schockierend wie ein gekreuzigter Erlöser, wie eine leere Grabkammer.

Ich erzählte Ina einiges davon. Sie sagte: »Ich bin natürlich keine Christin. Ich bin nicht einmal muslimisch genug, um die örtlichen Behörden zufriedenzustellen. Vom westlichen Atheismus korrumpiert, das bin ich. Aber sogar im Islam gab es solche Bewegungen. Leute, die irgendwas über Imam Mehdi und Ad-Dajjal dahergeplappert haben, über Gog und Magog, die den See von Galiläa leer trinken. Weil sie dachten, damit könnten sie die Welt besser erklären. So. Ich bin fertig.« Sie hatte meine Fußsohlen abgerieben. »Haben Sie diese Dinge von Diane schon immer gewusst?«

In welchem Sinne gewusst? Gefühlt, vermutet, geahnt, aber gewusst — nein, das konnte ich nicht behaupten.

»Dann ist es vielleicht so, dass die marsianische Substanz Ihre Erwartungen erfüllt«, sagte Ina, als sie mit ihrem verchromten Topf voll warmem Wasser und ihren verschiedenen Schwämmen wider ging. Darüber konnte ich dann im Dunkel der Nacht noch ein bisschen nachdenken.

Es gab drei Türen, durch die man Inas Klinik betreten oder verlassen konnte. Einmal, als ihr letzter angemeldeter Patient mit einem geschienten Finger gegangen war, führte sie mich durch das Haus.

»Dies ist das, was ich im Laufe meines Lebens aufgebaut habe«, sagte sie. »Wenig genug, mögen Sie denken. Aber die Menschen hier im Dorf brauchten etwas, das näher ist als das Krankenhaus in Padang — eine beträchtliche Entfernung, vor allem, wenn man mit dem Bus fahren muss oder die Straßen nicht verlässlich sind.«

Eine Tür war die Eingangstür, durch die ihre Patienten kamen und gingen.

Eine Tür war die Hintertür, metallverstärkt und stabil. Ina parkte ihr kleines Solarzellenauto auf dem festgetretenen Platz hinter der Klinik, und sie benutzte diese Tür, wenn sie morgens kam, und schloss sie wieder ab, wenn sie abends das Haus verließ. Die Tür befand sich gleich neben dem Zimmer, in dem ich lag, und ich war inzwischen so weit, dass ich das Geräusch ihres Schlüssels im Schloss erkannte, kurz nachdem, einen halben Kilometer entfernt, der erste Gebetsruf von der Dorfmoschee erklungen war.

Die dritte Tür war eine Seitentür, von einem kleinen Flur abgehend, der außerdem die Toilette und einige Vorratsschränke beherbergte. Hier nahm Ina Lieferungen entgegen, und es war auch die Tür, durch die En kam und ging.

En war genau so, wie Ina ihn beschrieben hatte: schüchtern, aber intelligent, klug genug jedenfalls, den medizinischen Grad zu erwerben, auf den er seine Hoffnungen gesetzt hatte. Seine Eltern waren nicht reich, sagte Ina, aber falls er ein Stipendium erringen konnte, das Vorstudium an der neuen Universität in Padang absolvierte, sich dort auszeichnete, eine Finanzierungsmöglichkeit für das Hauptstudium fand — »dann, wer weiß? Vielleicht hat das Dorf dann noch einen Arzt. So habe ich es jedenfalls damals gemacht.«

»Sie glauben, er würde zurückkommen und hier praktizieren?«

»Könnte durchaus sein. Wir gehen weg, wir kommen wieder.« Sie zuckte mit den Achseln, als sei das der natürliche Lauf der Dinge. Und für die Minang war es das auch: Rantau, die Tradition, junge Männer in die Fremde zu schicken, gehörte zum System des Adat, Brauch und Verpflichtung. Adat, wie auch der konservative Islam, hatte in den letzten dreißig Jahren unter dem Einfluss der Modernisierung gewisse Auflösungserscheinungen gezeigt, pulsierte aber noch wie ein Herz unter der Oberfläche des Minang-Lebens.

En war eingeschärft worden, mich nicht zu belästigen, doch allmählich verlor er seine Scheu vor mir. Mit Inas ausdrücklicher Erlaubnis konnte er, wenn ich gerade keinen Fieberanfall hatte, seinen englischen Wortschatz verfeinern, indem er mir Lebensmittel brachte und sie für mich benannte: silomak, klebriger Reis; singgam ayam, Curryhühnchen. Wenn ich »Danke« sagte, rief En »Bitte sehr!« und grinste, wobei er seine strahlend weißen, aber krumm und schief stehenden Zähne zeigte (Ina versuchte seine Eltern davon zu überzeugen, dass er eine Zahnklammer brauchte).

Ina selbst teilte sich mit Verwandten im Dorf ein kleines Haus; allerdings hatte sie in letzter Zeit in einem der Sprechzimmer der Klinik geschlafen, das auch nicht gemütlicher gewesen sein dürfte als meine trübe Zelle. Doch manchmal zwangen familiäre Verpflichtungen sie, über Nacht nach Hause zu gehen. In diesem Fall überprüfte sie meine Temperatur und meinen allgemeinen Zustand, versorgte mich mit Essen und Wasser und ließ mir für Notfälle einen Pager da. Und dann war ich allein, bis am nächsten Morgen ihr Schlüssel wieder im Türschloss klapperte.

Eines Nachts jedoch erwachte ich aus einem wilden, labyrinthischen Traum, aufgeschreckt durch das Rütteln der Seitentür, an deren Türknopf jemand vergeblich drehte, um sie zu öffnen. Nicht Ina. Falsche Tür. Falsche Tageszeit. Nach meiner Uhr war es Mitternacht, erst der Anfang der tiefsten Nacht; einige wenige Dorfbewohner würden noch bei dem einen oder anderen warung herumhängen, Autos auf der Hauptstraße fahren, Lastwagen versuchen, bis zum Morgen irgendeine ferne desa zu erreichen. Vielleicht war es ein Patient, der sie noch anzutreffen hoffte. Vielleicht auch ein Süchtiger auf der Suche nach Drogen.

Das Drehen am Knopf hörte auf.

Leise erhob ich mich, streifte Jeans und ein T-Shirt über. Die Klinik war dunkel, meine Zelle war dunkel, das einzige Licht lieferte der Mond durchs hohe Fenster… das plötzlich verdunkelt war.