Выбрать главу

Bei der Erwähnung der Grenzländer spannte sich Rands Miene an; sie waren auf dem Weg zu einem Treffen mit einem ihrer Boten. »Die Trollocs werden kommen«, wiederholte Rand.

»Ja!«

»Gut«, sagte Rand. »Dann werden sie ja beschäftigt sein, während ich tue, was getan werden muss.«

»Und Lan?«

»Sein Angriff erfolgt an einer guten Stelle.« Rand nickte. »Er wird die Aufmerksamkeit meiner Feinde auf Malkier und den Pass lenken, und sie werden glauben, dass ich dort bin. Schattengezücht kann keine Wegetore benützen, also können sie sich nicht so schnell bewegen wie ich. Wenn sie mit Lan zusammengestoßen sind, werde ich an ihnen vorbei sein und auf direktem Weg das Herz des Dunklen Königs angreifen.

Ich habe nicht vor, den Süden aufzugeben, nicht im Mindesten. Wenn die Trollocs sich durch den Pass gekämpft haben, werden sie sich zu Gruppen formieren, um sich im Land auszubreiten. Dann schlagen meine Streitkräfte zu, angeführt von Bashere. Mit Wegetoren werden sie jede Gruppe Trollocs von den Seiten oder in ihrem Rücken angreifen. Auf diese Weise können wir das für uns beste Schlachtfeld wählen.«

»Rand«, sagte Nynaeve, und aus ihrem Zorn wurde Entsetzen. »Lan wird sterben!«

»Wer bin ich, um ihm das verwehren zu wollen?«, erwiderte Rand. »Wir alle verdienen die Chance, Frieden zu finden. «

Nynaeve sah ihn nur mit offen stehendem Mund an. Er glaubte das tatsächlich! Oder zumindest überzeugte er sich selbst davon, das zu glauben.

»Es ist meine Pflicht, den Dunklen König zu töten«, sagte Rand, als würde er mit sich selbst sprechen. »Ich töte ihn, dann sterbe ich. Das ist alles.«

»Aber …«

»Es reicht, Nynaeve«, sagte er leise in diesem gefährlichen Tonfall. Er würde sich nicht weiter bedrängen lassen.

Vor Wut kochend setzte sich Nynaeve im Sattel zurück und versuchte sich zu entscheiden, wie sie ihn zu dem Thema zwingen konnte. Beim Licht! Er würde die Menschen der Grenzlande bei der Invasion der Trollocs leiden und sterben lassen? Den Menschen dort würde es egal sein, ob der Dunkle König besiegt worden war - sie würden in Kochtöpfen schmoren. Dann würden Lan und die Malkieri allein kämpfen müssen, eine winzige Truppe gegen die Macht eines jeden Ungeheuers, das die Fäule ausspucken konnte.

Die Seanchaner würden im Süden und Westen ihren Krieg führen. Die Trollocs würden im Norden und Osten angreifen. Schließlich würden diese beiden Parteien aufeinandertreffen. Andor und die anderen Königreiche würden zu einem gewaltigen Schlachtfeld, und die dort lebenden Menschen - gute Menschen wie die in den Zwei Flüssen - würden gegen einen solchen Krieg keine Chance haben. Man würde sie zermalmen.

Also was konnte sie tun, um das zu verhindern? Sie musste sich eine neue Strategie einfallen lassen, um Rand zu beeinflussen. In ihrem Herzen war alles darauf ausgerichtet, Lan zu beschützen. Sie musste ihm Hilfe besorgen!

Die Gruppe ritt über das offene Grasland, auf dem es vereinzelte Bauernhöfe gab. Sie passierten einen davon zu ihrer Rechten, ein einzelner Hof nicht unähnlich von vielen in den Zwei Flüssen. Allerdings hatte Nynaeve in den Zwei Flüssen noch nie einen Bauern gesehen, der Reisende mit so offensichtlicher Feindseligkeit beobachtete. Der rothaarige Mann trug schmutzige Hosen und hatte die Ärmel beinah bis zu den Achseln aufgerollt; er stützte sich auf einen zur Hälfte fertig gestellten Zaun, und seine Axt lag deutlich sichtbar auf dem aufgeschichteten Holzstapel neben ihm.

Sein Feld hatte schon bessere Jahre gesehen. Der Boden war ordentlich gepflügt worden, aber in den Furchen sprossen lediglich winzige Keimlinge. Das Feld war übersät mit leeren Stellen, an denen die Saat unerklärlicherweise nicht aufgegangen war, und das, was wuchs, wies einen ungesunden gelben Schimmer auf.

Auf einem Nachbarfeld zog eine Gruppe junger Männer einen Baumstumpf aus dem Boden, aber Nynaeves geübtem Auge entging nicht, dass sie überhaupt nicht versuchten, die Arbeit zu erledigen. Das Geschirr war nicht an den Ochsen angeschirrt, und sie hatten den Stumpf auch nicht gelockert, indem sie die Erde umgegraben hatten. Die Holzstangen im Gras waren zu dick und aufwendig bearbeitet, um als Werkzeugstiele zu dienen. Kampfstäbe. Beinahe schon eine amüsante Zurschaustellung - zog man die Tatsache in Betracht, dass Rand von zweihundert Aiel begleitet wurde -, aber es sagte etwas aus. Diese Männer erwarteten Ärger und bereiteten sich darauf vor. Zweifellos spürten auch sie den kommenden Sturm.

Diese Gegend lag in der Nähe von Handelsstraßen und in Reichweite von Tear, und sie war einigermaßen sicher vor Banditen. Sie lag auch gerade weit genug im Norden, um nicht in die Streitigkeiten zwischen Illian und Tear hineingezogen zu werden. Das hätte ein Ort sein sollen, an dem Bauern kein gutes Holz zu Kampfstäben hätten verarbeiten oder Fremde mit Blicken beobachten müssen, die jederzeit mit einem Angriff rechneten.

Diese Vorsicht würde ihnen nutzen, wenn die Trollocs sie erreichten - immer natürlich unter der Voraussetzung, dass sie die Seanchaner bis dahin nicht unterworfen hatten und sie zum Militärdienst zwangen. Nynaeve zog wieder an ihrem Zopf.

Ihre Gedanken wandten sich wieder Lan zu. Sie musste etwas unternehmen! Aber Rand nahm einfach keine Vernunft an. Damit blieb nur noch Cadsuanes geheimnisvoller Plan. Wie albern von der Frau, ihn nicht erklären zu wollen. Nynaeve hatte den ersten Schritt gemacht und ein Bündnis angeboten, und wie hatte sie reagiert? Natürlich mit dreister Arroganz. Als wäre Nynaeve ein Kind gewesen, das sich im Wald verirrt hatte - so hatte sie sie in ihre kleine Gruppe aus Aes Sedai aufgenommen. Wie konnte sie es wagen!

Wie sollte ihre Aufgabe - Perrins Aufenthaltsort zu entdecken - Lan nur helfen? Die ganze vergangene Woche hatte sie versucht, aus Cadsuane weitere Informationen herauszubekommen und war gescheitert. »Erledigt diese Aufgabe gut, Kind«, hatte Cadsuane gesagt, »vielleicht übertragen wir Euch dann in Zukunft eine größere Verantwortung. Ihr habt Euch immer wieder als ausgesprochen eigensinnig erwiesen, und so etwas können wir nicht gebrauchen.«

Nynaeve seufzte. Herausfinden, wo Perrin steckte. Wie sollte sie das schaffen? Die Leute von den Zwei Flüssen waren wenig hilfreich gewesen. Viele ihrer Männer reisten mit Perrin, aber man hatte schon lange nichts mehr von ihnen gehört. Sie waren irgendwo im Süden, vermutlich Altara oder Ghealdan. Aber das war ein großes Gebiet für eine Suche.

Sie hätte wissen müssen, dass in den Zwei Flüssen keine einfache Antwort zu finden sein würde. Offensichtlich hatte Cadsuane bereits selbst versucht, Perrin zu erreichen, und war dabei gescheitert. Darum hatte sie die Aufgabe an Nynaeve weitergereicht. Hatte Rand Perrin auf irgendeine geheime Mission geschickt?

» Rand?«, sagte sie.

Er murmelte etwas vor sich hin.

Sie fröstelte. »Rand«, wiederholte sie in einem etwas schärferen Tonfall.

Er hörte auf zu murmeln, dann sah er sie an. Sie glaubte in seinen Augen die dort verborgene Wut sehen zu können, die Wut tief in seinem Inneren, aufblitzender Zorn über ihre Unterbrechung. »Ja?«

»Weißt du … weißt du, wo Perrin ist?«

»Er hat Aufgaben, die er erledigt«, sagte Rand und wandte sich wieder ab. »Warum willst du das wissen?«

Es war besser, Cadsuane nicht zu erwähnen. »Ich mache mir noch immer Sorgen um ihn. Und um Mat.«

»Ah«, sagte Rand. »Du bist es wirklich nicht gewöhnt zu lügen, oder, Nynaeve?«

Sie fühlte, wie sie verlegen errötete. Wann hatte er gelernt, Menschen so gut zu durchschauen? »Ich mache mir um ihn Sorgen, Rand al’Thor!«, beharrte sie. »Er ist von friedlicher, bescheidener Natur - und hat sich stets viel zu sehr von seinen Freunden herumschubsen lassen.«

So! Sollte er da mal drüber nachdenken.

»Bescheiden«, sagte Rand nachdenklich. »Ja, ich schätze, das ist er immer noch. Aber friedlich? Perrin ist nicht länger … friedlich.«