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Renald stützte sich auf sein Gartentor. Er fühlte sich schwach. Schließlich rang er sich nur eine Frage ab. »Warum?«

Thulin zögerte, dann trat er vom Wagen weg und legte Renald wieder eine Hand auf die Schulter. »Es tut mir leid, dass ich so kurz angebunden bin. Ich ... nun, du weißt, wie ich mit Worten bin. Ich weiß nicht, was das für ein Sturm ist. Aber ich weiß, was er bedeutet. Ich habe nie ein Schwert gehalten, aber mein Vater hat im Aiel-Krieg gekämpft. Ich bin ein Grenzländer. Und dieser Sturm kündigt das Ende an, Renald. Wir müssen dort sein, wenn er losbricht.« Er verstummte, dann schaute er wieder nach Norden, betrachtete die sich ballenden Wolken wie ein Feldarbeiter eine Giftschlange, die er auf dem Feld entdeckte. »Das Licht helfe uns, mein Freund. Wir müssen dort sein.«

Und er nahm die Hand weg und stieg auf seinen Wagen. Renald schaute zu, wie sie die Ochsen antrieben und nach Norden fuhren. Er sah ihnen lange Zeit nach und fühlte sich wie benommen.

In der Ferne grollte der Donner wie ein Peitschenschlag und krachte gegen die Berge.

Die Tür des Bauernhauses öffnete und schloss sich. Auaine trat zu ihm, das graue Haar zum Knoten gebunden. Es wies nun schon seit Jahren diese Farbe auf; sie war frühzeitig ergraut, und Renald hatte diese Farbe immer gefallen. Es war eher silbern als grau. Wie die Wolken.

»War das Thulin?«, fragte Auaine und sah dem fernen Wagen nach, der Staub aufwirbelte. Eine einzelne schwarze Hühnerfeder schwebte über die Straße.

»Ja.«

»Und er ist nicht geblieben, nicht einmal zu einem Plausch?«

Renald schüttelte den Kopf.

»Oh, aber Gallanha hat Eier gebracht!« Sie nahm den Korb und fing an, die Eier in ihre Schürze umzuladen, um sie ins Haus zu tragen. »Sie ist so ein Schatz. Lass den Korb auf dem Boden stehen. Sie schickt bestimmt jemanden, der ihn holt.«

Renald starrte bloß nach Norden.

»Renald?«, fragte Auaine. »Was ist los mit dir, du alter Baumstumpf?«

»Sie hat ihre Töpfe für dich aufpoliert«, sagte er. »Die mit dem Kupferboden. Sie stehen auf ihrem Küchentisch. Sie gehören dir, wenn du sie willst.«

Auaine verstummte. Dann hörte er ein scharfes Knacken, und er schaute über die Schulter. Sie hatte die Schürze losgelassen, und Eier fielen zu Boden und zerbrachen.

In sehr ruhigem Tonfall fragte Auaine: »Hat sie sonst noch etwas gesagt?«

Er kratzte sich auf dem Kopf, wo nicht mehr viel Haare wuchsen. »Sie sagte, dass der Sturm kommt und sie nach Norden müssen. Thulin sagte, wir sollten auch gehen.«

Sie standen noch einen Moment so da. Auaine zog den Schürzenzipfel hoch und rettete die überwiegende Mehrzahl der Eier. Sie hatte keinen Blick für die übrig, die zu Boden gefallen waren. Sie starrte einfach nach Norden.

Renald drehte sich um. Der Sturm war wieder nach vorn gesprungen. Und irgendwie schien er dunkler geworden zu sein.

»Ich glaube, wir sollten auf sie hören«, sagte Auaine. »Ich ... ich packe zusammen, was wir aus dem Haus brauchen. Du kannst nach hinten gehen und die Männer einsammeln. Haben sie gesagt, wie lange wir weg sein werden?«

»Nein«, sagte er. »Sie haben nicht einmal einen vernünftigen Grund genannt. Nur dass wir wegen des Sturms nach Norden müssen. Und ... dass es das Ende ist.«

Auaine atmete scharf aus. »Nun, du kümmerst dich um die Männer. Ich kümmere mich um das Haus.«

Sie eilte hinein, und Renald wandte sich mit einer Willensanstrengung von dem Sturm ab. Er ging um das Haus herum und betrat den Scheunenhof, rief die Arbeiter zusammen. Es war ein kräftiger Haufen, alles gute Männer. Seine eigenen Söhne hatten ihr Glück anderswo gesucht, aber seine sechs Arbeiter standen ihm fast so nahe wie seine Söhne. Merk, Favidan, Rinnin, Veshir und Adamad versammelten sich um ihn. Renald schüttelte seine Benommenheit ab und schickte zwei los, das Vieh zusammenzutreiben, zwei weitere sollten das Getreide und die Lebensmittel zusammenpacken, die noch vom Winter übrig waren, und der letzte Mann sollte Geleni holen, der im Dorf neues Saatgut besorgen sollte, nur für den Fall, dass die Aussaat während ihrer Lagerung verdorben war.

Die Männer zogen los. Renald blieb noch einen Moment auf dem Scheunenhof stehen, dann ging er in die Scheune zu seinem Schmiedezeug und zog es ins Sonnenlicht hinaus. Es war nicht nur ein Amboss, sondern eine komplette Schmiede, die man transportieren konnte. Sie stand auf Rädern, man konnte nicht in einer Scheune schmieden. Der ganze Staub konnte Feuer fangen. Er zog an den Griffen und rollte sie zu dem Alkoven an der Hofseite, der aus guten Ziegeln gemauert war, wo er bei Bedarf kleinere Reparaturen ausführen konnte.

Eine Stunde später hatte er das Feuer geschürt. Er war nicht so geschickt wie Thulin, aber er hatte von seinem Vater gelernt, dass es einen großen Unterschied machte, wenn man selbst etwas schmieden konnte. Manchmal konnte man einfach nicht die Stunden verschwenden, die es dauerte, um ins Dorf zu gehen und zurückzukehren, bloß um ein gebrochenes Scharnier zu richten.

Die Wolken waren immer noch da. Er versuchte sie zu ignorieren, als er den Schmiedeofen verließ und zur Scheune ging. Diese Wolken waren wie Augen, die ihm über die Schulter blickten.

In der Scheune drang Licht durch die Spalten in den Wänden, fiel auf Staub und Heu. Er hatte sie vor ungefähr fünfundzwanzig Jahren selbst gebaut. Eigentlich hatte er schon länger die verzogenen Dachbohlen ersetzen wollen, aber jetzt würde dafür keine Zeit mehr sein.

An der Werkzeugwand griff er nach seiner drittbesten Sense, hielt dann aber inne. Er holte tief Luft und nahm stattdessen die beste Sense von der Wand. Er ging zurück zum Schmiedeofen und schlug den Stiel von der Sense.

Als er das Holz zur Seite warf, kam Veshir - der Älteste der Hofarbeiter - mit zwei Ziegen heran. Als Veshir das Sensenblatt auf dem Amboss sah, verfinsterte sich seine Miene. Er band die Ziegen an einem Pfosten an, dann ging er zu Renald, sagte aber kein Wort.

Wie stellte man eine Stangenwaffe her? Thulin hatte gesagt, dass man damit einen Mann gut vom Pferd reißen konnte. Nun, er würde den Sensenstiel durch einen längeren und geraden Eschenholzschaft ersetzen müssen. Das Schaftende würde über die Klinge hinausragen und zu einer primitiven Speerspitze geformt, die man mit einem Stück Zinnblech verstärkte. Und dann würde er das Sensenblatt erhitzen und ungefähr bis zur halben Höhe ein Stück aus der Oberseite herausschlagen, um einen Haken zu machen, mit dem man einen Mann vom Pferd ziehen und ihn vielleicht gleichzeitig schneiden konnte. Er schob das Sensenblatt in die glühenden Kohlen, um es zu erhitzen, dann band er sich die Schürze um.

Veshir sah ihm kurz zu. Dann trat er heran und nahm ihn beim Arm. »Renald, was machen wir hier überhaupt?«

Renald schüttelte den Arm frei. »Wir gehen nach Norden. Der Sturm kommt, und wir gehen nach Norden.«

»Wir gehen bloß wegen eines Sturms nach Norden? Das ist Wahnsinn!«

Fast das Gleiche hatte Renald zu Thulin gesagt. In der Ferne donnerte es.

Thulin hatte recht. Das Getreide ... der Himmel ... die Nahrung, die ohne Vorwarnung verdarb. Renald hatte es gewusst, schon vor dem Gespräch mit Thulin. Tief in seinem Inneren hatte er es gewusst. Dieser Sturm würde nicht über ihren Köpfen vorbeiziehen und dann wieder verschwinden. Man musste ihm ins Auge sehen.

»Veshir«, sagte er und wandte sich wieder seiner Arbeit zu. »Du arbeitest hier jetzt schon seit ... wie lange? Fünfzehn Jahre? Du bist der erste Mann, den ich eingestellt habe. Wie gut habe ich dich und deinesgleichen behandelt?«

»Du warst gut zu mir«, erwiderte Veshir. »Aber Renald, du hast noch nie zuvor entschieden, den Hof zu verlassen! Diese Feldfrüchte, sie werden zu Staub, wenn wir sie zurücklassen. Das ist kein südlicher Feuchthof. Wie können wir da einfach gehen?«

»Weil«, sagte Renald, »wenn wir bleiben, wird es keine Rolle spielen, ob wir ausgesät haben oder nicht.«

Veshir runzelte die Stirn.

»Sohn«, sagte Renald, »du wirst tun, was ich sage, und damit ist diese Diskussion beendet. Hol das Vieh.«