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„In bezug auf Rettungsaktionen habe ich bereits alles gegenwärtig Mögliche veranlaßt“, lautete Dondragmers Erwiderung auf den ersten Teil von Benjs Durchsage. „Es besteht noch für viele Stunden kein Anlaß, sich über die Ate mluftvorräte zu beunruhigen. Wir reagieren auf Atemluftmangel nicht in der gleichen Weise wie Menschen. Selbst wenn die Wasserstoffkonzentration für sie zu gering wird, um bei Bewußtsein bleiben zu können, werden ihre Körperfunktionen über Stunden hinweg nur langsam schwächer. Du brauchst dich also vorerst nicht zu beunruhigen. Alle unsere Werkzeuge befinden sich bereits im Einsatz; draußen gäbe es für mich nichts zu tun, und es würde länger dauern, bis ich über euch die Berichte von Reffel erhalte. Vielleicht kannst du mir sagen, wie seine Suche nach Kervenser verläuft. Ich nehme an, daß sie noch erfolglos ist, denn der Scheinwerfer des Seouls ist noch sichtbar und seine Flugweise unverändert. Womöglich könnt ihr mir einige Geländebeschreibunge n durchgeben. Ich würde gern soviel wie möglich über dieses Gebiet wissen.“

Easy unterdrückte erneut eine Äußerung, bevor Benj ihre Absicht bemerkte. Während der Junge seine Aufmerksamkeit dem Bildschirm widmete, der die von dem im Helikopter befindlichen Kommunikatorsatz übermittelten Bilder wiedergab, fragte sie sich, ob Dondragmer ihren Sohn nur abzuwimmeln suc hte, oder ob er einen wirklichen Begriff von dem menschlichen Bedürfnis nach Geschäftigkeit und dem Gefühl der Nützlichkeit besaß. Letzteres war unwahrscheinlich, aber selbst Easy Hoffman, die die mesklinitische Natur wahrscheinlich besser kannte als jeder lebende Mensch, war sich dessen nicht sicher.

Benj hatte den betreffenden Bildschirm nicht beobachtet und mußte sich deshalb erkundigen, ob es inzwischen Neuigkeiten gab. Einer der Beobachter antwortete knapp, daß bis jetzt nichts als eine steinübersäte Oberfläche, unterbrochen von gefrorenen Tümpeln, ähnlich jenem in dem die Kwembly steckte, in Sicht gekommen sei. Noch gäbe es keine Spur von dem anderen Helikopter oder seinem Piloten. Vorerst rechnete auch niemand damit. Hätte Kervenser nur in geringer Entfernung Bruch erlitten, wäre das Ereignis wahrscheinlich vom Fahrzeug aus gesehen worden.

Benj gab die Information weiter und fügte eine Frage hinzu. „Warum sucht Reffel so langsam und sorgfältig in der Nähe des Fahrzeugs? Befand sich Kervenser nicht schon lange außer Sicht?“

Diesmal verschaffte die Antwort der Hilflosigkeit des Jungen ein wenig Erleichterung. „Doch, Benj.

Es schien mir vernünftiger, uns erst einen vollständigen Überblick der unmittelbaren Umgebung zu verschaffen und die Suche dann auszudehnen, zumal sich hieraus der Vorteil ergibt, daß mehr Informationen für eure Wissenschaftler gesammelt werden. Falls sie jedoch darauf warten können, richte Reffel bitte aus, er solle sich westwärts halten, so lange er das Licht der Brücke sehen kann, und die Suche über dieser Stelle fortsetzen.“

„Selbstverständlich, Captain.“ Die Unterhaltung war auf Stennish geführt worden, so daß keiner der anwesenden Wissenschaftler sie verstanden hatte.

Benj hielt sich nicht damit auf, ihre Zustimmung einzuholen, bevor er die Anweisung in derselben Sprache weitergab. Offenbar bereitete Benjs Akzent Reffel keine Schwierigkeiten, denn sogleich wandte sich seine kleine Maschine nach Westen.

„Und was soll mit unseren Karten werden? Wir sind jetzt mitten in der Arbeit“, grollte ein Topografiker.

„Der Captain wollte es so“, antwortete Benj knapp.

„So? Hätte ich ihn verstanden, ich hätte mich dagegen ausgesprochen, aber ich vermute, daß es nun zu spät ist. Darf man wenigstens annehmen, daß sie diese Lücke später ausfüllen werden?“

„Ich frage Dondragmer“, antwortete der Junge mit einem unsicheren Blick zu seiner Mutter. Sie trug jene ausdruckslose Miene zur Schau, die er nur allzu gut kannte. Glücklicherweise verließ der Wissenschaftler, nicht ohne einige erboste Bemerkungen zu murmeln, den Kommunikationsraum, und Benj wandte seine Aufmerksamkeit wieder dem Bildschirm zu, der mit dem Kommunikatorsatz von Reffels Helikopter korrespondierte, bevor Easy ihre Gefaßtheit verlor.

Mehrere andere der Anwesenden, die den Inhalt des Gesprächs mit Dondragmer ebenfalls erfaßt hatten, mußten sich nicht minder anstrengen, ernste Gesichter zu bewahren. Aus mancherlei Gründen bereitete es ihnen Vergnügen, wenn die Wissenschaftler eins ausgewischt bekamen. Benj bemerkte davon nichts. Er sorgte sich noch immer um Beetchermarlf.

Dondragmers Versicherung, daß Wasserstoffmangel kein akutes Problem sei, hatte ihn ein wenig beruhigt, aber der Gedanke, die beiden vermißten Steuerleute könnten ebenfalls im Eis festfrieren, quälte ihn genug. Unter dem Rumpf der Kwembly mochte dies längere Zeit beanspruchen, doch ausbleiben würde es letztlich nicht. Es konnte sogar schon geschehen sein. Etwas mußte getan werden können.

Hitze schmilzt Eis. Hitze ist Energie. Die Kwembly enthielt genug Energie, um unter dem Einfluß von Dhrawns Gravitation fahren zu können, aber es gab keinen Weg, ihre Energie zum Schmelzen des Eises zu verwenden. Besaß das Fahrzeug nicht irgendwelche Wärmequellen innerhalb seines Versorgungssystems, die sich demontieren und auf der Oberfläche einsetzen lassen konnten?

Nein. Es war unwahrscheinlich, daß die Meskliniten auf Dhrawn jemals Wärmequellen benötigten. Selbst jene Gebiete des Planeten, die der Eigenwärme zu entbehren schienen, wurden von der Sonne auf Temperaturen um fünfzig Grad gehalten. Jene Regionen, in denen sie noch für viele Jahre hauptsächlich zu tun haben würden, zum Beispiel das Zentrum des Tiefdruckgebiets Alpha, waren für sie eher zu warm als zu kalt. Die Kwembly besaß ein Kühlsystem, das sich mittels der Konverter in Betrieb setzen ließ, doch soweit Benj wußte, war es seit dem ersten Testlauf niemals mehr benutzt worden. Man erwartete, es erst während der Erkundungen im Zentralbereich des Tiefdruckgebiets Alpha, also nicht vor Ablauf eines weiteren Erdjahres, vielleicht sogar erst später gebrauchen zu müssen. Das Schicksal der Esket hatte einige der ursprünglichen Pläne ein wenig ins Wanken gebracht.

Aber eine Kühlanlage war unvermeidlich auch eine Wärmepumpe. Soviel war Benj klar. Und wenigstens theoretisch ließ die Funktion der meisten Pumpen sich umkehren. Das Kühlsystem mußte irgendwo außerhalb der Fahrzeughülle eine Vorrichtung zur Abgabe von Wärme haben. Wo befand sie sich? Konnte sie verlegt werden?

Dondragmer mußte es wissen. Aber war ihm dieser Gedanke nicht auch schon gekommen? Vielleicht nicht. Er war alles andere als einfältig, aber seine Entwicklung war nicht analog der eines Menschen verlaufen. Seine Kenntnisse der Physik hatte er erst lange nach Abschluß seiner mesklinitischen Reife von Nichtmeskliniten erhalten. Sie waren vermutlich nicht Bestandteil jener Grundkenntnisse, die die meisten intelligenten Wesen mit der Vorstellung von Allgemeinwissen verbanden. Bei diesem Gedanken nickte Benj, brauchte noch zwei oder drei Sekunden, um sich zu versichern, daß die Sache einen Versuch wert war, und langte nach seinem Mikrofonschalter.

Diesmal entstand, während er seine Durchsage machte, keine Heiterkeit. Keiner war ausreichend über die technischen Details der Fahrzeuge informiert, doch alle kannten sich in der Physik genug aus, um sich darüber zu ärgern, nicht selbst schon früher auf diesen Gedanken verfallen zu sein.

Sie erwarteten Dondragmers Antwort mit der gleichen Ungeduld wie Benj.

„Das Kühlsystem ist eine unserer elektronischen Anlagen, deren Funktion ich, wie ich zugebe, nicht in allen Einzelheiten begreife“, lautete die Antwort des Captains, als sie endlich den Satelliten erreichte. Zum Unmut einiger Zuhörer bediente er sich noch immer seiner eigenen Sprache. „Seit dem Abnahmetest war es nicht mehr in Betrieb; das Wetter war bisweilen ziemlich warm, aber nicht unerträglich. Zu beschreiben ist die Anlage ziemlich leicht; in allen Räumen des Fahrzeugs befinden sich Metallplatten, die kalt werden, wenn wir dem Kühlsystem Energie zuführen. Da ist eine Metallstange, eine Art von Schleife, die von beiden Seiten der Hülle aus bis zur Oberseite verläuft. Sie beginnt in Hecknähe, führt auf der Backbordseite ungefähr bis zur Rumpfmitte, dann etwa vier Körperlängen hinter der Brücke über den Rumpf und auf der anderen Seite wieder nach hinten zum Heck und endet dort. Ich vermute, daß diese Schlinge der Hitzeradiator ist. Mir ist klar, daß das Kühlsystem ein solches Teil haben und daß es sich außerhalb des Rumpfs befinden muß. Allerdings könnte diese Stange gar nicht höher über dem Eis liegen, als es schon der Fall ist, und selbst wenn sie sich genug erhitzen würde, um Eis zu schmelzen, könnte ich mir nicht vorstellen, daß sie es aus dieser Höhe über dem Eis vermag. Ebenso sehe ich ein, daß sie sich hinreichend erhitzen läßt, indem man Elektrizität hindurchleitet, aber der Gedanke, sie für diesen Zweck von der Hülle zu lösen, mißfällt mir ein wenig.“