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Seine Stimme war trocken geworden, die Sätze abgekackt. Noch einmal durchlebte er seine Vergangenheit, in der sich Dinge ereignet hatten, die sich kein Kriegstreiber auf der Erde träumen lassen würde.

»Wir haben uns durch die Kehrseite des Raums bewegt. Ich habe versucht, mit dem Schiff zur Ur-Erde zu gelangen. Aber es hat nicht geklappt … wir haben uns einfach verflogen. Wir haben es geschafft, die Piroge zu erreichen … das ist eine der ersten Kolonien, eine sehr alte Welt. Damals wurden die Schiffe der Kolonisten nach Seeschiffen benannt: Galeone, Gleitboot, Kutter, Karavelle … Und die Planeten wurden zu Ehren des ersten gelandeten Schiffs benannt. Wir kamen wieder im normalen Kosmos heraus …«

Kelos war stehen geblieben und starrte aus dem Fenster.

»Der Planet brannte, Pjotr. Über die ganze Oberfläche ergoss sich ein Plasmameer. Feuerlawinen begruben die Berge unter sich, Flammen tanzten über die Meere. Protuberanzen schlugen durch die Atmosphäre, als hätten wir schon keinen Planeten mehr vor uns, sondern einen Stern … Ich habe geglaubt, dass die Bewohner des Planeten dem Untergang geweiht seien. Dass sie eine technisch bedingte Katastrophe erlitten hätten. Oder bei ihnen ein Krieg tobte. Ich konnte nicht mitansehen, wie diese Welt in einem Meer aus Feuer ertrank … trotzdem näherten wir uns. Im besten Kreuzer der Allianz, der sogar die Photosphäre der Sterne durchdringen konnte … wir näherten uns …«

Ich sah das, wovon er redete. Ich konnte mir diese lodernde Welt vorstellen. Und den Kreuzer, der über ihr schwebte, eingehüllt in Kraftfelder, ein Kreuzer voller Menschen … einfacher Menschen, die versuchten, ihr Imperium auf den Scherben des Schattens aufzubauen …

»Auf dem Planeten war alles unversehrt, Pjotr. In den Wäldern schwirrten Vögel herum, in den Meereswellen spielten Delphine. Die Städte standen … alte Städte … ich habe immer davon geträumt, sie einmal zu sehen … Durch die Straßen gingen Menschen. Kannst du dir das vorstellen?! Die Welt ging in Flammen auf- und merkte es nicht einmal! Als ob es in zwei voneinander isolierten Räumen geschähe. Dabei haben wir doch das Feuer gesehen, und der Schutzschild hat unter der Last geächzt. Doch durch die von Plasma durchwogten Straßen schlenderten die Menschen. Wie Automaten. Wie Aufziehpuppen, die niemand mehr braucht, bei denen die Feder aber noch nicht abgelaufen und der Mechanismus noch intakt ist … Es war schrecklich. Und schmerzlich – als ob man uns mit der Nase in unsere eigene Armseligkeit gestukt hätte. Wir versuchten, mit diesen Menschen in Kontakt zu treten, aber niemand bemerkte uns. Dann schlug vom Planeten eine Protuberanz empor … und die Kraftfelder hielten nicht mehr stand. Sie ging mitten durch unser Schiff durch. Es leuchtete kurz auf, dann stand alles in Flammen … doch selbst wenn uns der Schweiß ausbrach – dann nur wegen der Angst. Es war ein Gefühl, wie es einige verspüren, wenn sie durch ein Tor gehen. Als werde man erfasst. Irgendwann war alles vorbei. Wir hatten gesehen, was wir sehen wollten – und flogen wieder ab. Diejenigen, die in dieser Welt lebten, brauchten und fürchteten die Gesellschaft von Menschen nicht mehr. Beim Abzug feuerten wir auf den Planeten, was das Zeug hielt. Weil wir gekränkt und wütend waren. Ebenso gut hätten wir versuchen können, ein Meer anzuzünden. Und du behauptest … wir seien stehen geblieben. Wer will, der geht auch weiter, Pjotr. Der eine früher, der andere später.«

»Aber du willst nicht weitergehen?«

»Nein. Ich weiß nicht, warum nicht. Aber ich habe den Menschenkörper und alle Annehmlichkeiten, die mit ihm verbunden sind, noch nicht satt.«

»Kelos, bist du sicher, dass dein Sohn diesen friedlichen und beschaulichen Planeten nicht verlassen will? Dass er keine Abenteuer im Kosmos suchen will?«

Kelos stierte auf die Tür. »Mein Sohn …«, sagte er mit schmerzerfüllter Stimme. »Rada und ich hatten sechs Kinder, Pjotr. Und früher oder später … ist jedes von ihnen weggegangen. Uns genügt diese Welt. Aber für sie war sie zu klein und zu langweilig.«

Wozu hatte ich bloß diese Frage gestellt?!

»Man kann auch so leben. Indem man die kleinen menschlichen Freuden sucht. Kleine Kinder aufzieht, die in die große Welt hinausgehen und eines Tages als körperloser Schatten durch deinen Planeten hindurchfegen … und sich genauso wenig an dich erinnern wie du dich an deinen Teddy, den du einst so geliebt hast. Nachdem unsere jüngste Tochter uns verlassen hat, haben wir beschlossen, es damit bewenden zu lassen. Wir wollten keine Kinder mehr in die Welt setzen.«

»Aber Dari …«

»Er ist nicht mein Sohn. Er ist überhaupt kein Mensch.« Kelos schielte zu mir hinüber. »Lass dich nicht durch die Äußerlichkeiten unserer Welt täuschen, Pjotr. Auf meinem Tisch steht eine Stereoanlage. Wenn du die Augen schließt, glaubst du, es würde ein Orchester spielen. Dabei ist das Ding innen völlig leer.«

»Dari …«

»Für ihn gilt genau das Gleiche. Er ist ein Phantom. Ein Ersatz. Ein Spielzeug für Menschen, die ihrer Nostalgie erliegen. Er wird ewig Kind bleiben. Und niemals ein Mensch werden.«

Das traf mich wie ein Schlag.

Wohin war ich nur geraten? Bei wem suchte ich Hilfe und Mitleid?

Was war ich doch für ein Idiot …

»Wir spielen ein wenig Wissenschaft, auch wenn all unsere Entdeckungen in anderen Welten schon längst wieder in Vergessenheit geraten sind. Wir kämpfen für den Erhalt der wilden Natur … die ohnehin nicht sterben würde, selbst wenn wir es wirklich darauf anlegten. Wir bewahren die Familien und nehmen nicht zur Kenntnis, dass das Nachbarmädchen schon ein halbes Jahrhundert lang sechs Jahre alt ist. Wir verstecken uns vor der Welt, Pjotr. Uns jagt jede Alternative Angst und Schrecken ein, wir hassen alle Veränderungen. Wir fahren mit einem Floß den Fluss hinunter, machen in den Wäldern ein Lagerfeuer und jagen Wild, niesen, wenn wir erkältet sind, und treiben Sport. Und wir haben furchtbare Angst zu sterben, Pjotr! Weil niemand weiß, wohin ihn das Tor bringt! Niemand weiß, was er im Grunde seines Herzens will!«

Kelos beugte sich abrupt über mich und fragte leise: »He, Pjotr, du siehst das Feuer nicht, oder? Ich habe schreckliche Träume, lieber Cousin vom Planeten Erde! Ich träume von jener Stadt am Grund des Plasmameers, ich träume von Marionetten, die durch die Straßen ziehen, streiten, lachen, mit Kindern spielen … Aber du siehst das Feuer nicht, oder, Cousin? Dich versengt die Flamme nicht? Vielleicht sind wir schon alle tot, Pjotr? Und das, das alles ist eine Fiktion! Ein vertrockneter Kokon, aus dem der Schmetterling bereits vor langer Zeit geschlüpft ist, eine abgeworfene Schlangenhaut, die du nur im Schatten für ein lebendes Wesen hältst … Und mein inexistenter Sohn, dem ich beibringe, ein Lagerfeuer mit nur einem einzigen Streichholz anzuzünden, mit dem ich fröhliche Lieder singe und im Regen spazieren gehe … vielleicht ist Dari der einzige lebendige Mensch, und um ihn herum existieren nur Puppen, eine Papapuppe, eine Mamapuppe …«

Er hatte wahnsinnige, vor Schmerz schwarze Augen. Seine Wange zuckte nervös.

»Siehst du das Feuer, Pjotr?«

»Ich sehe einen Feigling!«

Die Dunkelheit in seinen Augen begann zu schmelzen.

»Warum, Pjotr? Wer bist du, mir Feigheit vorzuwerfen? Bist du mit deinem Schiff verbrannt? Weißt du, wie dein Herz zerreißt, wenn es von einer Kugel getroffen wird? Weißt du, wie es zerreißt, wenn du dein Kind verlierst? Hast du Welten gesehen, die nicht nur über deine Kräfte gehen, sondern über deinen Verstand? Was hast du vollbracht, um mir Feigheit vorzuwerfen?«

»Ich gehe weiter.«

Er stand zu nahe bei mir, als dass ich mich aus dem Sessel hätte erheben können. Ich stieß Kelos weg und sprang auf.