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Aus dem Wald brach ein Riese hervor, der von den Bäumen selbst abzustammen schien. Sein Körper war mit dicker Borke bedeckt, und er hatte einen langen Bart aus Blättern. Zwei Stoßzähne stießen aus seinem Maul, und seine Augen waren von einem goldenen Zorn erfüllt, der sich nicht gegen die Nachtelfen richtete, sondern gegen den Drachen.

„Korrumpierter...“, knirschte er, seine Stimme klang, als schabe Holz gegen Holz. „Du kommst nicht vorbei...“

„Ein Urtum des Krieges!“, rief die Hohepriesterin.

So schnell er sich verwandelt halte, nahm Broll wieder seine wahre Gestalt an. Er lief zu dem tobenden Riesen und baute sich furchtlos vor den schrecklichen Klauen auf, die großen scharfen Holzsplittern glichen und sicherlich mehrere Druiden auf einmal aufspießen konnten.

„Knorre!“, rief Broll so laut er konnte. „Knorre, Urtum des Krieges, Beschützer von Eschental und Waldeslied! Ihr kennt mich! Ihr kennt mich!“

Das Urtum zögerte. Die mächtige Kreatur trug kaum Rüstung, die zudem eher dekorativ denn schützend war. Furchterregende Gesichter und mystische Muster schmückten sie. In Wahrheit brauchte das Urtum kaum Schutz. Es gab nicht viel, was einen wie ihn hätte verletzen können. Die Urtume gehörten zu den ältesten Wesen auf Azeroth, den ersten Wächtern des Lebens. Sie waren genauso sehr Pflanze wie Tier und bargen geheimes Wissen von jeder Art.

Der Riese neigte den Kopf, als er den Druiden beobachtete. Sein plumpes Gesicht ähnelte ein wenig dem eines Hundes, doch die Augen zeugten von einer Intelligenz, die viel größer war. In der Tat hatten die Urtume des Krieges den Nachtelfen erst viele ihrer Fähigkeiten beigebracht.

„Ja, ich kenne dich, Nachtelf! Du bist der Wanderer und Freund, den man Broll Bärenfell nennt...“ Knorre neigte kurz den Kopf. „Mein Beileid zum Tod deines Kindes...“

Broll ballte die Faust, obwohl er das vor dem Urtum verbarg. Urtume lebten viel länger als die Nachtelfen, deshalb waren für sie Jahre nur wie Sekunden. Für Knorre war Anessas Tod gerade erst geschehen, und so war es noch neu für ihn. Knorre wollte Broll nicht daran erinnern... nicht, dass der Druide ihren Tod je hätte vergessen können.

Doch dann wandte Knorre seine Aufmerksamkeit wieder Eranikus zu, der sich schließlich senkrecht aufgerichtet hatte. Der Drache breitete die Flügel aus und zischte dem Urtum etwas entgegen. Obwohl Knorre kleiner war, wirkte der Wächter nicht verängstigt, als er Eranikus direkt gegenübertrat.

„Korrumpierter! Du wurdest gewarnt...“

„Ich habe nur diese beiden hierher gebracht, damit sie meiner Königin und ihrem Freund helfen, der auch dein Freund ist! Malfurion Sturmgrimm!“

„Sturmgrimm...“ Knorre blickte unsicher. „Wir haben seine Abwesenheit bemerkt... aber auch seine Gegenwart...“ Die Augen blickten Eranikus an. „So wie wir dein Herannahen während der letzten Tage gespürt haben... und die Korrumpierung, die du mit dir bringst...“

Der Drache verwandelte sich zurück. Es war offensichtlich, dass die Bemerkung des Urtums irgendetwas in ihm aufgewühlt hatte.

„Er ist von der Korrumpierung befreit!“, korrigierte ihn Broll und verteidigte Eranikus. „Er ist ein Verbündeter und wieder ein Freund!“

„Nein!“ Knorre hob die mächtige Hand. „Er...“ Der Riese blinzelte. „Ich sah, wie er dem Bösen erneut verfiel! Er...“ Knorre blinzelte. „Nein... das war nur ein Albtraum... einer von vielen in letzter Zeit. Er wirkt gar nicht korrumpiert... doch...“

Broll nutzte das Zögern des Urtums aus und stellte eine Frage, die ihn beschäftigt hatte. „Knorre... wo sind die anderen Wächter?“

Der Gesichtsausdruck des Waldhüters wurde grimmiger. „Einige sind im Osten, einige im Norden, andere im Süden... und wieder andere... schlafen und wachen nicht auf...“ Er schüttelte den Kopf. „Ich habe sie in Sicherheit gebracht... doch ich wurde selbst so müde... vielleicht werde ich auch bald zu einem der ihren.“

„Was ist geschehen?“

Knorre berichtete ihnen, wie die Wächter – Urtume, Nachtelfen, grüne Drachlinge, Dryaden und die Drachen der grünen Sippe – viel zu lange schon keine Befehle mehr von Ysera erhalten hatten. Sie hatten sich gesorgt. Ihre Sorge war schlimmer geworden, als eine Dryade namens Shael’dryn zu ihnen kam, nachdem sie von ihrem Mondbrunnen geflohen war. Diese Brunnen – die an die Magie der Natur und das Licht von Elune gebunden waren – waren Orte der Heilung für das Land und aller, die das Wasser daraus tranken. Magier und andere Spruchweber konnten ihr Mana dort auffrischen. Es war ein Geschenk von Mutter Mond an alle Verteidiger Azeroths. Shael’dryn war die Hüterin des nördlichsten Brunnens gewesen.

„Ich kenne sie“, sagte Broll mit einem leicht schiefen Lächeln. „Eine Wortakrobatin, sie liebt Wortspiele...“

Knorre schüttelte den schroffen Kopf. „Als sie zu uns kam, hat sie nicht gelacht. Sie warnte uns – vor Angreifern im Dunklen, die die Brunnen heimsuchten. Die Dryade nannte sie nur Schatten, obwohl sie meinte, dass sie sie noch an etwas anderes erinnerten.“

Niemand hörte, wie Tyrande scharf einatmete. Dann fragte sie: „Wo ist sie? Es wäre klug, mit ihr zu reden.“

„Das ist unmöglich“, antwortete das Urtum. „Sie schläft bereits seit zwei Tagen.“

Er fuhr fort und berichtete ihnen, wie, nach allem, was er von der Dryade erfahren hatte, die Urtume und die anderen Wächter aufgeteilt worden waren, um die Mondbrunnen und andere strategische Positionen zu verteidigen. Und Knorre war zum Schutz des Portals zurückgeblieben.

„Es waren mehr als ein Dutzend hier... alle stark... besonders die Drachen. Doch damals wussten wir nichts von dem Schlaf, aus dem man nicht mehr erwacht. Davon haben wir erst erfahren, nachdem wir uns aufgeteilt und verabschiedet hatten...“

„Ihr wurdet wie Schachfiguren behandelt“, sagte Eranikus, nicht ohne eine gewisse Befriedigung über die Fehler anderer zu zeigen. „Hmmmpf!“

Knorre interessierte sich offensichtlich nicht für die Kommentare des Drachen. Deshalb verteidigte er sich und seine Kameraden nicht. Stattdessen wies das Urtum zum Portal hin. „Ich werde euch nicht im Weg stehen... geht durch, wenn ihr es für nötig haltet...“

„Ich bin nicht so dumm, dort einzutreten! Das bleibt den beiden hier vorbehalten!“

Jetzt zeigte Knorre seine Verachtung, obwohl Eranikus ihn ignorierte. Den Drachen vergessend, sagte der Waldhüter zu Brolclass="underline" „Waldbruder, ich würde mitgehen... doch einer muss hierbleiben...“

„Das verstehe ich. Ich werde allein gehen...“

„Wir gehen zusammen“, unterbrach ihn Tyrande.

Wie immer gab es keine Diskussion mit der Hohepriesterin. Broll zuckte die Achseln. „Dann sollten wir aufbrechen.“

Eranikus bewegte sich zur Seite. Die Nachtelfen gingen auf die glitzernden Energien im Portal zu.

Tyrande keuchte. „Es sieht so... schön aus.“

„Einst war es das auch.“

„Wie treten wir ein?“

„Geht einfach hinein“, antwortete der Druide. „Und dann seid auf alles vorbereitet.“

„Das bin ich immer.“

„Lebt wohl“, sagte Knorre. Das Urtum hob eine seiner schweren Hände. „Das Gefühl der Korrumpierung ist immer noch nahe...“

„Der Albtraum hat schon viel Gebiet vom Traum erobert“, erklärte Eranikus ungeduldig. Er war jetzt vorsichtiger, nachdem die beiden dabei waren, einzutreten. „Ich spüre das Böse mehr denn je. Wenn ihr erst durch seid, werde ich fortgehen!“

Broll an der Spitze wartete und blickte ein letztes Mal zu dem Drachen. „Wir danken Euch trotzdem für Eure Hilfe.“

„Dankt mir nicht dafür, dass ich euch in eine mögliche Katastrophe geführt habe, kleiner Nachtelf!“

Tyrande blickte auf das Portal und unterbrach sie. „Broll, da ist etwas...“

Das Portal leuchtete. Die smaragdgrünen Energien verdunkelten sich, dann schwollen sie an, breiteten sich aus und umschlossen die beiden Nachtelfen.

Als sie versuchten, sich aus diesem Griff zu lösen, erklang spöttisches Gelächter in ihren Ohren, und ein furchterregender Kopf, der sowohl wie Nebel als auch real wirkte, stürzte auf sie zu. Wie die Energien des Portals war die Kreatur ein grässlicher grüner Schatten.