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»Ja.«

»Da bin ich abgestürzt. Nachts. Ich bin kaum rausgekommen. Nur mit purer Willenskraft. Davon habe ich wirklich mein Leben lang geträumt: im Dreck zu ersaufen …«

Wir sahen uns an. Wahrscheinlich machte er das Unverständnis in meinem Blick aus.

»Die haben mich abgeschossen, Pjotr. Drei Grüne haben sich an mich gehängt. Einen habe ich runtergeholt, mit einem echt schönen Schuss … aber, seine beiden Kumpane haben mich runtergeholt. Irgendwie bin ich hinter die Frontlinie geraten.« Er lachte wie ein Kind aus vollem Hals. »Was hast du denn gedacht? Dass ich hier wohne und den Anblick der Wolken genieße?«

Jetzt sah ich seine Kleidung mit anderen Augen. Aber ja doch. Das war ein Tarnanzug. Anders konnte es gar nicht sein.

»Ich habe keine Ahnung …, ob sie im Stützpunkt mein Signal aufgefangen haben oder nicht … Bis Mittag warte ich noch, wenn dann keine Hilfe kommt, muss ich durch den Dschungel. Zu Fuß.«

Ich verstand kein Wort.

Abgeschossen?

Die Grünen?

Die Frontlinie?

Natürlich wäre es naiv, zu hoffen, Kriege hätten mit der Entwicklung der Zivilisationen aufgehört. Diese Illusionen hat man auf der Erde auch einmal gehegt. Wir haben uns allerlei Institutionen wie den Großen Ring und die Gemeinschaft der Intelligenten Welten ausgedacht. Wir haben gehofft, die Atombombe würde uns vom Krieg abbringen oder wir könnten nach der Entwicklung von Raketen auf Fußsoldaten verzichten. All das hat sich als Quatsch herausgestellt. Die Alari sind in der Lage, ganze Planeten in Staub und Asche zu verwandeln – aber die Hälfte ihrer Mannschaften in den Schiffen besteht aus Soldaten. Und die Daenlo … da weiß man nicht einmal, wo die Grenzen ihrer Zerstörungskraft liegen. Doch da sie zum Kämpfen zu faul waren, haben sie sich aus den kleinen Alari ihr Kanonenfutter herangezogen. Und wir auf der Erde? Was nützt es uns denn, von fremden Welten umgeben zu sein? Was nützt uns die Zugehörigkeit zu den intelligenten Rassen? Nichts nützt uns das! Im Kaukasus geht das Gemetzel schon ins dritte Jahrzehnt, Großbritannien droht in einzelne Grafschaften zu zerbröckeln, den USA fällt nichts Besseres ein, als ihre Truppen in die ganze Welt hinauszujagen, um ihre unermesslichen Interessen zu verteidigen.

Aber hier!

Ins Zentrum der Galaxis zu kommen und Worte, die einem derart zum Halse raushängen, Worte wie Frontlinie und Stützpunkt zu hören!

Einen Planeten zu sehen, der mit Hyper-Übergängen gespickt ist wie ein guter Käse mit Löchern, durch ein Tor zu gehen – und dann auf einen frisch abgeschossenen Piloten zu treffen! Zum Teufel noch mal, was für Luftgefechte wollten sie sich eigentlich bei ihrer Technik liefern?! Oder war es hier genau wie bei uns auf der Erde, wo man eine starke Waffe schultert – aber Streitigkeiten mit der Faust austrägt?

»Was guckst du denn so?«, wollte Schnee wissen.

»Ist der Stützpunkt weit weg?«, fragte ich geradeheraus.

»Zwei Wochen brauchen wir schon.«

»Und … haben wir eine Chance?«

»Natürlich nicht. Aber was schlägst du sonst vor?«

Die Versuchung war groß, einfach hinter mich zu zeigen, auf das Tor. Bei mir funktionierte es zwar nicht, aber die Einheimischen mussten doch wohl mit ihrem Transportsystem umgehen können.

»Na komm schon, Kopf hoch!« Schnee deutete mein Schweigen völlig falsch. »Sie finden uns bestimmt. Sag mir lieber, was du bei uns machen willst.«

Ich zuckte mit den Achseln.

»Fliegst du gern?«

»Kommt drauf an, womit.«

»Womit, das sehen wir dann. Entscheidend ist die Einstellung.«

»Hmm, ich fliege gern.«

»Gut.« Schnee nickte. »Dann nehme ich dich in meine Gruppe auf.«

Damit hielt Schnee das Gespräch wohl für beendet, denn er rieb sich die Hände sorgfältig am Gras ab, erhob sich und marschierte Richtung Ufer los. Was hieß das denn nun wieder? Sollten das alle Formalitäten gewesen sein? Du wirst in meiner Gruppe kämpfen, punktum. Keine Fragen, keine Papiere.

Ich betrachtete seinen Rücken und war versucht, die Komödie zu beenden. Erklärungen zu verlangen. Ihm zu sagen, wer ich war und woher ich kam, ihm klipp und klar zu sagen, dass ich alles durchschaue und dass das, was hier vor sich ging, nur ein Experiment war.

Aber jene Chance, die eins zu tausend stand, dass ich tatsächlich in ein hiesiges Kriegsgebiet gelangt war, hielt mich von einem übereilten Schritt ab.

»Glück gehabt!«, rief Schnee. Er drehte sich um und winkte mir zu. »He, Pjotr, wir haben Glück gehabt!«

Ich ging zu ihm und spähte nach vorn.

Über dem Sumpf bewegte sich was. Etwas, das eher an einen lecken Kahn erinnerte als an ein Raumschiff. Weder Aufbauten noch Triebwerke waren zu erkennen. Es war einfach ein Schiff, das über dem Modder schwebte.

Am Bug dieses profanen Transportmittels stand ein Mann. Er trug die gleiche Uniform wie Schnee. Sollte er das Schiff lenken, brauchte er dafür keinerlei Armaturen.

»Jetzt beginnt das Verhör.« Schnee sprach absichtlich laut. Trotzdem ließ eine bestimmte Anspannung in seiner Stimme mich daran zweifeln, dass ihm das tatsächlich nicht das Geringste ausmachte.

Am Rand des Ufers hielt der Kahn an, wobei er nach wie vor über der Erde schwebte. Der Mann in Uniform sprang herunter und kam auf uns zu. Mich befand er nur eines flüchtigen Blicks für würdig.

»Du lebst.«

»Ja«, bestätigte Schnee.

»Verdient hast du’s nicht.«

In der Stimme des Soldaten lag Verachtung. Er erinnerte mich ein wenig an Danilow, sowohl äußerlich – die kräftige Statur, das kurze Haar, die extrem gleichmäßigen Gesichtszüge – als auch von seinem Auftreten her. Selbstsicher, autoritär … eben genau wie der Oberst vor all unseren Abenteuern.

»Wer bist du?«

Diese Frage galt mir.

»Pjotr. Ich bin noch nicht lange hier.«

»Mir klar, dass du noch nicht lange hier bist …«

Der Mann warf einen Blick zur Seite – und ich begriff, dass er das Tor hervorragend sah. Und keinerlei weitere Erklärungen brauchte.

»Steig ins Schiff.«

Ich gehorchte. Aus der Nähe wirkte das Ding wie aus Papier zusammengeklebt. Mein Gewicht verkraftete es trotzdem problemlos, ja, es schwankte nicht einmal. Armaturen oder Triebwerke entdeckte ich genauso wenig wie Sitze. Ich baute mich an »Deck« auf und beobachtete das Geschehen.

Schnee musste Rede und Antwort stehen.

»Du hast dich aus der Zone, in der du Patrouille fliegen solltest, entfernt«, stauchte ihn der Neuankömmling zusammen. »Was hast du dir dabei gedacht? Du hast den Konvoi verlassen! Du hast dein Schiff verloren!«

»Ich habe einen von denen abgeschossen, Hauptmann.«

»Das rechtfertigt dich nicht! Wenn du danach heil zurückgekommen wärst …«

Der Mann drehte sich um und kam zum Schiff. Schnee blieb wie angewurzelt stehen.

»Ich sollte ihn hierlassen, diesen gottverdammten Kerl, damit er sich zu Fuß durchschlägt …«, sagte der Hauptmann versonnen. »Was meinst du dazu?«

»Ich glaube, das würde nichts nützen«, antwortete ich rasch.

Der Hauptmann warf einen Blick über die Schulter zurück zu Schnee. »Und was sagst du dazu?«

»Sie können’s ja mal versuchen«, schlug Schnee in einem Ton vor, in dem eine für mich nicht nachvollziehbare Drohung lag. »Das Recht dazu haben Sie …«

Einen Moment zögerte der Offizier. Auf seinem Gesicht spiegelten sich klar alle Gefühle wider, und ich war mir schon fast sicher, dass Schnee sich zu Fuß durch den Dschungel würde durchschlagen müssen.

»Ins Schiff mit dir! Du kannst von Glück sagen, dass der Alarm abgeblasen wurde …«

Schnee entspannte sich merklich. Und man musste ihm das nicht zweimal sagen. Sobald wir alle drei in dem fragilen Kahn waren, setzte sich dieser in Bewegung. Nicht tiefer in den Sumpf hinein, sondern am Ufer entlang. Obwohl die Beschleunigung eindeutig zu spüren war, ließ sich kaum eine Luftbewegung wahrnehmen. Bestimmt hatte das Schiff ein Kraftfeld generiert, das uns gegen den Wind abschirmte.