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Sie trennte sich von dem mehr als enttäuschten Aran, der sich sehr viel mehr erwartet hatte, und verließ Stormwind. Neun Monate lang erledigte sie ihre Aufgabe als Wächterin so gut sie es vermochte und gebar schließlich Medivh.

Erst dann kehrte sie zu Aran zurück, übergab ihm das Kind und erklärte es zu ihrem Nachfolger.

»Ich kann von Eurem Gesicht ablesen, dass Ihr entsetzt seid.« sagte Aegwynn mit einem boshaften Grinsen.

»Allerdings.« Jaina hatte zusammen mit Medivh gekämpft. Er war es gewesen, der sie ermutigt hatte, sich mit Thrall gegen die Brennende Legion zu verbünden. Aber sie hatte nicht geahnt, dass die Herkunft des Propheten derart... geschmacklos war. Eigentlich wusste sie sehr wenig über ihn. Nur dass er von den Toten zurückgekehrt war und versuchte, für seine Sünden zu büßen, indem er alles in seiner Macht Stehende tat, um die Legion zu stoppen.

»Deshalb habe ich Euch diese Geschichte erzählt«, sagte Aegwynn. »Ich bin keine Heldin, ich bin kein Vorbild, ich bin keine Lichtgestalt, die Zauberer gleich welchen Geschlechts inspiriert. – Ich bin ein arrogantes Arschloch, das zugelassen hat, dass die eigene Macht und die List eines cleveren Dämons sie zerstörten... und mit ihr den Rest der Welt.«

Jaina schüttelte den Kopf. Sie erinnerte sich an viele Gespräche mit Kristoff, in denen klar geworden war, dass man die Lehren der Geschichte selten aus den niedergeschriebenen Worten zu ziehen vermochte. Weil solche Darstellungen immer von den Meinungen des Verfassers beeinflusst wurden. Und jetzt sah sie sich darin bestätigt, dass dies tatsächlich so war – dass dies auf die Geschichten, die sie in Antonidas Bibliothek über die Wächter von Tirisfal gelesen hatte, ebenso zutraf wie auf die historischen Schriften, von denen Kristoff gesprochen hatte.

Dann, plötzlich, spürte sie ein Prickeln in ihrem Nacken. Jaina stand auf.

Aegwynn tat es ihr gleich. Zweifellos spürte die alte Frau dasselbe. Was sich bestätigte, als sie sagte: »Die Barrieren sind wieder aktiv.«

Jaina fand es interessant, dass Aegwynn dies bemerkte. Insbesondere, wenn sie bedachte, dass Aegwynn es bei ihr, als sie sie überlistete und aufhob, nicht bemerkt hatte. Das nährte einen ganz bestimmten Verdacht.

Viel besorgniserregender war allerdings, dass diese Barrieren stärker waren als zuvor. Und sich völlig falsch anfühlten.

»Etwas stimmt hier nicht«, murmelte sie.

»Ja, ich kenne diese Magie. Hätte nie gedacht, dass ich ihr noch einmal begegnen würde, um ehrlich zu sein.« Aegwynn schüttelte den Kopf. »Ich bin mir nicht sicher, wie das überhaupt möglich ist.«

Bevor sie Aegwynn um eine Erklärung bitten konnte, musste Jaina sicherstellen, dass sie diese Barrieren ebenfalls durchdringen konnte. Sie versuchte einen Teleport-Spruch und fügte dieses Mal eine Beschwörung zur Barrierendurchdringung bei. Dann bereitete sie sich auf den Schmerz vor, sollte der Spruch seine Zweck nicht wie erhofft erfüllen.

Natürlich scheiterte sie. Beim ersten Mal hätte es vielleicht funktioniert, aber da hatte sie darauf verzichtet. Sie hatte den Durchdringungsspruch beim Teleportieren der Donnerechsen nur deshalb nicht benutzt, weil sie das Hochland erst untersuchen wollte, bevor sie Hunderte gereizte Tiere herbrachte.

Sie schloss kurz ihre Augen, um den Schmerz zu blockieren, und schaute dann Aegwynn an. »Ich komme nicht durch.«

»Das hatte ich befürchtet.« Aegwynn seufzte. Offensichtlich wenig begeistert davon, mit dem »kleinen Mädchen« festzusitzen.

Jaina war von dieser Aussicht auch nicht sonderlich angetan. Hauptsächlich, weil sie ihr Versprechen, das sie Thrall gegeben hatte, nicht erfüllen konnte, so lange sie im Hochland gefangen war.

»Ihr sagtet, Ihr kennt die Magie?«

Aegwynn nickte. »Erinnert Ihr Euch an Zmoldor, den ersten Dämon, dem ich begegnet bin und der die Schulkinder einsperrte?«

Jaina nickte.

»Nun, diese neuen Barrieren stammen von ihm.«

15

Kristoff hasste es, auf dem Thron zu sitzen, wenngleich er natürlich um die Notwendigkeit wusste, es zu tun. Von Führern wurde erwartet, dass sie ihre Autorität demonstrierten. Und die einschüchternde Präsenz des riesigen Thrones, der alles andere im Raum überragte, erfüllte diesen Zweck eindrucksvoll.

Dennoch hasste er es, darauf zu sitzen. Gleichzeitig war er davon überzeugt, dass es seiner Autorität Schaden zufügen würde, sollte er einen Fehler begehen.

Kristoff kannte seine Grenzen. Er war eben kein geborener Führer. Er hatte Jahre damit verbracht, wirkliche Führer aus erster Hand zu studieren und solche, an die er nicht herankam, aus Büchern. Inzwischen wusste er, was gute Führer auszeichnete, was sie richtig und was schlechte falsch machten. Etwas, was er früh gelernt hatte, war, dass sich arrogante Herrscher selten lange hielten. Herrscher machten Fehler. Die Arroganten gestanden sich das jedoch nicht ein. Das führte oft zur Selbstzerstörung oder zur Zerstörung durch Kräfte von außen.

Mit Sicherheit traf das auf Kristoffs vorherigen Arbeitgeber, Garithos, zu. Wenn der Hochlord auf Kristoff gehört hätte, oder einen der anderen sechs Ratgeber, hätte er sich nicht mit den Verdammten eingelassen. Kristoff hatte vorhergesagt, dass die untoten Kreaturen Garithos verraten und seine Krieger in den Untergang führen würden.

Unglücklicherweise waren die Arroganten normalerweise auch diejenigen, die sich vor allen anderen in Führungspositionen drängten. Kristoff hatte sich schon als junger Student damit auseinander gesetzt, denn es erklärte, warum es so wenige wirklich große Führungspersönlichkeiten gab.

Kristoff kannte sich gut genug, um zu wissen, dass er selbst unglaublich arrogant war. Das überlegene Vertrauen in seine eigenen Fähigkeiten war der Grund, warum er ein so guter Ratgeber für Lady Proudmoore war. Gleichzeitig verhinderte es aber auch, dass er ihren Platz einnehmen konnte.

Nichtsdestotrotz würde er tun, was ihm aufgetragen worden war und die Stelle der Lady vertreten, bis sie von ihrem Abstecher, den er keinesfalls befürwortete, zurückkehrte.

Mehr als alles andere aber hasste Kristoff den Thron als solchen, auch wegen seiner Unbequemlichkeit. Um den richtigen Effekt zu erzielen, musste man gerade sitzen, die Arme auf den Lehnen abgelegt, und auf den Bittsteller mit einem allwissenden Blick herabschauen. Allerdings war das aufrechte Sitzen für Kristoffs Rücken die Hölle. Die Wirbelsäulen malträtierende Position ließ sich nur vermeiden, wenn er mit dem Gesäß nach vorn rutschte und sich zu einer Seite neigte. Nur sah das dann aus, als würde er den Thron wie ein Sofa benutzen, was nicht ganz der Eindruck war, den er vermitteln wollte.

Es war eine schwierige Situation. Kristoff wünschte sich inbrünstig, dass die Lady nicht ins Orc-Land verschwunden wäre, um irgendeiner aberwitzigen Sache nachzugehen. Schließlich waren die Bedürfnisse von Theramore deutlich wichtiger als die Umsiedlung irgendwelcher randalierenden Reptilien auf Durotar.

Lady Proudmoore hatte erstaunliche Dinge vollbracht. Nur wenige Personen ihres Geschlechts wären in der Lage gewesen zu erreichen, was sie geschafft hatte. Dabei spielte es keine Rolle, ob als Magier oder Herrscher. Natürlich, es gab viele weibliche Monarchen, aber sie erlangten ihr Amt durch Erbfolge oder Heirat, nicht durch bloße Willensstärke, wie es im Fall der Lady geschehen war. Medivh hatte die Absicht formuliert, aber Jaina Proudmoore hatte die unvorstellbare Aufgabe bewältigt, Menschen und Orcs zu einen. Nach seiner Meinung als Experte war sie die größte Anführerin, die die Welt je erblickt hatte, und Kristoff betrachtete es als Ehre, einer ihrer vertrautesten Ratgeber zu sein.

Deshalb trieb ihn ihre Blindheit in Bezug auf die Orcs auch in den Wahnsinn. Kristoff konnte sie ja verstehen. Von allen Anführern, die er getroffen und studiert hatte, war Thrall Lady Proudmoore am ähnlichsten. Wie er die Orcs geeint und vom Joch des Dämonenfluchs, das sie so erniedrigte, befreit hatte, war noch beeindruckender gewesen.