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Jetzt wähnte sich der Kämmerer auf sichererem Terrain. »Weit weniger, als wenn wir darauf warten, dass Thrall stirbt oder die Orcs sich wieder zurückverwandeln. Er war der Einzige...«

»Genug!« Jetzt verstärkte sich die Brise, Blitze schossen aus den Fingerspitzen der Lady.

Kristoff schrie eine Sekunde später auf und fasste sich an seine linke Schulter. Rauch kräuselte zwischen seinen Fingern.

Instinktiv rannte Lorena zu ihm und zerrte ihm den brennenden Stoff vom Leib. Auf seiner nackten Schulter prangte eine Tätowierung, die identisch mit jener war, welche Lorena, Strov, Clai, Jalod und die anderen an den Orcs von Northwatch gesehen hatten – die lodernde Klinge eines Schwertes.

Auch die Tätowierung fing nun Feuer.

Eine Sekunde später war sie verschwunden und hinterließ nur verkohltes Fleisch. Kristoff brach kraftlos zusammen, seine Augenlider flatterten.

In gefasstem Ton sagte Aegwynn: »Zmoldor ist weg.«

»Ja.« Auch Lady Proudmoore klang jetzt wieder ruhiger. »Und mein Bannspruch hat ihm verraten, dass wir ihm auf der Spur sind.«

»... so Leid...«

Lorena kniete neben Kristoff, der zu flüstern begonnen hatte. Die Worte, die über seine Lippen kamen, waren kaum mehr als ein Hauch.

»Dachte... was ich tat... geschehe aus freiem... Willen... aber Zmoldor... kontrollierte... alles. Tut... so Leid... so Leid...«

Das Licht schwand aus seinen Augen.

Alle drei Frauen schwiegen für eine Weile. Für Lorena war es das Schlimmste, dass Kristoff im Grunde wahrscheinlich gar kein übler Mensch gewesen war. Er hatte lediglich das getan, was er für das Beste für Theramore hielt. Er hatte gemeint, seine Pflicht zu erfüllen. Natürlich hatte er dies denkbar falsch angestellt, aber er hatte das Herz am rechten Fleck getragen.

Sie fühlte sich schuldig. Es hatte Zeiten gegeben, in denen sie Kristoff nichts mehr als den Tod gewünscht hatte. Aber nun, da er tot war, fühlte sie nur eine große Traurigkeit.

Sie blickte zu Lady Proudmoore. »Wir müssen nach Northwatch. Wenn wir Glück haben, hat der Krieg noch nicht begonnen, und vielleicht können wir die Truppen noch aufhalten. Ihr müsst das persönlich erledigen, Milady. Major Davin wird von niemand anderem Befehle entgegennehmen.«

Lady Proudmoore nickte. »Ihr habt Recht. Ich werde...«

»Nein«, warf Aegwynn ein.

Die Lady musterte sie kühl. »Wie bitte?«

»Es ist Magie im Spiel, Lady Proudmoore, und Ihr seid die einzige Person in Kalimdor, die sie stoppen kann. Euer ehemaliger Kämmerer hatte mit einem Recht: Zmoldor ist ein niederer Dämon. Er war einer von Sargeras' Handlangern. Er selbst hat nicht die Macht, so viele Leute zu beeinflussen – oder einen Wald abzuholzen und die Bäume zu teleportieren. Diese Zauberer, die Kristoff erwähnte, sind die Wurzel allen Übels. Sie handeln in Zmoldors Namen, vielleicht als Gegenleistung für seltene Schriftrollen.« Sie schüttelte den Kopf. »Zauberer sind hinter Sprüchen her wie ein Süchtiger hinter einer Schlafmohnpflanze. Es ist abscheulich...«

»Wir haben nicht die Zeit, auf die Jagd nach einer Gruppe von Zauberern zu gehen«, sagte Lorena.

»Diese Zauberer sind das Zünglein an der Waage, Oberst«, beteuerte Aegwynn.

Lorena schaute zu Lady Proudmoore. »Nach allem, was wir wissen, Milady, haben die Kämpfe bereits begonnen. Und wenn es noch nicht passiert ist, kann es jederzeit losgehen, falls Kristoff in Bezug auf die Orcs Recht hat und diese Truppen hierher ziehen. Wenn erst die Kämpfe beginnen, zählt es nicht mehr, wer oder was sie ausgelöst hat. Es wird ein Blutvergießen geben, und wenn diese Grenze erst überschritten ist, wird die kostbare Allianz für immer zerschlagen sein.«

Aegwynn sah die Lady an. »Die Zeit drängt. Ihr habt selbst gesagt, Zmoldor weiß, dass wir ihm auf der Spur sind. Wir müssen jetzt zuschlagen, bevor er die Möglichkeit hat, sich eine Strategie gegen Euch einfallen zu lassen. Und Ihr könnt nicht an zwei Orten zugleich sein.«

Da lächelte die Lady. Es war ein strahlendes Lachen, das Lorena als Ausdruck von Erleichterung auffasste, nach all dem Zorn, den Kristoff in ihr entfacht hatte.

»Ich muss nicht an zwei Orten gleichzeitig sein.« Sie ging zum Eingang ihrer Kammer und trat hinein.

Lorena und Aegwynn tauschten erstaunte Blicke miteinander. Dann folgten sie ihr. Als sie drinnen ankamen, sahen sie, wie Lady Proudmoore in ihren Schriftrollen wühlte. Plötzlich hielt sie inne und rief: »Ah! Da ist er ja!«

Sie drehte sich um und hielt einen Stein, den ein verschlungenes Symbol zierte, in der Hand. Einen Stein, der plötzlich und warnungslos zu glühen begann...

19

»Sir, die Orcs haben ihr Lager aufgeschlagen.«

Major Davin begann Haarbüschel aus seinem Bart zu reißen – zum Teufel mit der Kleiderordnung. »Wie viele?«

Korporal Rych zuckte mit den Achseln »Unmöglich, mit Gewissheit zu sagen, Sir.«

Davin schloss resigniert die Augen und zählte insgeheim bis fünf. »Dann ratet«, quetschte er schließlich hervor.

Noch ein Achselzucken. »Der Späher behauptet, dass es mindestens sechshundert sind. Es ist schwer abzuschätzen, Sir. Sie halten weit genug Abstand, um keine Grenze zu verletzen, aber...«

Als Rych zögerte, seufzte Davin. »Aber was?«

»Nun, Sir, im Moment sitzen sie da nur rum. Aber ich glaube nicht, dass das so bleiben wird. Besonders nicht, wenn die Boote eintreffen.«

Wieder seufzte Davin. Es schien, als wäre dieses Seufzen alles, was er in diesen Tagen wirklich in Perfektion beherrschte. Dutzende Boote, die Orcs und Trolle transportierten, waren tags zuvor gesichtet worden, wie sie auf der Großen See nach Süden fuhren – Richtung Northwatch. In wenigen Stunden würden sie ihr Ziel erreichen. Und spätestens dann würde Davin eine Entscheidung treffen müssen.

Die Anweisungen von Kämmerer Kristoff, der den Oberbefehl innehatte, während Lady Proudmoore von diesen Flammendes-Schwert-Leuten gefangen gehalten wurde, lauteten, Northwatch um jeden Preis zu halten.

Davin wusste nicht, wie er das schaffen sollte.

Eigentlich hatte er nie Soldat werden wollen. Zugegebenermaßen hatte er jedoch einen Hang zur Gewalt, der dem Anwerber aufgefallen war, als er in seinem Dorf nach Nachwuchs gesucht hatte. Dazu war er allerdings auch ein entsetzlicher Feigling, der es aber schaffte, diesen Umstand während der Ausbildung zu verbergen. Hauptsächlich deshalb, weil er niemals in wirklich ernsthafte Gefahr geriet. Er musste nur etwas schauspielern, und das fiel Davin leicht. Sein Schwert an einer Strohpuppe einsetzen? Kein Problem. Aber ein echter Kampf gegen einen Feind aus Fleisch und Blut? Darin war er hoffnungslos schlecht.

Deshalb hatte er beim ersten Mal, als er einem echten Gegner gegenüberstand, auch gedacht, er sei verloren. Aber er hatte Glück gehabt, weil er einer wirklich fähigen Truppe angehörte. Davin hatte sehr wenig für den Sieg getan, als es gegen die aufständischen Zwergen gegangen war. Diese waren auf der Flucht vor der Justiz in sein Dorf gekommen, nachdem ein Putsch gegen die Regierung der Zwerge gescheitert war. Aber der Rest seines Trupps hatte exzellente Arbeit geleistet und die Zwerge gefangen genommen oder getötet.

Davin konnte sich im Ruhm seiner Kameraden sonnen.

Dann war die Brennende Legion auf den Plan getreten. Es war schrecklich gewesen. Leute um ihn her waren gestorben. Lordaeron war zerstört worden. Menschen und Orcs hatte Seite an Seite gekämpft. Die ganze Welt war in Chaos versunken. Davin hatte nie verstanden, warum Lady Proudmoore das Bündnis mit den Orcs eingegangen war. Das waren Teufel, nicht viel besser als die Dämonen selbst.

Aber niemand hatte Davin nach seiner Meinung gefragt.

Sein schlimmster Tag war in einem Wald im Nirgendwo gewesen. Davin hatte nicht gewusst, wo er sich befand, nur dass er sich dort mit den angeschlagenen Resten seines Trupps aufgehalten hatte. Sie waren unterwegs, um eine Dämonenburg zu finden, damit ein Zauberer oder jemand anderes dort nach Geheimnissen suchen konnte. Davins Job war simpel gewesen, er lautete: Beschütze den Zauberer!