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Mit einer beiläufigen Bewegung schnitt er dem Mädchen die Kehle durch, ließ das sterbende Opfer zu Boden gleiten und riss beide Arme hoch. „Kommt, Ihr Götter des Chaos! Ich beschwöre Euch! Ich befreie Euch!“

Vom Himmel her war ein tiefes Grollen zu hören, und der Riss dort erweiterte sich, wurde ein Stück mehr aufgefetzt von scharfen Dämonen-Klauen.

Zara konnte darauf nicht mehr achten. Sie wütete zwischen ihren Feinden, zerhackte den Zauberstab eines abtrünnigen Magiers, bevor der ihn gegen sie einsetzen konnte, schlug dem Gegner den Kopf von den Schultern und bekam gleichzeitig mit, wie ein anderer seinen Zauberstab gegen Jael richtete, die mit einem einzigen Schwertstreich zwei Gegner tötete.

Ein unsichtbarer Blitzschlag schien die Seraphim zu treffen, schleuderte sie meterweit durch die Luft, bevor sie gegen die Mauer eines Gebäudes prallte. Sie rutschte am Gestein zu Boden und blieb reglos liegen, die Glieder in unnatürlicher Verrenkung, als wären alle Knochen in ihrem Körper gebrochen.

„Jaaaeeel! Neeeiiin!“, schrie Zara auf.

Es überlief sie eiskalt. Wenn selbst Jael gegen diese Magie schutzlos war, wie sollte dann sie – Zara – siegen?

Und warum rührte sich die Seraphim nicht mehr? War sie tatsächlich getötet worden, nicht mehr am Leben? Es musste so sein, so wie sie dalag, in dieser Verrenkung, die der menschliche Knochenbau normalerweise nicht zuließ, und Zara schien bei diesem Gedanken, der sich ihr als Gewissheit präsentierte, innerlich zu vereisen.

Erneut schrie sie auf: „Jaaaeeell!“

Dann überwand sie den Schmerz und die Trauer. Sie musste weiterkämpfen, musste die Gegner besiegen. Sonst war Jaels Opfer umsonst, und das wollte sie nicht.

Sie wirbelte herum und schlitzte einem der Schwertträger dabei die Gurgel auf.

Ein Zauberstab wurde gegen sie gerichtet, doch mit ihrer übermenschlichen Schnelligkeit konnte Zara dem magischen Schlag gerade noch entgehen. Stein zerbarst und zersplitterte wie Glas, als habe eine Titanenfaust die Mauer jener Gruft getroffen, vor der Zara gerade noch gestanden hatte. Das ganze Gebäude bebte und drohte einzustürzen.

Zara tauchte zwischen zwei Gegnern auf, und bevor diese die Gefahr erkannten, verlor einer den Kopf, der andere die rechte Hand – und dann ...

Dann erwischte es Zara doch. Ein magischer Schlag traf sie und riss sie von den Füßen.

Es war ihr, als würde ihr Körper zerfetzt, als würden alle Sehnen und Muskeln reißen und ihre Knochen zu Brei zerstampft. Den Gegner, der nahe neben ihr gestanden und dem sie die Hand abgeschlagen hatte, traf der magische Schlag ebenfalls, doch Zara bekam nicht mit, wie sein Körper in Stücke zerrissen wurde. Sie prallte zu Boden und konnte sich vor Schmerz kaum rühren.

Sie hörte Ishmael Thurlak düstere Beschwörungen in einer unbekannten Sprache schreien. Er stand bestimmt noch am Altar und versuchte zu retten, was von seinem unseligen Blutritual noch zu retten war. Sehen konnte sie ihn nicht. Sie sah auch nicht, wie Falk von einem der Zauberer niedergestreckt wurde.

Gerade hatte er einen weiteren Gegner erdolcht, da tauchte hinter ihm einer der Zauberer auf und setzte seinen Stab ein, jedoch nicht auf magische, sondern auf sehr konventionelle Weise. Wie eine Keule zog er Falk das harte Holz über den Schädel, und ächzend ging der junge Bursche zu Boden, wo er besinnungslos liegen blieb.

Zara versuchte sich zu erheben, schaffte es aber nicht. Die Gegner näherten sich ihr, richteten ihre Schwerter und magischen Stäbe gegen sie, und sie war nicht mehr in der Lage, sich zu verteidigen.

Ihr ganzer Körper war nur noch Schmerz.

Aus, dachte sie. Aus und vorbei. Wir haben alles gegeben – und verloren!

Die abtrünnigen Zauberer würden sie mit ihrer Magie zerfetzen, ihren Körper mit ihren Schwertern zerhacken und ...

Ein Knurren drang an ihre Ohren. Schwach hob sie den Kopf und sah, wie Thor auf die Gegner zusprang, einem der Kuttenträger an die Gurgel ging und ihn erledigte. Dann schnappte er sich den nächsten – und wurde von dem magischen Schlag aus einem der Zauberstäbe getroffen. Der Kuttenträger, in den er sich verbissen hatte, wurde zerfetzt, Thor durch die Luft gewirbelt.

Und dabei verwandelte sich sein Körper. Verformte sich, verbog sich, änderte seine Gestalt in einer Metamorphose des Grauens. Als Thor auf dem Boden prallte, war er kein Wolf mehr, sondern ein ... ja, was?

Eine Mischung aus Wolf und Mensch erhob sich knurrend. Ein muskelstrotzender menschlicher Körper, über und über mit Fell bedeckt, das Gesicht eine wölfische Fratze -und dennoch irgendwie menschlich. Das Wesen fletschte die mächtigen Reißzähne, knurrte drohend, und seine Augen leuchteten wie Lichter.

Dann war Thor – oder das, wozu er geworden war – wieder zwischen seinen Gegnern, stürzte sich auf sie, eine fast menschliche Gestalt von über zwei Metern, bepackt mit Muskeln und bewehrt mit dolchartigen Fängen und messerscharfen Krallen, die durch Fleisch und Knochen fuhren und grausam wüteten unter dem Feind. Zara sah es – und konnte es kaum fassen!

Sie hatte von Werwölfen gehört, aber nie an sie geglaubt, denn in all den Jahrhunderten, in denen sie bereits existierte, hatte sie nie einen dieser düsteren Gestaltwandler zu Gesicht bekommen. Aber sie wusste ja inzwischen, dass es offenbar alles gab, was der Mensch sich vorstellen konnte – und wahrscheinlich noch sehr viel mehr.

Thor – oder wie immer er heißen mochte – war ein Wesen wie sie. Ein Geschöpf der Verdammnis. Menschlich und gleichzeitig absolut unmenschlich. Belegt mit einem Fluch, den das Schicksal auf ihn lenkte. Unschuldig und doch schuldig.

Und so wie Zara hatte Thor dennoch irgendwie einen Teil des Fluchs bezwungen, streunte nicht des nachts durch die Wälder auf der Jagd nach menschlicher Beute, um sich an dem zuckenden Fleisch und dem dampfenden Blut seiner Opfer zu laben. Wie er das geschafft hatte, wusste Zara nicht.

Jetzt aber ließ er seinen wölfischen Trieben freien Lauf. Er musste es tun, wenn sie überleben wollten, wenn sie das Schlimmste verhindern wollten, was der Welt der Sterblichen widerfahren konnte.

Und Zara begriff auf einmal, dass dies der richtige Weg war. Dass es keine andere Möglichkeit gab. Dass jeder von ihnen zu dem stehen musste, was er war, wenn sie siegen wollten.

Und dann erzwang sie die Verwandlung ...

Der Werwolf wütete unter den Kuttenträgern wie ein Berserker, zerfetzte Kehlen, schlug seine messerscharfen Krallen in menschliche Leiber. Die Schwerthiebe seiner Widersacher konnten ihn nicht stoppen. Wenn sich die Klingen in seinen Körper bohrten, stieß er nur jedes Mal ein Heulen aus, doch seine Wunden schlossen sich sogleich wieder, ohne dass Blut aus ihnen hervortrat. Seine Krallen rissen Hälse auf und Bäuche und fuhren durch die Gesichter der Gegner, die er mit einem einzigen Prankenhieb zerstörte.

Dann aber erwischte ihn erneut ein Schlag aus einem der Zauberstäbe, riss ihn von den Beinen, doch noch bevor er davongeschleudert wurde, traf ihn der nächste magische Energieblitz. Der Wolf heulte auf, lauter denn zuvor und diesmal voller Schmerz und Pein. Und als ihn der dritte magische Schlag in rascher Folge traf, hörte man nicht nur seine Knochen brechen, man sah auch, wie sie sich unter seinem Fell verformten und zersplitterten.

Wieder ein Schlag reiner schwarzer Magie, und er wurde gegen die Mauer einer Gruft geschleudert, so heftig, dass das Gestein unter der Wucht des Aufpralls vernehmlich knackte und Risse bekam. Ein letztes Heulen, das in ein Wimmern überging, seine Augen flackerten, dann rutschte er an der Mauer zu Boden, wo er reglos liegen blieb, und zwar als Mensch.

Ein Mann lag dort, nackt und von anmutiger Gestalt. Er mochte Mitte Dreißig sein, hatte ein markantes Gesicht und eine Silbersträhne im schulterlangen braunen Haar. Er bewegte sich nicht mehr, atmete nicht mehr, und unter der Haut war deutlich zu sehen, dass mehrere Knochen gebrochen und verformt waren.