Выбрать главу

Tyrande blickte nach links. „Dort sind sie auch!“

„Rechts ebenfalls“, fügte Broll hinzu. „Und hinter uns sind sicherlich auch welche, vermute ich mal.“

„Ich werde nicht auf die Knie sinken und wie ein kleines Kind um Gnade winseln!“, rief Tyrande den kaum sichtbaren Schatten trotzig entgegen. Ihre Hände zitterten dennoch, wodurch auch Brolls eigene Furcht größer wurde.

Über der Hohepriesterin erstrahlte ein silbernes Licht, das die beiden Nachtelfen und den Hippogryphen einhüllte. Es breitete sich zu den Schatten hin aus und beschien die erste schreckliche Gestalt.

Im Leuchten des Mondlichts sahen sie ein Wesen, das gleichermaßen verrottet und verfault war. Es glotzte sie aus leeren, leblosen Augen an. Sein Gesicht war selbst im Tod von Schmerz verzerrt – ein Gesicht, das Broll plötzlich als das des Nachtelfen erkannte, der in der Schenke auf dem Boden gelegen hatte.

Aber wenn sie auch das Gesicht des Schläfers trug, war die Gestalt doch eine völlig andere. Sie wirkte wie ein schemenhafter Umriss von etwas, das Broll gehofft hatte, nie wiedersehen zu müssen. Der Nachtelf glich von seinem Körperbau her einem Dämon der Brennenden Legion.

Als der Mob näherkam, wurde ein zweites Wesen sichtbar, das ein halb skelettiertes Gesicht hatte und ansonsten dem Menschen glich. Doch auch sein Körper wirkte wie der eines Dämons.

„Sie...“, murmelte Broll. „Sie sind zurück...“

„Nein... das kann nicht sein!“, erwiderte Tyrande. „Keine Satyre mehr... bitte... keine Satyre...“

Die beiden Nachtelfen blieben reglos stehen. Sie wollten sich selbst verteidigen, doch die monströsen Gestalten, die sich um sie herum scharten, erschütterten die beiden so sehr, dass ihre Körper wie paralysiert waren.

In diesem Moment trat eine neue Gestalt vor den Druiden und seine Begleiterin. Es war der zerlumpte Mensch, den sie gejagt hatten. Er taumelte auf sie zu. Seine Augen schauten an ihnen vorbei.

Broll blinzelte, versuchte genau hinzusehen, doch offensichtlich hatte der Nebel sich verdichtet. Oder hatten seine Augen den Fokus verloren? Die gegnerischen Gestalten mit den Gesichtern von Auberdines unglückseligen Bewohnern waren wieder zu nebligen Schemen geworden. Plötzlich hatte der Druide das Gefühl, dem Boden ziemlich nah zu sein... und, mit seinen Händen herumtastend, stellte er fest, dass er kniete. Er erkannte, dass er geträumt hatte. Die Dämonen, die er gesehen hatte, existierten nur in seiner Vorstellung.

„Bei Mutter Mond!“, hörte er Tyrande seufzen, doch es war nur wie ein schwaches Echo. „Was...?“

Der hohläugige Mensch, der aus dem Nichts getreten war, sprach durch die unnatürliche Dunkelheit. „Nicht wieder einschlafen... nicht einschlafen...“, flüsterte er.

Broll spürte, wie ihm ein Arm um die Schulter gelegt wurde und wie er und Tyrande, die neben ihm kniete, von dem hageren Menschen mit Mühe festgehalten wurden.

Die Welt wurde durchscheinend. Sie verschwand nicht völlig. Sie verblasste, als wäre sie eher eine Erinnerung denn echte Materie.

Und gleichzeitig nahm sie eine tiefgrüne Farbe an.

Das war nicht mehr Auberdine. Eher eine kaum erkennbare Landschaft. Broll versuchte, sich zu konzentrieren um herauszufinden, wo sie sich befanden. Doch dann rauschte die Landschaft an ihm vorbei, als würde er mit einer für ein sterbliches Wesen unmöglichen Geschwindigkeit rennen.

Genauso plötzlich verlor ihre neue Umgebung die grünliche Färbung. Die Landschaft wurde wieder deutlicher. Es war Nacht, und obwohl auch hier Nebel herrschte, war er nicht so dicht wie in Auberdine.

Broll bemerkte, dass er sich bewegte. Doch als er versuchte, seine Bewegung zu kontrollieren, stürzte der Druide der Länge nach hin.

Der Boden war hart, aber zum Glück mit etwas bewachsen. Broll landete auf den Knien. Neben ihm hatte Tyrande mehr Glück, sie machte noch einige Schritte, bis sie sich sicher auf den Beinen halten konnte.

Die Hohepriesterin sprach als Erste wieder. Immer noch schwankend beobachtete sie ihre Umgebung. „Wo... wo sind wir? Das ist nicht Auberdine!“

Es war nicht Auberdine, und auf den ersten Blick war es gar kein Ort, der dem Druiden vertraut war. Er schüttelte den Kopf und versuchte, sich besser zu konzentrieren. Einige der Dinge, die gerade geschehen waren, begannen einen Sinn zu ergeben... wenn auch nicht den Sinn, der ihm gefiel.

„Nein, nicht Auberdine...“, krächzte der Grund für ihre Verwirrung. Der heruntergekommene Mensch stolperte zu Broll. Er blickte flehend von dem Druiden zur Hohepriesterin. „Ihr habt mich geweckt... und ich konnte gehen...“

Broll stand auf und hielt den Mann am Arm fest. Obwohl der Fremde Varian Wrynn keinesfalls ähnlich war, weckte sein Leid doch Erinnerungen an Brolls alten Freund. Worunter auch immer der Mensch litt, es war mindestens so schlimm wie Varians langzeitiger Gedächtnisverlust.

„Was habt Ihr getan?“, fragte Broll. „Habt Ihr uns wirklich mit hindurchgenommen...?“

Der Fremde presste sich gegen ihn, seine Augen brannten förmlich. „Ich bin so müde! Ich kann nicht wach bleiben! Bitte lasst mich schlafen...“ Er stieß ein gutturales Geräusch aus, dann sank er ohnmächtig gegen den Nachtelf.

Überrascht musste Broll schnell seine Haltung korrigieren. Sanft legte er den Menschen zu Boden.

„Wir müssen ihn aufwecken!“, erklärte Tyrande. „Ihr habt gehört, was er gesagt hat! Ihr habt Auberdine gesehen!“

Broll schaute ihren neuen Begleiter genau an. „Wir können ihn jetzt nicht aufwecken, selbst wenn wir beide unsere Kräfte vereinen. Er schläft tief und fest.“

„Er ist unsere einzige Spur zu Malfurion!“ Die Hohepriesterin griff nach unten, als wollte sie den Menschen schütteln, dann zögerte sie. Ihr Gesichtsausdruck beruhigte sich plötzlich. „Vergebt mir...“

„Da gibt es nichts zu vergeben.“ Broll blickte zu dem Mann. „Seine Kleidung wurde garantiert einst bei Hofe getragen, aber sonst kann ich nicht Bemerkenswertes an ihm erkennen.“

„Er scheint ein außergewöhnlicher Magier zu sein.“

Der Druide nickte. „Da stimme ich Euch zu... kein mir bekannter Magier hätte tun können, was er eben getan hat.“ Der ehemalige Gladiator schnaubte. „Kein Mensch oder Zwerg und nicht einmal die Nachtelfen... es sei denn, ich liege völlig daneben.“

Sie runzelte die Stirn. „Was sonst als Magie hätte es sein können? Es war eine merkwürdige Magie, aber ganz eindeutig Magie! Er nahm uns alle mit...“ Tyrande machte eine Pause „Außer Jai...“

Broll hatte bereits an den Hippogryphen gedacht. „Er schläft, Euer Majestät. Jai ist jetzt ein Teil von Auberdine.“

Die Hohepriesterin blickte ihn traurig an. „Arme Kreatur... so viele arme Kreaturen...“ Sie straffte sich und fragte: „Und was sollen wir nun mit ihm machen? Wenn er keinen Zauber gewirkt hat, wie hat er uns dann aus Auberdine herausgebracht und hier abgesetzt?“

„Das kann nur auf eine Art geschehen sein.“ Brolls Tonfall konnte seine Zweifel nicht verbergen. „Ich glaube... ich glaube, dass er uns für vielleicht einen Moment lang... mit in den Smaragdgrünen Traum genommen hat.“

8

Lucan

Etwas anderes bewegte sich nahe Malfurions vernebeltem Gefängnis, etwas, das ihm sowohl vertraut als auch fremd erschien.

Der Erzdruide fragte sich, welche neue Folter der Albtraumlord wohl nun wieder im Sinn hatte. Der Schmerz seiner fortgesetzten Umwandlung drang immer noch in ihn ein. Doch Malfurion konnte einen Teil seines Geistes dagegen abschirmen. Er wusste, dass sein Peiniger so etwas ahnte und die Abschirmung einreißen wollte. Und deshalb erwartete er genau das als Nächstes.

Malfurion war sich seiner eigenen Fähigkeit, alldem zu widerstehen, nicht sicher. Seine Pläne auszuführen und gleichzeitig der Folter standzuhalten, hatte ihm enorm viel abverlangt. Der Albtraumlord wusste nur zu gut, wie man folterte. Dazu benutzte er jeden und alles, was der Erzdruide liebte oder am meisten fürchtete.