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Tag für Tag wird Egwene geschlagen und gedemütigt, weil sie ihren Anspruch auf den Rang der Amyrlin nicht zurücknimmt. Aber sie will nicht befreit werden. Sie hat sich vorgenommen, den Respekt der Schwestern zu erringen und Elaida aus dem inneren Kreis heraus zu stürzen. Dann sollen die mächtigen Aes Sedai wieder vereint und auf die Letzte Schlacht eingeschworen werden ...

PROLOG

Der Sturm und seine Bedeutung

Renald Fanwar saß auf der Veranda und wärmte den stabilen Stuhl aus Schwarzeiche, den sein Enkel für ihn vor zwei Jahren gezimmert hatte. Er starrte nach Norden.

Auf die schwarzen und silbernen Wolken.

So hatte er sie noch nie zuvor gesehen. Sie bedeckten den gesamten Horizont im Norden, hoch oben am Himmel. Sie waren nicht grau. Sie waren schwarz und silbern. Finstere, wogende Donnerwolken, so dunkel wie der Gemüsekeller um Mitternacht. Zwischen ihnen zuckte helles silbernes Licht, Blitze, die keinen Laut verursachten.

Die Luft war dick. Erfüllt von den Gerüchen nach Staub und Dreck, nach getrockneten Blättern und Regen, der nicht fallen wollte. Der Frühling war gekommen. Trotzdem wuchs Renalds Getreide nicht. Nicht ein Keimling hatte es gewagt, aus dem Erdboden zu sprießen.

Er stand langsam auf; ließ Holz ächzen und den Stuhl sanft hinter ihm schaukeln. Gemächlichen Schrittes trat er an den Verandarand. Er kaute auf seiner Pfeife herum, obwohl ihre Glut erloschen war. Er hatte keine Lust, sie wieder zu entzünden. Diese Wolken lähmten ihn. Diese Wolken waren so schwarz. Wie der Rauch eines Waldbrandes, aber kein Waldbrandrauch stieg je so hoch in den Himmel. Und was sollte man von silbernen Wolken halten? Sie quollen zwischen den schwarzen hervor, erinnerten an Stellen aus poliertem Stahl auf rußverschmiertem Metall.

Er rieb sich das Kinn, betrachtete seinen Vorgarten. Ein kleiner, weißgetünchter Zaun umgab ein Stück Land voller Gras und Büschen. Die Büsche waren abgestorben, jeder Einzelne von ihnen. Hatten den Winter nicht überstanden. Er musste sie bald herausziehen. Und das Gras ... nun, das Gras war noch immer Wintergras. Nicht einmal Unkraut war gesprossen.

Ein Donnerschlag erschütterte ihn. Rein und durchdringend, wie ein gewaltiger Aufprall von Metall auf Metall. Er erschütterte die Fenster des Hauses, ließ die Verandabohlen erbeben, schien selbst Renalds Knochen vibrieren zu lassen.

Er machte einen Satz zurück. Dieser Einschlag war nahe gewesen - vielleicht sogar auf seinem Besitz. Es juckte ihn in den Fingern, hinauszugehen und den Schaden zu inspizieren. Blitzfeuer konnte einen Mann vernichten, ihn von seinem Land brennen. Hier oben in den Grenzlanden dienten so viele Dinge unbeabsichtigterweise als Zündstoff - trockenes Gras, trockene Dachschindeln, trockenes Saatgut.

Aber noch waren die Wolken in der Ferne. Dieser Einschlag konnte nicht auf seinem Grund und Boden stattgefunden haben. Die silbernen und schwarzen Gewitterwolken rollten und brodelten, verschlangen einander.

Renald schloss die Augen, beruhigte sich, holte tief Luft. Hatte er sich den Donner nur eingebildet? Hatte er nicht mehr alle Becher im Schrank, wie Gaffin immer scherzte? Er öffnete die Augen.

Und die Wolken waren genau hier, direkt über seinem Haus.

Es war, als wären sie unversehens nach vorn gerollt, um zuzuschlagen, während sein Blick abgewandt gewesen war. Jetzt dominierten sie den Himmel, flogen in alle Richtungen, waren massiv und überwältigend. Er vermochte förmlich zu spüren, wie ihr Gewicht die Luft in die Tiefe drückte. Er nahm einen Atemzug, der sich mit einem Mal schwül und feucht anfühlte, Schweiß trat auf seine Stirn.

Die Wolken bewegten sich heftig, tiefschwarze und silberne Gewitterwolken schüttelten sich vor weißen Eruptionen. Plötzlich brodelten sie wie der Wolkenschlauch eines Wirbelwindes in die Tiefe, auf Renald zu. Er schrie auf, hob eine Hand, wie ein Mann vor einem grellen Lichtstrahl. Diese Finsternis. Diese endlose, erstickende Finsternis. Sie würden ihn verschlingen. Das wusste er.

Und dann waren die Wolken verschwunden.

Seine Pfeife landete leise auf der Veranda, sprühte in hohem Bogen brennenden Tabak auf die Stufen. Ihm war gar nicht bewusst gewesen, dass er sie hatte fallen lassen. Er zögerte, schaute in den leeren blauen Himmel, erkannte, dass er wegen nichts zusammengezuckt war.

Die Wolken befanden sich wieder am Horizont, vierzig Meilen entfernt. Leises Grollen ertönte.

Mit zitternder, altersfleckiger und von Jahren in der Sonne braun gebrannter Hand hob er seine Pfeife auf. Nur eine Sinnestäuschung, Renald, sagte er sich. Du hast nicht mehr alle Becher im Schrank, so wahr Eier Eier sind.

Es war nur das Getreide. Darum war er nervös. Auch wenn er den Jungs mit seinen Worten Mut machte, es war einfach nicht natürlich. Mittlerweile hätte es sprießen müssen. Er bestellte dieses Land seit vierzig Jahren! Gerste brauchte nicht so lange, um zu sprießen. Sollte man ihn doch zu Asche verbrennen, aber das tat sie nicht. Was ging in diesen Tagen nur auf der Welt vor? Man konnte sich nicht mehr darauf verlassen, dass Pflanzen wuchsen, und Wolken blieben nicht dort, wo sie hingehörten.

Er zwang sich, wieder auf dem Stuhl Platz zu nehmen. Seine Beine zitterten. Ich werde alt, dachte er.

Sein ganzes Leben hatte er auf dem Hof gearbeitet. Es war nicht einfach, in den Grenzlanden einen Hof zu bewirtschaften, aber wenn man hart arbeitete, konnte man sich ein erfolgreiches Leben aufbauen, während man kräftiges Getreide wachsen ließ. »Ein Mann hat so viel Glück, wie er Saatgut auf dem Feld hat«, pflegte sein Vater immer zu sagen.

Nun, Renald war einer der erfolgreichsten Bauern in der Gegend. Er hatte genug erwirtschaftet, um die beiden Nachbarhöfe zu kaufen, und er konnte jeden Herbst dreißig Wagen zum Markt fahren. Für ihn arbeiteten jetzt sechs gute Männer, die die Felder pflügten und die Zäune abritten. Natürlich musste er jeden Tag selbst in den Mist steigen und ihnen zeigen, wie gute Bauernarbeit aussah. Man durfte nicht zulassen, dass einen ein kleiner Erfolg verdarb.

Ja, er hatte das Land bearbeitet, das Land gelebt, wie sein Vater immer zu sagen pflegte. Er verstand das Wetter so gut wie jeder andere Bauer. Diese Wolken waren nicht natürlich. Sie grollten leise, wie ein Tier in einer dunklen Nacht. Warteten. Lauerten im nahe gelegenen Wald.

Ein weiterer zu nah erscheinender Donnerschlag ließ ihn zusammenzucken. Waren diese Wolken vierzig Meilen weit weg? Hatte er das tatsächlich gedacht? Sah eher wie zehn Meilen aus, jetzt, wo er sie genauer betrachtete.

»Wird nicht so sein«, murmelte er. Seine eigene Stimme klang gut in seinen Ohren. Real. Es war schön, etwas anderes als das Grollen und das gelegentliche Quietschen von Fensterläden im Wind zu hören. Müsste er eigentlich nicht Auaine drinnen hören, die das Mittagessen auf den Tisch stellte?

»Du bist müde. Das ist es. Müde.« Er griff in die Westentasche und holte seinen Tabaksbeutel hervor.

Von rechts kam ein leises Rumpeln. Zuerst hielt er es für den Donner. Aber das Rumpeln war zu beständig, zu regelmäßig. Das war kein Donner. Das waren Räder, die sich drehten.

Und tatsächlich erklomm ein großer Ochsenwagen Mallards Hügel, direkt im Osten. Renald hatte den Hügel selbst benannt. Jeder gute Hügel brauchte einen Namen. Die Straße hieß Mallards Straße. Warum also den Hügel nicht auch so nennen?

Er beugte sich auf seinem Stuhl nach vorn, ignorierte die Wolken, als er mit zusammengekniffenen Augen zu dem Wagen hinüberspähte, versuchte das Gesicht des Kutschers zu erkennen. Thulin? Der Schmied? Wieso fuhr er einen Wagen, der bis zum Rand beladen war? Er sollte doch an seinem neuen Pflug arbeiten!