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Der Fluß war noch schmal, als die Kolonne ihn durchquerte, obwohl Stakendee, der sein Anschwellen gemeldet hatte, sich nur wenige Meilen weiter westlich befand. Benj gelangte zu der Auffassung, daß Stakendees Gruppe wohl den Fluß ebenfalls alsbald überqueren sollte, damit sie sich am anderen Ufer der Kolonne anschließen konnte. Allerdings trug er seinen Vorschlag Dondragmer vor, statt sich direkt an Stakendee zu wenden. Der Captain, der der beiden Kuriere gedachte, die er stromaufwärts geschickt hatte, riet hastig dazu, die Flußüberschreitung so lange wie möglich zu verschieben, damit Stakendee das Anschwellen der Flut zu verzeichnen in der Lage sei. Benj und Easy akzeptierten diese Ausrede. Ib Hoffman, der genau wußte, daß der Spähtrupp keine Chronometer mitführte und deshalb über die Flutentwicklung gar keine vernünftigen Angaben machen konnte, war einige Sekunden lang recht verwirrt. Dann lächelte er verschmitzt.

Die nächsten beiden Stunden gab es kaum etwas zu beobachten. Die Besatzung der Kwembly erklomm das steinige Ufer und erreichte die Stelle, an der die zuerst abtransportierten Ausrüstungsgegenstände deponiert worden waren, und begann, so etwas wie ein Lager zu errichten.

Natürlich wurden die Versorgungsvorrichtungen vorrangig betreut. Es würden noch viele Stunden vergehen, bevor die ersten Schutzanzüge der Vorratsergänzung bedurften, doch ausbleiben konnte dies nicht. Am zweitwichtigsten waren die Nahrungsvorräte. Die Meskliniten erledigten die hiermit verbundenen Arbeiten schnell und routiniert. Dondragmer, ein erfahrener Segler, vermochte die bei einer Havarie anfallenden Probleme glänzend zu bewältigen.

Schließlich setzte Stakendees Gruppe über den Fluß und erreichte bald darauf das im Aufbau befindliche Lager. Dondragmer hatte der Durchquerung zugestimmt, nachdem über Benj eine Durchsage gekommen war, in der rein zufällig der Name eines der beiden Kuriere fiel, die er ausgeschickt hatte.

Folglich blieb das Anwachsen des Ammoniak-Wasser-Stroms sowohl menschlichen als auch mesklinitischen Augen verborgen. Der Anblick wäre allerdings höchst interessant gewesen. Zuerst handelte es sich um nicht mehr als ein dünnes Rinnsal, das von den höheren Ebenen des Flußbettes von einer Bodenkuhle zur nächsten sickerte. In dem Maße, wie der Flüssigkeitsgehalt des Nebels sich niederschlug, begannen neue, dünne Zuflüsse den Hauptstrom von beiden Seiten aus zu speisen, wodurch der Fluß tiefer wurde und anschwoll. Da und dort gefror er vorübergehend, als Wasser, das aus stromaufwärts gelegenen vereisten Tümpeln stammte, mit aus dem Nebel sich ablagerndem Ammoniak eine eutektische Verbindung einging, die bei der herrschenden Temperatur jedoch unvermeidlich in flüssigen Zustand übergehen mußte. Die Temperatur betrug etwa 174 Grad Kelvin und ungefähr 71 Grad nach der von den mesklinitischen Wissenschaftlern benutzten Skala. Die Flut verstärkte sich, während sie sich der Kwembly näherte; mehr und mehr Wassereis schmolz, und die Aggregatprozesse wurden komplizierter. Das Ammoniak verwandelte eine Zeitlang Eis in Flüssigwasser, und die Mischung rann stromabwärts. Dann erstarrte der Strom infolge der Anreicherung mit Ammoniak für eine Weile wie das Wachs einer erloschenen Kerze, um sich anschließend, als das untergelagerte Eis mit der Mischung eine Reaktion einging, wieder zu verflüssigen. Endlich erreichte die Flut das Loch, das man auf der Steuerbordseite der Kwembly in die Eisschicht geschmolzen hatte, so daß die Menschen die Entwicklung fortan beobachten konnten. Zu diesem Zeitpunkt bestand der sogenannte Strom aus einer verwirrenden Vielfalt von flüssigen und gefrorenen Verbindungen und erstreckte sich über ungefähr zwei Meilen. Das Eis löste sich nach und nach auf. So weit stromabwärts standen noch keine Wolken am Himmel, doch war die Atmosphäre so mit Ammoniak gesättigt, daß es zu kondensieren begann. Das ammoniakarme Wassereis, das eine Schicht zwischen dem Felsuntergrund und dem Flüssigkeitsstrom bildete, begann dadurch zu tauen und löste sich allmählich auf. Die Flüssigkeit neigte erne ut zur Erstarrung, als sie noch mehr Ammoniakdunst absorbierte, aber ihr Vordringen bereicherte sie auch um mehr Wassereis. Sehr langsam, so unauffällig, daß weder die Menschen noch die beiden in der Matratzenzelle hockenden Meskliniten die Veränderung bemerkten, löste das Eis seine Umklammerung um die Kwembly, und schließlich lag das Fahrzeug eisfrei. Inzwischen hatte sich das gesamte Flußbett mit Flüssigkeit gefüllt, die nur noch sehr wenige Eisschollen mitführte. Eine sehr schwache Strömung begann sich zu entwickeln.

Unbemerkt von den Menschen und unbemerkt von den beiden Meskliniten schickte die Kwembly sich an, mit dieser Strömung zu treiben, so sanft, daß weder die Augen der Menschen noch die Nervensysteme der Steuerleute auch nur die leiseste Bewegung registrierten.

Der Fluß, der sich auf dem großen Plateau gebildet hatte, wand sich durch eine Kette von Hügeln, die für Dhrawns Verhältnisse respektable Bodenerhebungen waren; er floß aus dem Nordwesten etwa viertausend Meilen weit nach Südosten. Die erste Flutwelle hatte das Fahrzeug über einen Paß in der Nähe des südöstlichen Endes der Flußlänge und in eine niedrigere Region am Rande der Tiefdruckzone Alpha gespült. Diese Flut war das erste recht zögernde Anzeichen für die jahreszeitliche Wetteränderung gewesen, die aus Dhrawns Annäherung an seine Sonne resultierte.

Die zweite Flut war identisch mit der tatsächlichen Flußbildung und würde erst aufhören, nachdem der gesamte Schnee geschmolzen war, über ein Erdjahr später. Die Kwembly bewegte sich so schwach, weil sie nur langsam freischmolz; daran änderte sich auch nichts, als sie schließlich weiter abtrieb, denn der inzwischen völlig verflüssigte Strom war zu breit und tief. Beetchermarlf und Takoorch waren vielleicht ein wenig durch den fallenden Wasserstoffdruck verwirrt, doch selbst wenn sie die leisen Bewegungen des Fahrzeugs bemerkt hätten, würden sie sie wahrscheinlich ihren eigenen Regungen auf dem flexiblen Material der Pneumatik zugeschrieben haben.

Das Tiefdruckgebiet Alpha war keineswegs Dhrawns wärmste Region. Die lokalen Schmelzeffekte jedoch, die auf jedem Planeten dazu tendierten, die radioaktiven Elemente zu konzentrieren, erwärmten sie jedoch an zahlreichen Stellen bis zum Schmelzpunkt von Wassereis, das hieß, mehr als zweihundert Grad Kelvin wärmer als die Strahlung von Lalande 21.185 es allein verursacht hätte. Ein Mensch hätte in diesem Gebiet ohne komplizierte technische Schutzvorrichtungen leben können, wären nicht die kolossalen Gravitations- und Druckverhältnisse gewesen. Das wirklich heiße Gebiet Dhrawns, die Tiefdruckzone Beta, lag vierzigtausend Meilen weiter nördlich.

Die Kwembly wurde unaufhaltsam in Regionen mit erhöhten Temperaturen abgetrieben, die den Fluß in seinem liquiden Zustand hielten, obwohl er Ammoniak an die Atmosphäre verlor. Etwa dreihundert Meilen von der Stelle entfernt, an der die Besatzung das Fahrzeug geräumt hatte, trieb es in einen breiten, flachen See. Es strandete im weichen Schlamm des Deltas, in das der Fluß mündete. Der mächtige Rumpf stemmte sich naturgemäß gegen die Strömung, und diese begann sich neben dem Fahrzeug einen neuen Kanal zu graben. Nach ungefähr einer halben Stunde rutschte das Fahrzeug seitwärts hinein und schwamm erneut. Es war der Ruck, der bei diesem Vorgang erfolgte, welcher die Aufmerksamkeit der beiden Steuerleute erregte und sie veranlaßte, aus ihrem Versteck zu kommen.

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Die Behauptung, Benj habe Beetchermarlf auf den ersten Blick erkannt, wäre schlichtweg unwahr gewesen. Tatsächlich handelte es sich bei der raupenähnlichen Gestalt, die als erste die Rumpfoberseite erklomm, um Takoorch. Dennoch war es der Name des jüngeren Steuermanns, der plötzlich aus vier auf Dhrawn befindlichen Lautsprechern drang.

Einer davon stand auf der Brücke der Kwembly, und der Ruf verhallte ungehört. Zwei waren in Dondragmers Lager, das einige hundert Meter neben dem breiten, schnell dahinfließenden Strom, der nun das Tal ausfüllte, aufgeschlagen war. Der vierte befand sich in Reffels Helikopter, der dicht neben dem Luftschiff Gwelf geparkt stand.