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Was für ein Dummkopf!

»Gar keinen.«

»Herrscht die Rasse der Geometer über die absorbierten Zivilisationen?«

»Nein. Es herrscht die Idee.«

»Pjotr, setze deinen Bericht fort«, mischte sich jemand anders ins Gespräch.

»Hallo, Karel.« Ich wunderte mich nicht, dass auch der Zähler hier war. »Wo ist denn mein Großvater?«

»Er ist hier.«

»Dann hol ihn doch bitte.«

Es folgte abermals eine kurze Pause. »Hallo, Petja«, hörte ich schließlich.

»Hallo«, sagte ich zur Decke. »Wie geht es dir? Ist alles in Ordnung?«

Die Stimme meines Großvaters klang müde und freudlos.

»Soweit es möglich ist. Erzähl mir alles, mein Junge. Wie hast du das Schiff der Geometer gelenkt?«

»Ich habe allgemeine Anweisungen gegeben. Das Schiff verfügt über einen ziemlich ausgeprägten Verstand. Allerdings einen … kastrierten.«

»Erklär das genauer, Petja.«

»Ich glaube, dem Schiffscomputer fehlt nicht mehr viel zu einem regelrechten Verstand. Er ist in der Lage zu lernen. Aber aus irgendeinem Grund hat er ein völlig unzutreffendes Bild von sich selbst.«

»Genau das haben wir vermutet. Die Geometer haben das höchst raffiniert angestellt, Petja. Ihre Computer entwickeln sich nicht zu einem wirklich intelligenten Wesen, weil sie sich selbst bereits dafür halten.«

»Was?« Obwohl ich eigentlich gern weiterberichten wollte, konnte ich mir die Frage nicht verkneifen.

»Es kommt sogar noch schöner. In gewisser Weise …« Mein Großvater kicherte. „… hält sich jeder Computer der Geometer für das einzige intelligente Wesen im Universum. Für einen Gott, wenn du so willst. Er fasst die Realität als Spiel seiner Phantasie auf. Ein derart leistungsstarkes System könnte nur dann zu einem authentischen Bild seiner selbst gelangen, wenn es nicht glauben würde, diese Aufgabe sei bereits erledigt.«

»Ein gefährlicher Weg«, bemerkte ich.

»Nein, Petja, der bequemste von allen. Der einzig mögliche Weg vielleicht. Ein Gefangener will nicht in die Freiheit ausbrechen, wenn er sich bereits für frei hält.«

»Ich bin so froh, deine Stimme zu hören, Großpapa«, sagte ich nach kurzem Schweigen. »Du … du hast mir gefehlt.«

Abermals folgte eine kurze und unbehagliche Pause. Zu viele hörten unserem Gespräch zu. Das war nicht der Zeitpunkt für Sentimentalitäten.

»Erzähl weiter, Petja«, bat mein Großvater. »Dieses Gas weckt den Wunsch zu plaudern und Informationen mitzuteilen. Quäle dich also nicht.«

»Die Geometer haben sehr gute Schiffe«, fuhr ich fort. »Sie arbeiten nicht mit dem Jump, aber trotzdem bewegen sich diese Schiffe viel schneller durch den Außer-Raum als jedes Transportmittel, das dem Konklave zur Verfügung steht. Weil ich mich nicht mehr an meine eigene Persönlichkeit erinnert habe, hat das Schiff Anweisungen befolgt, die …«

Mein Bericht dauerte lange. Ab und an unterbrach mich Danilow, mein Großvater, Mascha oder der Kommandant der Alari mit einer Frage … Einige der Fragen des Kommandanten kamen mir ein wenig seltsam vor, weshalb ich nach einer Weile vermutete, in diesen Fällen frage gar nicht er, sondern sein Dolmetscher, der Cualcua.

Am schwierigsten war es, die Gesellschaft der Geometer zu schildern. Nach wie vor sah ich in ihr nichts, was mir absolut fremd war, sodass ich nicht recht wusste, was ich überhaupt erwähnen sollte. Das Fehlen von Familien war beispielsweise ein interessanter Aspekt, an den ich mich aber nur rein zufällig erinnerte. Abgesehen davon wusste ich vieles – sehr vieles – überhaupt nicht. Zum Beispiel wie ihre Transportkabinen funktionierten. »Ist es wie beim Jump, ein Sprung durch eine andere Dimension? Oder kopiert man einen Körper an einem anderen Punkt und zerstört das Original?«, wollte der Alari wissen. Darauf konnte ich natürlich nicht antworten. Die zweite Alternative gefiel mir allerdings nicht gerade, selbst wenn ich zugeben musste, dass sie nicht von der Hand zu weisen war.

Als ich meinen Vortrag beendet hatte, war die Wirkung des Narkotikums fast verflogen. Einer der Alari brachte mir schweigend ein Tablett mit Frühstück und entfernte sich wieder. Ich hockte mich hin, fing an zu essen und lauschte dem Streit. Die Verbindung zwischen dem Vortragsraum und dem Zimmer, in dem sich die »Verschwörer« versammelt hatten, war zu meiner Freude nicht abgeschaltet worden, andernfalls wäre ich mir nämlich wie ein lumpiger Spion vorgekommen.

Es redete hauptsächlich mein Großvater. Ich glaube, alle – also sowohl die Alari als auch der Zähler – erkannten ihn als den Experten für die Geometer an.

»Ihre Zivilisation ist ein Phänomen«, dozierte er. »Fangen wir mit dem wesentlichen Punkt an: Auf ihrem Heimatplaneten haben zunächst zwei intelligente Rassen existiert. Sind andere Fälle dieser Art bekannt?«

»Doch, ja.« Ich glaube, die Antwort gab wirklich der Alari, nicht sein Dolmetscher. »Einige Fälle sind bekannt.«

»Aber wie ging es mit dieser Koexistenz dann weiter?«, fragte mein Großvater aufgeregt.

»Eine der Rassen muss in ihrer frühen Entwicklungsphase vernichtet worden sein. Die Ereignisse auf dem Planeten der Geometer dürften ja wohl mehr als banal gewesen sein. Eine Zivilisation mit niedrigerem Entwicklungsniveau sieht in einer fremden intelligenten Rasse einen Konkurrenten, der ausgerottet werden muss.«

Aus irgendeinem Grund meinte ich, der alarische Kommandant würde sich rechtfertigen. Dachte er vielleicht an seine eigene Rasse?

»Aber hier haben wir es mit einer etwas anderen Variante zu tun. Beide Rassen waren entwickelt und intelligent. Die Geometer haben sich durchsetzen können, weil sie eine biologische Waffe geschaffen haben, eine schier unglaubliche Leistung für eine feudale Gesellschaft.«

»Mich überzeugt diese Einschätzung nicht«, mischte sich Mascha plötzlich ein. Sie stockte kurz, bevor sie sich überwand und etwas verkrampft fortfuhr: »Andrej Valentinowitsch … die Gesellschaft der Geometer ist einerseits in der feudalen Etappe stecken geblieben, andererseits aber in etlichen Bereichen über diese hinausgewachsen. Petja hat doch von einer langen Phase der Isolation auf einem Kontinent gesprochen, oder? Hier haben wir gewisse Analogien zur japanischen Gesellschaft. Noch dem Mittelalter verhaftet, erlaubt sie sich in einzelnen Bereichen der Wissenschaft ungeheure Fortschritte. Das würde auch ihre gesellschaftliche Grundlage, dieses System von Ausbildern, erklären.«

Alle Achtung, Mascha! Sie traute sich, meinem Großvater zu widersprechen! Sie wächst, das Mädchen wächst …

Ich trank den sauren Saft aus, legte mich etwas bequemer in den Sessel und schloss die Augen.

»Trotzdem ist und bleibt es das Mittelalter, Mascha.« Mein Großvater rückte keinen Fußbreit von seiner Position ab. »Gut, eine Gesellschaft asiatischen Typs, da hast du recht. Und ihre Kultur hat tatsächlich einen asiatischen Entwicklungsweg eingeschlagen.«

»Und was heißt das?«, wollte der Alari wissen.

»In der Entwicklung der irdischen Zivilisation«, erklärte mein Großvater, »lassen sich zwei Hauptströmungen unterscheiden: die europäische oder westliche und die asiatische oder östliche. Die westliche Kultur ist stärker auf die einzelne Persönlichkeit ausgerichtet, auf das Individuum, seine Rechte und seine Freiheit. Die östliche stützt sich dagegen normalerweise auf die Gesellschaft und den Staat. Da wir zur westlichen Kultur gehören … ja doch … im Grunde gehören wir zur westlichen, ist uns die östliche ein wenig fremd. Bei uns ist es die Literatur, die sich mit dem Entwurf fiktiver Gesellschaften befasst. Meist geben wir diesen Gesellschaften dann die Merkmale einer asiatischen Zivilisation. Eine streng strukturierte Gesellschaft, die Unterdrückung der Freiheit des Individuums … Die östliche Kultur wiederum verleiht ihren fiktiven Gesellschaften Züge einer europäischen Zivilisation.«

»Seltsam, dass ihr euch nicht gegenseitig ausgerottet habt«, bemerkte der Alari. »Welche Gesellschaftsform hat sich heute auf der Erde durchgesetzt?«