Benj konnte die Krafteinheit nicht besonders gut erkennen, weil die Wiedergabe auf dem Bildschirm sehr klein war, aber er war mit derartigen Geräten vertraut. Die Konverter der Meskliniten entsprachen weitgehend dem Standard und hatten für den Gebrauch auf Dhrawn nur geringfügig modifiziert werden müssen. Die Elektrizität, die Borndender brauchte, war durch unterschiedliche Kontaktarten zugänglich; an zwei gegenüberliegenden Seiten des Kastens gab es energetisierbare Kontaktplättchen, und überdies wies der Kasten mehrere ein- und zweipolige Normalsteckdosen auf. Die Verwendung der Plättchen wäre am einfachsten gewesen, doch wie Benj nachträglich erfuhr, hatten die Meskliniten dies als zu riskant verworfen und es vorgezogen, es mit den Fassungen zu versuchen, deren Verwendung jedoch erforderte, daß sich die Enden der Stange hineinschieben ließen. Borndender wußte bereits, daß die Stange etwas zu dick war und an den Enden zurechtgefeilt werden mußte; er hatte die erforderlichen Werkzeuge mitgebracht und hatte hiermit keine Probleme. Die verschmälerten Enden einw ärts zu biegen, so daß sie gegeneinander deuteten, erwies sich schon als schwerer. Während die beiden sich noch damit abmühten, strömten die übrigen Besatzungsmitglieder, beladen mit den hydroponischen Tanks, ihren Pumpen, Lampen und Energiekonvertern, aus der Hauptschleuse; sie marschierten hinüber zur Nordseite des Tals.
Borndender widmete ihnen nur einen kurzen Blick, wobei er überlegte, ob er jemand um Unterstützung ansprechen könne.
Das Zurechtbiegen der Enden war nicht ein Problem bloßer Körperkräfte, denn die eines Meskliniten waren der Aufgabe sicherlich gewachsen. Nicht daran mangelte es den beiden Wissenschaftlern, sondern ausreichender Standfestigkeit. Das Eis bestand aus fast purem Wasser mit geringen Spuren von Ammoniak und besaß eine entspreche nd schlüpfrige Oberfläche; unter normalen Umständen behinderte die Glätte die Meskliniten aufgrund ihrer Vielbeinigkeit keineswegs in der Fortbewegung. Nun aber, als Borndender und sein Assistent einen Druck auf die Enden der Stange auszuüben versuchten, der sie zu verbiegen geeignet war, erwiesen ihre zwanzig Pfund Körpermasse sich als zu gering dazu. Das Metall wollte nicht nachgeben, und die langen Körper der beiden Meskliniten rutschten und glitten in grotesken Verrenkungen immer wieder ab.
Dieser Anblick genügte, um Benj trotz seiner Besorgnis zu einem Kichern zu veranlassen, und Seumas McDevitt, der soeben aus dem Meteorologischen Labor kam, erging es nicht anders.
Borndender löste das Problem schließlich; er holte das Bohrgerät aus der Kwembly und bohrte ein halbes Dutzend Löcher ins Eis, in die er Rahmenteile des Bohrturms versenkte. Den flachen mesklinitischen Hintern gegen das Gestänge gelehnt, erhielten die beiden nun genug Rückhalt für den Einsatz ihrer Muskeln. Auf diese Weise gelang es endlich, die Enden der Radiatorstange in die gewünschte Form zu bringen.
Nach Abschluß der Feilarbeiten war es einfach, die Enden in die vorgesehenen Kastenfassungen zu schieben. Es erforderte nicht mehr als das Anheben der beiden verbogenen Enden um etwa fünf Zentimeter bis in die Höhe der beiden Fassungen.
Recht zögernd — was auch den Menschen nicht entging — wandte sich Borndender dann den Kontrollen der Krafteinheit zu. Seine Zuschauer waren nicht minder gespannt; Dondragmer war, da er nur die Zusicherung der Me nschen besaß, nicht gänzlich davon überzeugt, daß die Operation dem Fahrzeug nicht schaden könne; und Benj und McDevitt hegten ebenfalls einige Zweifel an der Wirksamkeit des improvisierten Erhitzers.
Ihre Zweifel wurden rasch zerstreut. Die eingebauten Sicherheitsschaltungen funktionierten ausreichend, soweit es die Apparatur selbst betraf; sie konnten allerdings die Außenaufladung nicht exakt analysieren, kontrollierten aber den Energieausstoß und verhinderten den Aufbau allzu hoher Spannung. Natürlich hatte Borndender auf Minimalleistung geschaltet. Der Widerstand blieb mehrere Sekunden lang erhalten und wäre es wohl endgültig geblieben, hätten sich die Enden der Stange nicht über dem Eis befunden.
Über die größte Länge der Stange hinweg klappte alles. Im Augenblick der Energieabgabe erhob sich eine Wolke mikroskopisch kleiner Eiskristalle, als rings um die Stange Wasser verdunstete und in der Luft wieder gefror. Die Wolke verbarg zunächst den Anblick, aber die Stange begann sich in die Eisoberfläche zu schmelzen. Die letzten Zentimeter der beiden Stangenenden, die über dem Eis in der Krafteinheit steckten, zeigten für etwa drei Sekunden keine Spur von Aufladung, doch dann begannen sie zu glühen. Der Metallwiderstand wuchs naturgemäß mit dem Grad der Erhitzung, und die Einheit lieferte, um die Stromstärke konstant zu halten, plötzlich höhere Spannung. Die zusätzliche Hitze konzentrierte sich fast völlig in den bereits überhitzten Abschnitten. Einen Moment lang erhellte ein zuerst rotes, dann grellweißes Glühen die Eiswolke und veranlaßte Dondragmer, sich auf die andere Seite der Brücke zu flüchten, während Borndender und sein Kollege sich flach auf das Eis preßten.
Die menschlichen Zuschauer schrieen auf; McDevitt rief, die Einheit könne nicht explodieren, aber aufgrund der Übermittlungsverzögerung waren diese Reaktionen natürlich nutzlos. Das eine Ende der Stange schmolz, und die Energieeinheit schaltete sich automatisch ab; Borndender, einigermaßen überrascht, weil er noch lebte, deaktivierte nachträglich die manuelle Kontrolle und machte sich, ohne erst dem Captain zu berichten, an die Untersuchung der Komplikation.
Er brauchte nicht lange; er war ein gründlicher Denker und besaß sehr viel mehr menschliches Wissen als etwa die beiden Steuerleute, die einige Meter entfernt noch immer auf Rettung warteten.
Er verstand die Fusionskonverter sowohl theoretisch wie praktisch; einen konstruieren können hätte er natürlich nicht, aber er vermochte die Ursachen von Fehlfunktionen zu ergründen, obwohl er seiner schwerpunktmäßigen Spezialausbildung nach mehr Chemiker war als Physiker.
Mit einiger Überraschung verfolgten die beiden Menschen, und Dondragmer mit gewissem Unbehagen, wie die beiden Wissenschaftler sich anschickten, den Erhitzer wieder einsatzfähig zu machen und die Operation zu wiederholen. Das abgeschmolzene Ende der Stange wurde erneut zurechtgefeilt, umgebogen, in die Fassung placiert; mit dem Bohrgerät schufen die beiden ein Loch, in das sie den Konverter stellten, so daß auch die Fassungen sich in Höhe der Eisoberfläche befanden und die Radiatorstange nunmehr vollständig auflag.
Dann bedeckten sie die ganze Vorrichtung mit beim Bohren gelösten Eisbrocken und ließen nur die Kontrollen frei. Nach diesen Vorbereitungen schaltete Borndender den Konverter wieder ein und entfernte sich diesmal hastiger.
Die weiße Eiswolke schoß erneut empor, schwoll an und breitete sich aus. Sie hüllte die ganze Seite der Kwembly ein und nahm Dondragmer — und den Menschen — die Sicht. Von den Außenscheinwerfern erhellt, erregte sie die Aufmerksamkeit der Mannschaften, die sich inzwischen dem Ufer näherten, und von Stakendees Gruppe, die sich einige Meilen weiter westlich aufhielt. Die ganze Stange versank in schmelzendem Eis, das als heißer Dampf himmelwärts schoß und sich dort wieder zu Eiskristallen verdichtete. Das kochende Wasserloch grub sich tiefer in die Eisschicht; sanfter Wind trieb den Eisnebel davon. Schließlich erreichte die Heißwasserentwicklung den Rumpf der Kwembly, und Dondragmer, der den kochenden Pfuhl für einen Mo ment durch den wirbelnden Eisnebel erkennen konnte, kam plötzlich ein fürchterlicher Gedanke. Eilig hüllte er sich in seinen Schutzanzug und stürzte hinunter zur Hauptschleuse. Dann zögerte er; in dem Anzug vermochte er nicht zu spüren, ob das Fahrzeug sich bedrohlich erwärmte, und Thermometer gab es nur im Laboratorium. Er dachte kurz daran, eines zu holen, aber der Zeitverlust schien ihm zu riskant; entschlossen öffnete er die Sicherheitsventile der Schleuse. Er hatte keine Ahnung, ob die Hitze lange genug anhalten würde, um die Ammoniakfüllung der Schleuse zum Sieden zu bringen — die Hülle der Kwembly war hervorragend isoliert, doch an nichts war dem Captain weniger gelegen als an kochendem Ammoniak an Bord seines Fahrzeugs.