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Oder sie zu ihm bringen, wenn sie beide sterben?, fragte sich der Druide mit plötzlicher Sorge.

Tyrande hielt die Gleve hoch, bereit sie zu werfen, als sie die Höhle betraten. Die Höhle war dunkel. Im Gegensatz zu Lucan störte das die beiden Nachtelfen nicht. Dennoch erzeugte die Hohepriesterin ein kleines Licht, vielleicht für den Menschen oder auch nur, um die Aufmerksamkeit des Drachen zu erregen.

„Bleibt zusammen“, ermahnte Broll vor allem den Kartografen. Er bezweifelte nicht, dass Lucan das auch vorhatte. Doch so wie der Mann für gewöhnlich herumspazierte, war es sicher nicht verkehrt, wenn man ihn daran erinnerte.

Die Höhle zog sich von einer Seite zur anderen und wurde hinter dem Eingang schmaler. Sie war nun so eng, dass sie kaum nebeneinander hergehen konnten. Wenn irgendwo weiter vorne ein Drache lauerte, musste es einfach einen anderen Eingang geben. Das behielten sie im Hinterkopf für den Fall, dass dieser Ausgang vielleicht blockiert wurde.

Natürlich würde der andere Eingang dem Drachen auch erlauben zu fliehen.

Die Höhle wurde kälter. Schwarze Drachen bevorzugten wärmere Orte, was Lucans Vermutung bestätigte, dass Broll falschlag. Dennoch hatten der Druide und die Hohepriesterin beide eine schwarze Kreatur gesehen.

Wenn es kein schwarzer Drache war, warum sollte sich ein Drache von anderer Farbe derart tarnen?

Broll erinnerte sich plötzlich an etwas, das er in ihrer derzeitigen schlimmen Situation bislang verdrängt hatte. Vor langer Zeit hatte er der schrecklichen Tochter des großen schwarzen Drachen Todesschwinge gegenübergestanden. Wie der Vater, so war auch Onyxia ein wahres Monster gewesen. In diesem Zusammenhang fiel Broll ein, dass sie auch eine andere Gestalt hatte annehmen können... selbst das Aussehen deutlich kleinerer Arten.

Er berührte Tyrande an der Schulter. Die Hohepriesterin drehte sich leise um.

„Vorsicht“, flüsterte Broll. „Diese Tunnel sind vielleicht doch groß genug für einen Drachen.“

Ihre Augen verengten sich. Tyrande Wisperwind war sich ebenfalls dieser speziellen Fähigkeit der Drachen bewusst. Sogar mehr noch als Broll, der ihre Verbindung zu dem roten Drachen Korialstrasz nicht kannte. „Ja“, murmelte sie. „Wir müssen sehr vorsichtig...“

Dann erklang ein Geräusch. Es war eine kaum wahrnehmbare Bewegung von irgendwo tiefer drinnen. Die drei versteiften sich augenblicklich. Broll schob Lucan hinter Tyrande und sich selbst. Die Hohepriesterin trat vor, bevor Broll sie zurückhalten konnte.

Nur ein paar Meter weiter in der Höhle kamen sie zu einer größeren Kammer, die mit Löchern durchsetzt war – allesamt groß genug, um durchgehen zu können. Die Kammer war vielleicht zehn Mal so groß wie der Druide, und die rauen Kanten enthüllten Pfade, von denen einige sicherlich gefährlich waren und über die man viele der Durchgänge erreichen konnte.

Doch am wichtigsten waren die Fußabdrücke, die Broll unter den Stalagmiten am Boden der Kammer entdeckte. Er kniete nieder, um sie zu untersuchen.

„Sie sehen aus, als stammten sie von jemandem wie uns“, meinte der Druide zu Tyrande. „Oder vielleicht von Lucans Volk. Sie überlagern sich zudem. Wem auch immer sie gehören, er hat diese Höhle oft betreten.“

„Ich spüre einen Windzug“, bemerkte sie. Sie stieß die Spitze der Gleve auf den Boden. „Es gibt noch mindestens einen weiteren Eingang in der Nähe.“

„Suchen wir danach?“

„Wohin führen die meisten Fußabdrücke?“

Er untersuchte sie genau, schließlich wies er nach rechts. „Da lang...“

Als Broll aufstand, blinzelte Lucan, dann setzte er an, um Tyrande etwas zu sagen. Doch die Hohepriesterin berührte schnell sein Handgelenk und drückte es sanft.

„Der Windhauch kommt exakt aus der Richtung, in die die Spuren führen“, sagte die Hohepriesterin und ließ das Handgelenk des Menschen los. „Wir können ihnen entweder folgen oder...“

Tyrande verstummte. Ihr Gesicht war plötzlich hoch konzentriert.

Das Licht von Elune erhellte die Kammer.

Und in dem Licht wurde eine Gestalt enthüllt, die bis eben noch unsichtbar für sie gewesen war. Doch Lucan hatte sie mit seinem besonderen Talent bereits gespürt. Tyrande hatte das erkannt und ihn verstummen lassen, um ihren Beobachter zu überraschen.

Der war in eine lange Kapuzenrobe gehüllt und wirkte wie eine Mischung aus Magier und Priester. Die Gestalt war ein paar Zentimeter größer als Broll, der mit seinen 2,10 Metern selbst nicht klein war. Doch die Gestalt war zierlicher. Ihre Hände ähnelten denen eines Nachtelfen. Das Gesicht wies auch die Züge von Nachtelfen auf, doch es war viel blasser. So etwas gab es unter den Elfen nicht.

Mehr konnten die drei nicht erkennen, weil die Gestalt augenblicklich ihre Hand in Richtung der vermeintlich größten Bedrohung ausstreckte. Sie richtete den Arm auf die Hohepriesterin.

Das war ein Fehler, den Broll ausnutzte.

Der Druide warf sich auf den mysteriösen Zauberer. Doch nicht in seiner Gestalt als Nachtelf. Broll verwandelte sich in eine riesige pelzige Gestalt, die mehr als den doppelten Umfang von Broll hatte. Der Mund des Druiden und die Nase verlängerten sich, wuchsen zusammen und bildeten ein zähnefletschendes Maul. Mit seinen großen Tatzen riss er an dem Zauberer. Broll war nun ein grimmiger Bär.

Sein Feind taumelte unter dem Ansturm von Körpermasse und dem daraus resultierenden Schwung zurück. Einen Augenblick lang sah es so aus, als würde die Gestalt zu Boden gehen.

Plötzlich wurde Brolls Gegner von einer grünen Aura eingehüllt. Der Druide flog zur Seite und prallte schließlich gegen zwei Stalagmiten, zerschmetterte einen und war für einen Moment benommen.

Tyrande hielt ihre Gleve bereit, doch sie griff nicht an. Die Hohepriesterin blickte den Zauberer an.

Erst als sie seine Augen sah, überkam die Hohepriesterin das Gefühl, dass sie wissen sollte, wem sie da gegenüberstand. Seine Gestalt war ein klein wenig verändert, sonst, da war sich Tyrande sicher, hätte sie ihn schon viel eher erkannt. Sie versuchte, sich an seinen Namen zu erinnern.

Zum Schrecken aller drei stieß der Mann einen schmerzgeplagten Schrei aus, legte einen Arm vor das Gesicht... und begann, sich zu verwandeln.

„Wartet!“, rief Tyrande. „Wartet! Es sei denn, Ihr gehört zu den schwarzen Drachen, wir suchen Hilfe, keinen Kampf!“

Die Transformation hatte gerade erst begonnen, sodass seine wahre Gestalt sich noch nicht im Geringsten verändert hatte. Der Zauberer unterbrach die Verwandlung, ließ den Arm sinken und starrte sie mit einem Ausdruck an, der an Mitleid erinnerte.

„Es wäre besser für dich, wenn du tatsächlich einem Drachen von Todesschwinges Sippe gegenüberstehen würdest, kleine Nachtelfe! Er wäre weit weniger ein Monster, als ich es bin!“

„Ihr seid ein Monster?“, raunte Broll und kehrte zu seiner wahren Gestalt zurück. Er sah sich um und suchte den Gegenstand, den er in seiner Bärengestalt nicht mit sich herumtragen konnte.

Er lag zu Füßen seines Gegners, der ihn nun vom Boden der Kammer aufhob. „Ah! Dieses verfluchte Ding! Ich habe seine Gegenwart gespürt! Ich wünschte, sie hätte mich niemals gebeten, meine Kraft dort hineinzulegen!“

Der Druide stand auf. „Dann seid Ihr der grüne Drache, der an das Götzenbild des Remulos gebunden ist!“

„Gebunden ist das treffende Wort!“ Die Figur flog auf Broll zu. Als der Nachtelf sie mit einer Hand fing, zischte der Drache. „Daran gebunden mit all meiner Essenz... auch wenn meine Ysera nicht vorhersehen konnte, welch schreckliche Dinge damit ausgelöst werden sollten. Als das Götzenbild ursprünglich erschaffen wurde, wollten wir Remulos und allen, die er für wert befand, eine nützliche Hilfe an die Hand geben.“ Er blickte zu dem Druiden. „Wo wir gerade davon sprechen. Ich erkenne dich an deiner magischen Signatur, wenn auch nicht dem Namen nach. Du hast das Ding vor einiger Zeit benutzt, mit schrecklichen Auswirkungen...“