Als er den Stein zurücklegte, verschwand das Glühen. Seine Botschaft wurde durch den Äther zu seinem Gegenstück auf der Feste geschickt.
Danach ging Kristoff zurück in seine Kammer, um die unterbrochene Arbeit zu beenden. Doch als er eintraf, durchdrang der Geruch von Schwefel den Raum, was bedeutete, dass Zmoldor angekommen war.
Galtak Ered'nash. Berichte, Kämmerer.
Kristoff kräuselte seine Nase wegen des Gestanks. Er hasste es, mit Dämonen zu paktieren, und wenn die Ziele nicht so wichtig gewesen wären, hätte er sich nie mit dieser Kreatur eingelassen. Aber eine andere Lektion, die Kristoff gelernt hatte, war jene, dass man manchmal merkwürdige Verbündete akzeptieren musste, um dem höheren Wohl des eigenen Volkes zu dienen. Das war der Grund gewesen, warum Lady Proudmoore den ungewöhnlichen Schritt unternommen hatte, Menschen und Orcs zusammenzubringen und warum Kristoff denselben Schritt jetzt mit Zmoldor wagte. Es war eine zeitlich begrenzte Allianz mit einem niederen Dämon, was im Gesamtbild kaum etwas bedeutete. In Wahrheit benutzte Kristoff Zmoldor. Er spielte mit der Eitelkeit der Kreatur und kroch nur vor ihr, um sie dazu zu bringen, ihm zu Diensten zu sein.
»Alles verläuft genau nach Plan. Die Menschen von Theramore sind auf einen Angriff gegen die Orcs vorbereitet und werden sie vernichten.«
Gut. Ich ziehe große Befriedigung daraus, wenn diese üblen Verräter von der Welt gefegt werden.
»So wie ich.« Kristoff meinte diese Worte ernst. Zmoldor war ein nützlicher Verbündeter für Kristoff, weil beide dasselbe Verlangen teilten, die Welt von den Orcs zu befreien. Und wenn alles vorbei war und die Orcs keine Bedrohung mehr darstellten, plante Kristoff, die Welt von Zmoldor zu befreien...
Möge unser Herzenswunsch bald erfüllt werden, Kämmerer. Leb wohl. Galtak Ered'nash.
Während er nickte, wiederholte Kristoff die beiden letzten Worte in Zmoldors eigener Sprache, was übersetzt so viel bedeutete wie: »Heil dir, Flammendes Schwert!«
16
Aegwynn beobachtete mit einem wehmütigen Lächeln, wie ihre Besucherin sich bemühte, die dämonische Barriere außer Kraft zu setzen. Die Frau hatte Aegwynns Hütte verlassen, um an den Rand des Barrierenfeldes zu treten, das sich an gleicher Stelle befand wie das alte, und versuchte, es aus der Nähe zu durchbrechen. Aegwynn glaubte nicht, dass sie dabei erfolgreicher sein würde.
Zmoldor hatte offenkundig kein Interesse mehr, Aegwynn wiederzubegegnen. Schließlich hatte er sich die Mühe gemacht, sie hier festzuzusetzen, nachdem Proudmoore die alten Barrieren deaktiviert hatte. So lange Aegwynn Barrieren aktiv gewesen waren, hatte sich Zmoldor keine Gedanken machen müssen. Aber die Deaktivierung der Barrieren bereitete ihm Sorgen, und deshalb errichtete er neue.
Nicht, dass es wirklich etwas ausgemacht hätte. Aegwynn war lange über den Punkt hinaus, dass sie Dämonen magisch bekämpfen konnte.
Nach ihrem neuerlichen fehlgeschlagenen Versuch griff Proudmoore in ihren Umhang und holte etwas Nahrung heraus. Fast ohnmächtig gab Aegwynn nickend ihre Zustimmung. Wer auch immer dieses Mädchen ausgebildet hatte, war schlau genug gewesen, ihr die praktischen Dinge des Lebens beizubringen. Das war etwas, was Scavell bei all seiner Brillanz versäumt hatte. Sie selbst hatte erst daran gedacht, etwas Proviant mit auf eine Mission zu nehmen, nachdem sie bereits das dritte Mal auf der Jagd nach einem Dämon vor Hunger zusammengebrochen war.
Kurz darauf drehte sich das Mädchen zu Aegwynn um. »Vielleicht können wir es schaffen, wenn wir unsere Kräfte bündeln.«
»Nicht sehr wahrscheinlich.« Aegwynn lachte bitter. »Meine Kräfte mit Euren zu vereinen, würde keinen großen Unterschied machen. Meine magischen Fähigkeiten sind schon lange... verkümmert.« Das Wort war unpräzise, aber ausreichend für den Zweck, Proudmoores Fragen zu beantworten. »Schade, dass niemand da ist, der als Leiter dienen könnte.«
»Als Leiter?«
Aegwynn revidierte ihre Einschätzung vom Lehrer der Proudmoore. »Kennt Ihr nicht Meitres Durchdringungsspruch?«
Proudmoore schüttelte den Kopf. »Die meisten von Meitres Schriftrollen wurden vor zehn Jahren zerstört. Ich studierte die, die gerettet wurden. Aber der kommt mir nicht bekannt vor.«
»Traurig«, war alles, was Aegwynn dazu sagte. Es hatte sie nicht interessiert, wessen Barrieren aktiv gewesen waren, so lange sie sie hier sicher hielten. Sie hatte nichts anderes gewollt, als den Rest ihrer Tage weit weg von der Welt zu verbringen, der sie schon so viel Schaden zugefügt hatte.
»Warum seid Ihr so geschwächt?«
Aegwynn seufzte. Sie hätte damit rechnen müssen. Andererseits, Proudmoore musste wohl die ganze Geschichte erfahren. Oder jedenfalls Aegwynns ureigene Version davon...
Medivh war in den Turm von Kharazan im Redridge-Gebirge eingezogen, der in Hügel eingebettet lag, nur umgeben von Reben und Unkraut. Die alten Bäume des Waldes von Elwynn schafften es nicht mehr so weit. Sie waren gestorben, nachdem Medivh hier eingezogen war. Der kahle Hügel, auf dem Medivh seine Burg errichtet hatte, war genau wie ein menschlicher Schädel geformt.
Aegwynn fand die Form traurig angemessen. Sie näherte sich dem Ort zu Fuß, sie wollte vermeiden, dass ihr Sohn vorzeitig von ihrem Besuch erfahren könnte.
Die Wächter von Tirisfal waren tot. Orcs zogen brandschatzend durch Azeroth. Krieg war überall auf der Welt ausgebrochen. Und die Quelle all dessen?
Ihr eigen Fleisch und Blut.
Sie wusste nicht, wie das hatte geschehen können. Sie hatte Medivh geboren, damit er ihre Arbeit fortsetzen würde, nicht, um sie zu zerstören.
Erst als sie am Tor eintraf, fühlte sie es. Ihr Sohn war da, das wusste sie, genauso wie Moroes, der Hausdiener, und der Koch. Beide schliefen in ihren Kammern. Aber sie fühlte noch eine andere Präsenz, eine, deren Essenz mit der ihres Sohnes verflochten war. Eine, die sie Jahrhunderte zuvor besiegt hatte.
Sie kümmerte sich nicht weiter darum, sondern wirkte einen Windzauber, der gegen das Tor hieb und orkanartige Kräfte entfesselte, die das Holz in tausend Teile zerschmetterten.
Ihr Sohn stand auf der anderen Seite. Er hatte Aegwynns Größe und ihre grünen Augen geerbt, von Nielas Aran stammten die breiten Schultern und die elegante Nase. Sein graugeflecktes Haar war zurückgebunden zu einem bemerkenswerten Pferdeschwanz, und er hielt seinen Bart sauber gestutzt. Sein kastanienbrauner Umhang wehte hinter ihm in einer Brise. Das Wesen, das vor ihr stand, war unverkennbar ihr Sohn. Doch obwohl ihre Augen Medivh sahen, spürte ihre ganze Magie nur Sargeras.
»Wie ist das möglich? Ich habe Euch getötet.«
Medivh lachte dämonisch. »Mutter, bist du wirklich so eine Närrin? Glaubst du ernsthaft, dass ein einfaches Mädchen eine Macht wie Sargeras vernichten kann? Er benutzte dich. Benutzte dich, um mich zu erschaffen. Er versteckte sich in dir, als du so hingebungsvoll meinen Vater verführt hast, übertrug sein Wesen in meinen Fötus. Er war mein ständiger Begleiter, mein Mentor, der Elternteil, den du mich niemals haben ließest.«
Aegwynn konnte es nicht glauben. Warum war sie nur so blind gewesen? »Du hast den Rat getötet.«
»Hast du nicht immer gesagt, dass sie nur Narren seien?«
»Das ist nicht der Punkt! Sie verdienten es nicht zu sterben!«
»Natürlich taten sie es. Du hast mir nicht sehr viel beigebracht, Mutter. Du warst immer viel zu beschäftigt mit deinen Aufgaben als Wächterin, um tatsächlich den Sohn aufzuziehen, den du in die Welt gesetzt hattest, damit er dein Nachfolger wird. Aber eine Lektion hast du mich gelehrt bei den seltenen Gelegenheiten, zu denen du so gütig warst, dich zu bequemen, meine Existenz zur Kenntnis zu nehmen. Und zwar, dass der Rat aus Narren besteht. Sargeras hat mir schließlich gezeigt, was das endgültige Schicksal aller Narren sein muss. Du siehst, Mutter, ich habe all meine Lektionen gut gelernt.«