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Aber hatte unser Präsident eigentlich das Recht, den Reptiloiden und mich der ganzen Menschheit auszuliefern? Hier lief eine Operation des Geheimdiensts. Und der würde sich garantiert nicht ins Handwerk pfuschen lassen. Schipunows Macht war gegenwärtig nicht so stabil wie in den ersten Jahren nach dem Umsturz …

Mir kamen träge, ekelhafte Gedanken. Als hätte ich in Rekordzeit ein ermüdendes Hindernisrennen hinter mich gebracht – und man würde mich jetzt noch bitten, durch einen Sumpf zu schwimmen. Wie einfach alles auf Der Heimat und bei den Alari gewesen war. Schwer und einfach. Hier dagegen gab es, wie gehabt, nur sinnloses Herumgerenne und kleinliche Intrigen …

Ich streckte ein Bein aus und drückte auf den Schalter des Fernsehers. Es war nun einmal ein Vorteil eines winziges Raums, alles per Hand – oder Fuß – erreichen zu können.

Etwas Dümmeres hätte ich mir nicht einfallen lassen können. Der erste Kanal brachte einen Musikwettbewerb. Die Sängerin, die unbeholfen über die Bühne wackelte, konnte absolut nicht singen. Besser sie ließe die Finger davon, würde sich an den Herd stellen oder für Badeanzüge Reklame machen. Aber das kümmerte natürlich niemanden. Die Fans vor der Bühne, männliche wie weibliche, johlten, die Kollegen des Sternchens in der Jury lächelten glückselig, obwohl ein Teil von ihnen sogar Ohr und Stimme besaß. Den zweiten Kanal übersprang ich mehr oder weniger, denn da liefen Nachrichten, gerade war ein brennender Bahnhof zu sehen. Der vierte Kanal bescherte mir eine politische Diskussion, die darauf hinauslief, dass in unserem Leben alles schlecht war und wir etwas Besseres verdient hätten. Der fünfte Kanal brachte einen Werbespot des Innenministeriums. Eine Grabesstimme aus dem Off verkündete: »Sie können das Gesetz brechen – und Sie werden nachts Albträume haben! Sie können als ehrlicher Bürger leben – und die gute Laune wird Sie nie wieder verlassen! Die Mitarbeiter der Miliz tragen Waffen und sind berechtigt, sie ohne jede Vorwarnung einzusetzen! Sie wollen, dass wir alle in Sicherheit leben!« Der primitive Clip wartete mit finsteren, unrasierten Verbrechern, lächelnden Bürgern mit weißen Zähnen und auf ein Ziel schießenden Milizionären auf. Im sechsten Kanal lief wie üblich Reklame, aktuell für brandneue Vakuum-Pampers mit 72-Stunden-Wirkung. Ich wollte den Fernseher schon ausschalten, als sich vor den lächelnden Säugling mit Lätzchen ein bekanntes Gesicht schob: Anatoli Romanow, Pilotenausbilder bei der Transaero. Mitten in der Bewegung hielt ich inne.

»Raumflüge sind harte Arbeit«, sagte Tolik. »Manchmal habe ich über mehrere Stunden nicht die Möglichkeit, mich vom Pult zu entfernen. Früher war das mit erheblichen Qualen verbunden …«

In Toliks Augen funkelte ein ungesundes Feuerchen. Gute Güte, wie viel hatten sie ihm dafür gezahlt?

»Aber jetzt, mit den neuen Vakuum-Pampers, sind all meine Probleme gelöst …«, endete Tolik. »Ich starte, führe meine Jumps durch, lande auf dem Zielplaneten und kehre zurück ohne meine Zeit für natürliche Bedürfnisse zu vergeuden …«

Ich brach in Gelächter aus. Der Pampers-Reklame folgte irgendeine Kindersendung. Ich wieherte noch immer bei der Vorstellung, wie Tolik in Pampers vor dem Jump-Pult hockte! Das war wirklich zu viel!

Die Luke öffnete sich, und Danilow kam halb schwebend, halb gehend herein. Unwillkürlich stellte ich mir den Oberst des Geheimdienstes ebenfalls in Pampers vor: »Kameraden zu überwachen, ist harte Arbeit. Manchmal habe ich über mehrere Stunden …« Ich erlitt einen weiteren Lachanfall.

Danilow starrte misstrauisch zum laufenden Fernseher hinüber. Gerade hüpften Tiere aus einem Zeichentrickfilm durchs Bild, und eine lebenslustige Stimme sang: »Wer will denn Montagmorgen schlafen, im Bett bleibt nur ein Tagedieb …«

Ohne hinter den Grund meiner Heiterkeit zu kommen, schaltete Danilow den Fernseher aus.

»Da haben sie Tolik gezeigt«, klärte ich ihn gutmütig auf. »Tolik Romanow. Er hat für Pampers Reklame gemacht.«

Danilow setzte sich auf den heruntergeklappten Klosettdeckel. »Ganz schön eng hier«, bemerkte er. »Findest du nicht auch?«

»Mir gefällt’s. Bist du gekommen, um meine Aussage aufzunehmen?«

»Pjotr«, sagte Danilow seufzend, »ich habe einen Vorschlag …«

»Dann lass mal hören«, spornte ich den verstummenden Oberst an.

»Lass uns auf der gleichen Seite der Barrikade kämpfen. Dann ziehen wir alle Anzeigen gegen dich und Andrej Valentinowitsch zurück.«

»Und was wird mit dem Reptiloiden?«

»Er wird auf irgendeinen Planeten des Konklaves gebracht. Dir ist klar, was das heißt?«

»Nicht ganz.«

»Deinem Großvater wird ein neuer Körper zur Verfügung gestellt. Der normale, gesunde Körper eines Menschen. Der Zähler wird ihm das Bewusstsein Andrej Valentinowitschs überspielen.«

Unsere Blicke kreuzten sich.

»Auf der Erde gibt es Tausende von Menschen, deren Bewusstsein gestorben ist, deren Körper aber noch lebt. Zum Beispiel Leute, die nach dem klinischen Tod nicht wiederbelebt wurden. Das ist auch nicht unmoralischer als eine Organtransplantation.«

»Und was hat mein Großvater dazu gesagt?«

»Bisher noch gar nichts. Ich habe beschlossen, zuerst mit dir darüber zu reden.«

»Was verlangt ihr von uns?«

»Kooperation. Nur Kooperation.«

»Es sind erst anderthalb Stunden vergangen«, sagte ich gedehnt. »Nicht mehr als anderthalb Stunden. Trotzdem seid ihr bereits dahintergekommen, dass das Schiff der Geometer nicht daran denkt, euch zu gehorchen.«

»Richtig. Du musst uns helfen, Pjotr. Um der Erde willen, um unseres Landes willen … musst du deine bisherige Einstellung aufgeben. Schließlich bist du ein Mensch. Ein Russe.«

»Hast du womöglich vergessen, dass in mir auch noch ein Cualcua lebt?«

In Danilows Gesicht regte sich nichts. »Es ist kaum möglich, das zu vergessen, solange du in diesem Körper steckst … Was willst du mir damit sagen? Wenn er seine Bedingungen vortragen will – bitte schön. Aber soweit ich es verstehe, verhält sich ihre Rasse eher passiv. Aber sei’s drum. Er soll sein Anliegen ruhig vortragen. Wir sind nicht gegen eine Koalition mit ihnen, mit den Alari oder mit den Zählern. Aber es liegt nicht in unserem Interesse, Hals über Kopf ans Ende der Welt zu rasen. Wenn die Erde auch nur über zehn solcher Schiffe verfügen würde … könnten wir mit den Starken Rassen auf gleicher Augenhöhe verhandeln.«

»Glaubst du eigentlich selbst, was du da sagst?«

»Ich habe keine andere Möglichkeit. Und du auch nicht, Pjotr. Gut, ich kann mir vorstellen, dass diese Entscheidung für dich nicht ganz so angenehm ist wie die, zum Kern zu fliegen, aber die Alternative wäre noch unangenehmer.«

»Und wie sähe sie aus, diese Alternative?«

In der schaukelnden Hängematte befand ich mich ein gutes Stück über Danilow. Was für eine trügerische, einlullende Position für einen Menschen, der einem anderen seine Bedingungen diktieren darf … Gut, an der offenen Luke huschten immer wieder die Schwarzhelme vorbei, und Danilows Geduld dürfte ihre Grenzen haben.

»Du würdest nicht verurteilt werden«, teilte Danilow mir leise mit. »Du würdest vermutlich sogar irgendeinen Orden für deine Teilnahme an dieser Operation erhalten.«

Teilnahme! Na klar, wir hatten ja im Schweiße unseres Angesichts geschuftet!

»Vielleicht einen Orden … posthum?«

»Spiel nicht den Blödmann. Du kriegst deinen Orden und bleibst auf der Erde, ohne Recht auf Flüge. Du wirst irgendwo arbeiten … Nachrichten hören … zu trinken anfangen. Und dich immer daran erinnern, dass deine Freunde noch ihre Pläne haben … dass sie unbekannte Technik überlisten und die Aliens austricksen wollen.«

»Und der Cualcua? Werdet ihr einen Menschen zur Erde lassen, in dessen Körper ein Symbiont lebt? Das glaube ich nie im Leben!«