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Die Gestalt war groß, allerdings nicht so groß wie der Schatten des riesigen Baumes. Mehr wusste Malfurion nicht von seinem Feind. Diese neue Gestalt bewegte sich mit einer Zuversicht und Anmut, die den Nachtelf verstörten. Er wünschte sich, dass der dichte, beunruhigende Nebel, der sein kleines Gefängnis umgab, sich wenigstens für einen Moment gelichtet hätte, damit er das Wesen besser hätte sehen können. Dann hätte er vielleicht erahnen können, welch neue Übel es mit sich brachte.

Ich bin hier..., erklang eine Stimme in seinem Kopf. Es war nicht der Albtraumlord, sondern wahrscheinlich die neue Gestalt. Sie redete auch nicht mit Malfurion, er hörte nur, wie sie zu jemand anderem Kontakt aufnahm.

Und dieser andere kam auch. Der Schatten des Baumes beugte sich über Malfurions verdrehte Gestalt. Die Zweige des Albtraumlords wanden sich wie Ranken auf den Neuankömmling zu.

Es herrschte Stille. Malfurion erkannte, dass sein Entführer mit der Gestalt sprach. Doch anders als der Besucher hielt der Albtraumlord sein Begehren vor dem Gefangenen verborgen. Der Nachtelf fragte sich, warum das nötig war.

Der neue Schatten stieß ein spöttisches Lachen aus. Ja... so machen wir es... was für ein Spaß das sein wird...

Der Erzdruide hätte die Stirn gerunzelt, wenn er es denn gekonnt hätte. Das war keine neue Folter für ihn. Stattdessen hatte sein Peiniger offenbar eine Aufgabe für den anderen Schatten.

Nachdem er das erkannt hatte, wurde Malfurion entschlossener. Er nutzte seine Schmerzen, um seine Kräfte zu fokussieren. Er war immer noch im Smaragdgrünen Traum – oder nun Albtraum -, und trotz seiner Bemühungen, den Nebel zu durchdringen und zu sehen, wie das Reich vom Bösen verändert worden war, hatte er bislang versagt. Doch vielleicht... vielleicht konnte Malfurion mit etwas mehr Konzentration mehr erfahren.

Der Schleier würde sich nicht auflösen. Der Umriss blieb das, was er war. Immer noch konzentrierte sich der Erzdruide und benutzte dieselbe Methode, die man anwandte, um in das eigene Innere zu schauen. Er musste sich in die gleiche Meditation versetzen, die dem Verlassen des Körpers in Traumgestalt vorausging. Malfurions ganzes Streben war, nun alles aufzuspüren, was diesen beunruhigenden Besucher auszeichnete. Er hatte dies bereits mit dem Albtraumlord versucht und dabei versagt. Doch wenn die beiden nicht vermuteten, dass er es bei dem Neuankömmling noch einmal probieren würde...

Du bist doch ein neugieriger Wicht!

Malfurions Geist wurde von einer mentalen Kraft getroffen, die so groß war, dass sie ihn augenblicklich betäubte. Interessanterweise wurde dabei der ursprüngliche Schmerz geringer – wenn auch nur für eine Sekunde.

Ich gehe... sagte der Schatten zu dem Peiniger des Nachtelfen. Der Erzdruide konzentrierte sich erneut und bekam so mit, wie die Gestalt im dichten Nebel entschwand.

Der Schattenbaum, der den Albtraumlord hier verkörperte, lehnte sich zurück, um über Malfurion aufzuragen. In dir steckt immer noch zu viel Geist, aber nicht mehr lange... so viel Mühsal laugt dich aus, oder nicht? Wie geht es deiner sterblichen Hülle, mein Freund?

Der Nachtelf verstand sofort. Er spürte eine Schwäche, die nicht von seiner Traumgestalt ausging, sondern von seinem echten Körper. Sein Versuch, mehr herauszufinden, hatte ihn wertvolle Lebenskraft gekostet.

Die Schattenäste legten sich über seine Augen, fast, als ob sie sie abpflücken wollten. Doch Malfurion wusste, dass seine Augen wohl der am wenigsten gefährdete Teil seiner Traumgestalt waren. Das Böse, das ihn gefangen hielt, wollte, dass er alles sah, selbst wenn es nichts zu sehen gab... oder vielleicht weil es nichts zu sehen gab.

Du möchtest etwas sehen? Da hättest du doch nur fragen müssen, mein Freund... das ist doch das Mindeste, was ich für jemanden tun kann, der mir so viel von seinen Sehnsüchten gibt...

Die Äste streckten sich vorwärts, teilten sich in zwei Hälften auf, die den Nebel wie riesige Hände wegstießen... und zum ersten Mal enthüllten, was aus dem Smaragdgrünen Traum geworden war.

Malfurion hätte geschrien, wenn er es gekonnt hätte.

Die Äste zogen sich zurück. Der Nebel schloss sich wieder über dem gefangenen Erzdruiden.

Die spöttische Stimme erfüllte seine Gedanken. Die Freude darin hieb wie ein Dolch auf den Geist des Nachtelfen ein. Und wir schulden dir etwas dafür, Malfurion Sturmgrimm... so viel.

Der Schattenbaum verschwand. Die Stimme verstummte. Einen Augenblick lang wurde Malfurion mit diesem Schrecken allein zurückgelassen. Es war die neueste Folter, die dazu dienen sollte, den Teil von ihm zu brechen, der sich noch nicht ergeben hatte.

Aber sein Peiniger wusste nicht, dass der Nachtelf seinerseits ebenfalls etwas Wichtiges erfahren hatte. Eigentlich waren es sogar zwei Dinge. Zum einen wusste er jetzt, wer der Diener des Albtraumlords war. Die Antwort hätte offensichtlich sein müssen. Doch wegen Malfurions stetem Leiden hatte es der abrupten Wut der Kreatur selbst bedurft, um sie zu verraten.

Ein grüner Drache übte also das Böse aus... doch nicht irgendein grüner Drache...

Er betete, dass Ysera davon wusste, damit sie davon nicht überrascht wurde. Wenn die Herrin des Smaragdgrünen Traums in Gefangenschaft geriet, war wirklich alles verloren.

Und das zweite, was er durch die Enthüllung von Malfurions wahrer Umgebung erfahren hatte, diente dazu, eine Entscheidung zu überprüfen, die der Erzdruide bereits vor langer Zeit getroffen hatte.

Denn wenn er Ysera und den Smaragdgrünen Traum retten wollte, würde Malfurion sterben müssen...

Trotz allem, was sie gesehen hatten, trotz allem, was es eventuell für sie bedeuten konnte, wussten Tyrande und Broll, dass sie irgendwann schlafen mussten. Der schreckliche Kampf in Auberdine hatte sie mehr erschöpft als sie geahnt hatten.

Tyrande und Broll wussten nicht, wo sie sich in Relation zu Auberdine oder dem Eschental genau befanden. Doch der Druide glaubte, dass sie ihrem Ziel trotz allem näher gekommen waren. Unglücklicherweise hatten sie nun Jai nicht mehr, weshalb sie nicht fliegen konnten. Denn so kräftig Broll in seiner Sturmkrähengestalt auch war, konnte er die Hohepriesterin und ihren merkwürdigen neuen Begleiter doch nicht tragen.

Tyrande beobachtete den schlafenden Menschen. Er wirkte harmlos, und sie spürte keinerlei magische Präsenz um ihn herum. Als Hohepriesterin der Elune und jemand, der sich seit Jahrhunderten mit den verschiedenen Arten der Magie beschäftigt hatte, hätte sie wenigstens irgendetwas sehen müssen. Dennoch gab es etwas an ihm, das von Magie zeugte. Doch es war von untergeordneter Art. Fast wie ein Teil seines innersten Wesens, der jedoch nie durch das Studium der mystischen Künste perfektioniert worden war.

Sie blickte zum Himmel, der sich von grau zu schwarz veränderte. Ein Tag war vergangen, ein wertvoller Tag war verloren, während sie darauf warteten, dass der Mensch endlich aufwachte. Obwohl er im Schlaf murmelte, verhielt er sich nicht wie die Bewohner von Auberdine. Seine Albträume mochten lebhaft sein, doch sie waren noch nicht zum Leben erwacht.

Wenn sie an Auberdine dachte, schauderte die Hohepriesterin. Sie und Broll wären beinahe dem Bösen zum Opfer gefallen, wie der arme Jai. Tyrande durchlebte den Albtraum, den sie erlitten hatte, erneut – teuflisch grinsende Satyre, die sie zu ihrem Meister bringen wollten – und war dankbar, dass der Mensch gekommen war. Broll hatte ihr von seinen eigenen Monstern erzählt, in seinem Fall waren es makabere untote Dämonen der Brennenden Legion gewesen. Für beide Nachtelfen hatten die Kreaturen wie schreckliche Parodien der schlafenden Einwohner von Auberdine ausgesehen.

Nicht zum ersten Mal wollte Tyrande ihren neuen Begleiter schütteln, bis er aufwachte. Malfurion näherte sich immer mehr dem Vergessen. Und mit jedem verstreichenden Tag wurde es schlimmer. Trotzdem waren sie und der Druide übereingekommen, dass es keinen Sinn hatte, es noch einmal zu versuchen. Der Mensch war bewusstlos geblieben, trotz ihrer anfänglich sehr rabiaten Versuche, ihn zu wecken. Es schien, dass er nicht erwachen würde, bevor er es selbst wollte.