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Aber ich will Malfurion nicht wieder verlieren!, dachte Tyrande, und ihr Gesichtsausdruck verhärtete sich. Ich will ihn nicht verlieren, selbst wenn es sein eigener Fehler war, der ihn da hingeführt hat...

Ein Gefühl der Scham überkam sie. Malfurion war fort und suchte nach möglichen Gefahren. Dabei hatte er nicht nur das Beste für die Druiden im Sinn gehabt. Ihm ging es um ganz Azeroth, als er ausgezogen war... wie schon so viele Male zuvor...

Tyrande versuchte, den Gedanken abzuschütteln. Sie war froh, als sie hörte, wie Broll sich rührte.

Er bemerkte ihren veränderten Gesichtsausdruck nicht, seine Aufmerksamkeit war auf den Menschen gerichtet. „Er schläft immer noch, wie ich sehe.“

„Ich habe meine Zweifel, dass er erwachen wird.“

„Ich auch. Er verhält sich nicht wie die anderen. Aber den ganzen Tag durchzuschlafen, nachdem er bereits die halbe Nacht davor geruht hat...“

Die Hohepriesterin spielte mit der Gleve. Sie war froh, dass sie sie von Jais Sattel geholt hatte. Hätte sie es nicht getan, wäre die Waffe in Auberdine zurückgeblieben. Auch wenn Tyrande in sich die Gaben von Mutter Mond trug, war sie doch nicht unverwundbar. Die Gleve war eine robuste und nützliche Waffe. „Sollen wir ihn hierlassen? Mir gefällt der Gedanke allerdings nicht, schließlich hat er uns geholfen.“

„Das sehe ich auch so. Dennoch müssen wir ins Eschental, und obwohl ich ihn eine Weile tragen könnte, würde er uns behindern.“

Sie berichtete ihm schließlich, was sie sich fast während der ganzen wachen Zeit überlegt hatte. „Ihr solltet allein weitergehen. Das hattet Ihr doch sowieso geplant, als ich die Reise ins Eschental vorschlug.“

Broll blickte sie entsetzt an. „Ich lasse Euch hier nicht allein! Schon gar nicht nach allem, was in Auberdine geschehen ist! Wir gehen gemeinsam nach Eschental...“ Er deutete mit dem Daumen auf den Menschen. „Und den Burschen hier nehmen wir mit...“

„Wie?“

Der Druide blickte schuldbewusst. „Auf eine Weise, die ich sowieso vorhatte, wenn ich Auberdine erst hinter mir gelassen hätte.“ Aus seinem Umhang holte er den Gegenstand, den er aus Fandrals Heim mitgenommen hatte. „Es ist an der Zeit, dass mein Diebstahl sich mal als nützlich erweist – falls das überhaupt möglich sein sollte.“

Sie konnte nicht glauben, was sie sah. „Ist das... ist das das Götzenbild von Remulos?“

„Ja.“

„Ich dachte, Ihr hättet es dem Erzdruiden Fandral zur Aufbewahrung gegeben...“

„Und nun habe ich es mir geborgt.“ Sein Gesichtsausdruck bat sie, die Angelegenheit nicht weiter zu verfolgen. Als Tyrande nickte, wirkte Broll erleichtert. Er fügte hinzu: „Es könnte unsere einzige Hoffnung sein, wenn wir erfolgreich das Portal durchqueren wollen.“

„Wie denn?“

„Remulos sagte, dass es mit einem grünen Drachen von großer Macht verbunden sei. Doch der Aspekt Ysera wollte nicht verraten, welchen genau sie dazu erwählt hatte. Remulos tippte auf denselben Drachen wie ich. Ich habe ihn kurz gesehen, als ich versuchte, das Götzenbild von der Korrumpierung zu befreien. Dabei spürte ich seine große Macht. Es könnte einer ihrer Gemahle sein.“

Was nach Auffassung der Hohepriesterin ein Drache mit unvergleichbarem Wissen und Macht sein musste. Tyrande verstand Brolls Argumentation. „Glaubt Ihr, Ihr könntet durch die Figur Kontakt mit ihm aufnehmen?“

„Es wäre einen Versuch wert, ja.“

Ihr gefiel der Klang seiner Worte nicht. „Was wird Fandral tun, wenn er herausfindet, dass Ihr das Götzenbild entwendet habt?“

Broll zuckte mit den Achseln. „Keine Ahnung. Aber wenn ich all das hier überlebe, werde ich es herausfinden.“

Tyrande betrachtete die Figur und betete darum, dass sie das Risiko für den Druiden wert war... für sie beide. „Was wollt Ihr machen... und kann ich Euch dabei irgendwie helfen?“

„Nein, das muss ich ganz allein erledigen.“ Broll stellte die Figur auf den Boden vor sich, dann setzte er sich im Schneidersitz hin. Die Augen des Drachen starrten direkt in die des Druiden. „Ich versuche etwas anderes“, murmelte er. „Ich will nicht das Artefakt selber nutzen...“ Der Druide dämpfte seine Stimme. „Ich hätte nie gedacht, dass ich das verfluchte Ding wiedersehen müsste, deshalb...“

Die Hohepriesterin sagte nichts, sie war sich der Qual bewusst, die Broll bei seiner letzten Begegnung mit der Figur erlebt hatte. Er war derart geschwächt gewesen, dass er seine Tochter nicht vor den verderbten Kräften des Götzenbildes hatte retten können.

Broll wandte die Handflächen dem Götzenbild zu und begann zu murmeln. Das Götzenbild war immer noch an den Drachen gebunden, welcher auch immer es sein mochte. Broll hoffte, sich in diese Verbindung einklinken zu können und den Geist des Drachen zu berühren. Tyrande wusste genau, warum. Der grüne Drache konnte ihnen einen Hinweis darauf geben, was gerade geschah. Und was noch wichtiger war, er konnte ihnen dabei helfen, in den Smaragdgrünen Traum einzudringen. Einst war das Götzenbild dazu in der Lage gewesen – Broll hatte es so benutzt, als er einst in Bärengestalt gegen seinen eigenen Zorn gekämpft hatte. Das war gewesen, bevor der Albtraum diesen unberührten Ort schwer erreichbar gemacht hatte. Doch ihre Chancen zu überleben und vielleicht zu siegen, wären mit einem der Wächter dieses Reiches auf ihrer Seite bedeutend gestiegen.

Ein schwacher Rest von Mondlicht berührte das Götzenbild, und dabei löste sich ein dünner Energiestrom von der Figur.

Die Magie verband das Götzenbild mit dem geheimnisvollen Drachen.

Tyrandes Aufmerksamkeit wurde plötzlich von Broll in Anspruch genommen, um den herum ein schwaches Leuchten entstand, das eher waldgrün war. Interessanterweise schien es nicht von ihm selbst auszugehen, sondern stieg von dem mit Gras bewachsenen Boden auf.

Als Druide bezog Broll viel von seiner Kraft aus der Flora und Fauna von Azeroth, und zum ersten Mal sah Tyrande, wie das funktionierte. Doch es ruhte auch eine Kraft in ihm selbst – genauso wie in Malfurion. Aber diese Eigenart der Druiden hatte sie noch nicht richtig erfasst. In gewisser Weise glich sie den Kräften von Mutter Mond.

Vielleicht sind Malfurion und ich gar nicht so verschieden, überlegte die Hohepriesterin. Und vielleicht haben wir uns gerade deshalb so weit voneinander entfernt...

Eigentlich hätte sie diese Kräfte viel besser kennen müssen. Schließlich war auch sie von Cenarius unterrichtet worden. Zudem hatte sie mit ihrem Geliebten und den anderen Druiden Seite an Seite gekämpft. Azeroth war so sehr ein Teil der Druiden, dass es sie permanent berührte. Wenn Malfurion darauf eingestimmt war, spürte er das alles sicherlich noch viel stärker als Broll.

Er kann sich seiner Berufung genauso wenig entziehen wie ich mich meiner... doch diese Berufungen überschneiden sich, wie sich auch unsere Leben überschneiden... wenn wir das hier überleben... müssen wir lernen, uns besser zu einigen... und so herausfinden, wie wir schließlich zusammenkommen können.

Wenn wir es überleben...

Das Waldgrün begann sich auszubreiten, wurde zu einem magischen Strom, der durch die Ebene von Azeroth bis zu dem Ort floss, wo der Drache sich gerade aufhielt. Doch die Magie hatte kaum zu wirken begonnen, da schwand sie auch schon wieder. Sie traf auf Widerstand.

Broll murmelte etwas.

Der Widerstand wurde schwächer.

„Nein! Das darfst du nicht!“

Der Mensch in ihrer Mitte sah sich mit wildem Blick um. Er rutschte auf den Knien und griff verzweifelt nach dem Götzenbild.

Als er näherkam, erblickte Tyrande um ihn herum eine Landschaft, die hier war und doch auch wieder nicht. Ein Teil davon schien so harmlos zu sein, der andere...