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Das aufgebrachte Gemurmel erstarb, als Professor Grayson zu erklären begann. »Man plant, in der einlaufenden Flugbahn des Kometen einen Asteroiden namens Avalon zu positionieren. Donnerschlag wird achtundsechzig Tage vor Erreichen des Erde-Mond-Systems mit Avalon kollidieren.« Grayson betätigte einen Schalter, woraufhin ein roter Zeiger nahe der Stelle erschien, wo sich die Bahn des Kometen mit der der Erde kreuzte. »Wenn sie Erfolg haben, wird die Kollision das Gegenteil dessen bewirken, was wir bisher zu erreichen versuchten. Sie wird die Geschwindigkeit des Kometen geringfügig vermindern. Au ßerdem wird es zu einer minimalen Veränderung der Flugbahn kommen, die aber zu gering ausfallen wird, um sich bemerkbar zu machen. Was sich jedoch bemerkbar machen wird, das ist der Zeitpunkt, zu dem der Komet ins Erde Mond-System eintritt. Der Kern wird rund hunderfünfzig Sekunden später eintreffen als ursprünglich erwartet.«

»Das hört sich nicht besonders bedeutsam an«, sagte Harold Barnes, der Bankier.

»Normalerweise wäre es das auch nicht. Wie auch immer, Erde und Mond bleiben dadurch zusätzliche zweieinhalb Minuten, sich quer durch die Flugbahn des Kometen zu bewegen. In diesen zweieinhalb Minuten wird sich Luna zwischen den Kometen und die Erde schieben. Donnerschlag wird am 17. Juli 2087 um vierzehn Uhr siebenundzwanzig mitten auf Farside aufschlagen. Ich brauche nicht extra zu betonen, dass eine solche Katastrophe das Ende unserer kleinen Welt bedeuten würde.«

»Sind diese Informationen zuverlässig?«, fragte Pierre Robles.

»Das sind sie«, erwiderte Hobart. »Seit dem Eintreffen von John Malvans Nachricht haben unsere Agenten auf der Erde Überstunden gemacht, um weitere Erkundigungen einzuziehen. Alles deutet darauf hin, dass Constance Forbin die Operation Avalon hat anlaufen lassen. Wir stehen nun vor der Frage, was können wir tun?«

»Was sollten wir denn tun?«, fragte einer der Nationalparlamentarier, der ebenfalls ordentlicher Minister war. »Schließlich hieße es doch, zwischen Luna und seinen Millionen und der Erde mit ihren Milliarden zu wählen.«

»Niemand schlägt vor, die Erde zu opfern, um Lunas Untergang abzuwenden«, erwiderte Hobart schroff. »Wenn wir sterben müssen, um unsere Mutterwelt zu retten, dann soll es sein! Was mir Sorge macht, ist, dass diese neue Option alle anderen ausschließt. Den Kometen abzulenken ist ein schwieriges Unterfangen. Wenn sich den Terrestriern erst einmal ein Ausweg bietet, werden sie aufhören, nach besseren Lösungen zu suchen. Schließlich ist es dann nicht mehr ihre eigene Welt, die vernichtet werden wird.«

»Genauso, wie wir uns während der letzten sechs Monate um unsere eigenen Angelegenheiten gekümmert haben?«, fragte der Anführer der Radikalen.

»Das ist eine Unterstellung, Juan Aurrelios, und Sie wissen das auch!«, knurrte Barnes. »Wenn der Untergang der Erde droht, müssen wir uns ums eigene Überleben kümmern.«

Hobart hob die Hand. »Nein, der verehrte Kollege von Tycho Terrace hat Recht. Wir haben dazu tendiert, diese Krise vom Standpunkt unseres Überlebens aus zu betrachten, nicht von dem der Terrestrier. Jetzt muss es uns darum gehen, zu verhindern, dass sie das Gleiche mit uns machen. Wir müssen eine Lösung vorschlagen, die beiden Seiten zum Nutzen gereicht. Dieser Plan, Luna als Zielscheibe zu benutzen, ist ein schlechter Plan, und sie müssen weiterhin nach einer Möglichkeit suchen, den Kometen zu beschleunigen, anstatt ihn zu verlangsamen.«

»Und wenn es die nicht gibt?«

»Es muss eine geben. Wir haben bloß noch nicht genügend darüber nachgedacht. Was ist, wenn sie plötzlich eine Methode entdecken, nachdem sie Avalon auf Donnerschlag umgelenkt haben? Wenn der Komet durch diese Kollision erst einmal abgebremst ist, führt an der Katastrophe kein Weg mehr vorbei. Es könnte gut sein, dass Luna sinnlos zerstört wird.«

»Wissen wir überhaupt, ob Luna solch eine Katastrophe überstehen würde?«

»Professor Portero hat sich damit befasst. Professor?«

Portero, der Astrophysiker von der Universität Luna, beugte sich vor. »Um die Wahrheit zu sagen, Bürger, ich kenne die Antwort auf diese Frage nicht. Mit einem Durchmesser von fünfhundert Kilometern erreicht Donnerschlag fast die maximale Größe eines Asteroiden, dem Luna mit Sicherheit widerstehen kann, ohne auseinanderzubrechen. Zum Glück besteht dieser Asteroid mehr aus Eis denn aus Eisen. Ein metallischer Meteor dieser Größe würde diese kleine Kugel entzweisprengen. In jedem Fall wird es sehr schlimm kommen, und Megatonnen von Trümmern werden in den Orbit hochgeschleudert. Die der Erde und sämtlicher Orbitalanlagen von Meteoren drohende Gefahr wird für Jahrzehnte, vielleicht für Jahrhunderte, sehr groß sein.«

»Das sind beides gute Gründe dafür, dass die Menschheit kooperieren sollte, um jede Kollision zu verhindern«, sagte Hobart. »Wenn der Kern die Erde trifft, werden wir hier auf Luna von dem resultierenden Meteoritenhagel pulverisiert. Wenn wir getroffen werden, bricht Luna möglicherweise auseinander. Wie würde es dem Leben auf der Erde ergehen, wenn die Gezeiten weitgehend zum Erliegen kämen? Außerdem, was sollte verhindern, dass nicht ein größeres Bruchstück von Mondmaterie trotzdem auf die Erde fällt und eben die Katastrophe hervorruft, die man hatte vermeiden wollen?«

Rund um den Tisch erhob sich ein zustimmendes Gemurmel. Hobart musterte die Doppelreihe finsterer Gesichter. »Ich nehme an, dass keiner der Anwesenden an dieser Scheußlichkeit mitzuwirken wünscht. Also, was können wir dann tun, um sie aufzuhalten?«

Die Korridore der Admiral Farragut waren von dem schwachen blauen Licht erhellt, mit dem Raumschiffe die Nacht simulierten. Thorpe zog sich Hand über Hand durch das blaue Glimmen. Er hielt an, als er die verschlossene Eingangsluke zum Teleskopraum erreicht hatte. Sich an einem der für diesen Zweck vorgesehenen Handgriffe festhaltend, klopfte er leise an die Luke, dann öffnete er sie.

Der Raum dahinter war bis auf den großen leuchtenden Bildschirm dunkel. Amber saß im rechten Beobachtersessel, ihr Kopf und die Schultern hoben sich vor dem Leuchten ab. Das Teleskop war auf Erde und Mond gerichtet, die beide als halb erleuchtete Kugeln zu sehen waren. Die Erde war verblüffend weiß, verglichen mit dem dunkleren Grau des Mondes. Die Mutterwelt war mit ihren charakteristischen Wolkenwirbeln und dem Blau des Ozeans geschmückt.

»Darf ich reinkommen?«, fragte er leise.

Amber blickte sich über die Schulter nach ihm um. »Natürlich.«

Er schloss die Luke und schwamm zum linken Sessel, auf dem er sich anschnallte, bevor er sich ihr zuwandte. »Findest du nicht, dass du dich ein bisschen anstellst deswegen?«

»Weswegen?«, fragte sie mit ausdrucksloser Stimme. Ihr normalerweise tadelloser Overall war zerknittert und ihr Haar ungekämmt. Die Ringe unter ihren Augen legten Zeugnis darüber ab, wie viel sie in den letzten zweiundsiebzig Stunden geschlafen hatte.

»Du kannst nicht ewig auf mich sauer sein. Du solltest allmählich wieder aus deinem Schneckenhaus herauskommen und mit dem Leben weitermachen.«

»Mit welchem Leben, Thomas?«

»Hör mal«, brummte er, »es tut mir leid, dass nicht irgendjemand anders auf die verdammte Idee gekommen ist, Donnerschlag mit dem Mond aufzuhalten. Ich bin derjenige, der darüber gestolpert ist. Was hätte ich denn deiner Meinung nach tun sollen? Es wieder vergessen?«

Ärger blitzte in ihren Augen auf. »Du hättest mir sagen können, was du entdeckt hattest. Du hättest dich mir anvertrauen können, mein Schatz!«

»Hätte ich das?«, fragte er. »Hättest du es für dich behalten?«

»Warum musste es denn ein Geheimnis bleiben?«

»Weil sie auf der Erde randalieren, verdammt nochmal! Sie randalieren, weil wir mit unserem letzten Versuch gescheitert sind. Was glaubst du wohl, was sie machen werden, wenn wir bei ihnen neue Hoffnungen wecken, nur um sie wieder zu enttäuschen? Mein Gott, sie hätten jede einzelne Stadt auf dem Planeten niedergebrannt. Nein, es war besser, mit der Bekanntgabe des Plans zu warten, bis ich sicher war, dass ich keinen Fehler gemacht hatte.«