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Kojak wedelte wild mit dem Schwanz und beäugte Glens Cracker auf eine Art und Weise, die ziemlich eindeutig erkennen ließ, daß er weder savoir-faire noch Manieren besaß.

»Dann friß oder stirb«, sagte Glen und warf ihm den letzten seiner Cracker hin, der die Form eines Tigers besaß. Kojak schlang ihn hinunter und zog schnüffelnd von dannen.

Auch Larry hatte seinen Zoo - etwa zehn Tiere - langsam und genüßlich verspeist. »Ist euch schon mal aufgefallen«, sagte er, »daß diese Tiercracker einen leichten Beigeschmack von Zitrone haben? Das war schon so, als ich noch ein kleiner Junge war. Hab' mich erst jetzt wieder daran erinnert.«

Ralph, der seine beiden letzten Cracker von einer Hand in die andere geworfen hatte, steckte nun einen davon in den Mund. »Ja, stimmt. Die schmecken tatsächlich nach Zitrone. Wißt ihr, irgendwie wünschte ich mir, der alte Nicky wäre hier. Hätte mir nichts ausgemacht, wenn mein Anteil dafür etwas kleiner ausgefallen wäre.«

Stu nickte. Sie beendeten die Mahlzeit und setzten ihren Weg fort. Am Nachmittag stießen sie auf einen liegengebliebenen Truck der Great-Western-Market-Ladenkette, dessen Fahrtziel offensichtlich Green River gewesen war. Der Laster stand ordentlich neben der Fahrbahn auf der Standspur geparkt; der Fahrer saß kerzengerade und tot hinter dem Steuer. Als Abendbrot gab es Schinken aus der Büchse, aber keiner von ihnen schien rechten Appetit zu haben. Ihre Mägen seien geschrumpft, erklärte Glen. Stu sagte, seiner Meinung nach rieche der Schinken schlecht - nicht verdorben, sondern zu streng, zu fleischig. Ihm wurde fast übel. Er bekam nur eine einzige Scheibe herunter. Ralph sagte, er hätte jetzt lieber noch zwei oder drei Schachteln Tiercracker, und alle lachten. Selbst Kojak fraß nur ein kleines Stück, bevor er sich davonmachte, um irgendeinem Geruch zu folgen.

An dem Abend kampierten sie östlich vom Green River, und in den frühen Morgenstunden fiel ein erster Hauch von Schnee.

Am Dreiundzwanzigsten kurz nach Mittag erreichten sie die Auswaschung. Der Himmel war den ganzen Tag bedeckt gewesen, und es war kalt - kalt genug, meinte Stu, daß es Schnee geben könnte - viel Schnee und nicht bloß einen Schauer.

Die Vier standen oben am Rand, Kojak neben Glen, und schauten hinunter und zur anderen Seite. Irgendwo nördlich von hier mußte ein Damm gebrochen sein, oder es hatte eine Reihe von schweren Sommergewittern gegeben. Jedenfalls mußte der Fluß über die Ufer getreten sein, obwohl er sonst alle paar Jahre austrocknete. Das Wasser hatte ein großes Stück aus der I-70 herausgerissen. Der Abhang war ungefähr fünfzehn Meter tief, die Böschung bestand aus lockerer Erde, Geröll und Sedimentgestein. Unten floß träge ein schmaler Wasserlauf.

»Heiliges Kanonenrohr«, sagte Ralph. »Man sollte die Straßenbaubehörde des Staates Utah anrufen.«

Larry zeigte mit dem Finger. »Seht euch das an«, sagte er.

Sie blickten in die von Larry gewiesene Richtung, wo sich seltsame, von Wind und Wetter geformte Felssäulen und Monolithen erhoben. Etwa hundert Meter flußabwärts sahen sie im Flußbett des San Rafael ein Gewirr von Leitplanken und Kabeln und große Asphaltbrocken von der Straße. Ein großes Stück ragte wie ein apokalyptischer Finger in den bewölkten Himmel.

Glen blickte den geröllübersäten Abhang hinunter. Er hatte die Hände in den Taschen, und sein Gesicht zeigte einen verträumten Ausdruck.

»Schaffst du es, Glen?« fragte Stu leise.

»Sicher, ich glaub' schon.«

»Was macht die Arthritis?«

»Es war schon schlimmer.« Er lächelte gequält. »Aber, um ehrlich zu sein, es war auch schon besser.«

Sie hatten kein Seil mehr, mit dem sie einander hätten absichern können.

Stu stieg als erster hinab; er bewegte sich ganz vorsichtig. Ihm gefiel es überhaupt nicht, wie der Boden an manchen Stellen unter seinen Füßen nachgab und Steine und Erde sich lösten und herunterpolterten. Einmal hatte er schon Angst, den Halt zu verlieren und auf dem Hintern bis nach unten zu rutschen. Aber er konnte sich an einem Felsvorsprung festhalten und hatte dann wieder festen Boden unter den Füßen. Dann sprang Kojak munter an ihm vorüber. Er trat kaum Erde los, und einen Moment später stand er schon unten und bellte freundlich zu Stu hoch.

»Dieser verdammte angeberische Köter«, knurrte Stu und ging vorsichtig weiter, bis er unten war.

»Ich komme als nächster«, rief Glen. »Ich habe genau gehört, was du zu meinem Hund gesagt hast!«

»Sei vorsichtig, alter Junge. Sei verdammt vorsichtig! Es ist wirklich lose unter den Füßen.«

Glen stieg ganz langsam nach unten. Vorsichtig bewegte er sich von einem festen Halt zum anderen. Stu schrak jedesmal zusammen, wenn sich unter Glens Füßen Erdreich löste. Wie feines Silber wehten Glen die Haare im aufkommenden Wind um die Ohren. Dabei fiel Stu ein, daß Glens Haar noch ziemlich dunkel gewesen war, als er ihn kennenlernte, während Glen gerade an einer Straße in New Hampshire ein mittelmäßiges Bild malte.

Stu war sicher, daß Glen jeden Moment abstürzen und in zwei Hälften brechen würde. Er war erst beruhigt, als Glen mit beiden Füßen auf dem schlammigen Boden am Grund des Abhangs stand.

Stu seufzte vor Erleichterung und klopfte Glen auf die Schulter.

»Ich habe nicht einmal geschwitzt, Ost-Texaner«, sagte Glen und bückte sich, um Kojak zu streicheln.

»Ich um so mehr«, sagte Stu.

Ralph kam als nächster, kletterte vorsichtig von einem Halt zum anderen und sprang die letzten zwei Meter. »Junge«, sagte er. »Die Scheiße ist tatsächlich verdammt lose. Es wäre verdammt komisch, wenn wir auf der anderen Seite nicht mehr raufkämen und vier oder fünf Meilen flußabwärts gehen müßten, um eine flachere Uferböschung zu suchen, stimmt's?«

»Es wäre noch komischer, wenn wieder eine Überschwemmung käme, während wir noch suchen«, sagte Stu.

Larry stieg behende nach unten. Drei Minuten nachdem die anderen ihren Abstieg begonnen hatten, stand er schon neben ihnen. »Wer steigt zuerst hoch?« fragte er.

»Warum tust du es nicht, wo du es doch so gut kannst?« fragte Glen.

»Okay.«

Er brauchte für den Aufstieg wesentlich länger, und zweimal gab der trügerische Boden nach, und er wäre fast abgestürzt. Aber endlich war er oben und winkte den anderen zu.

»Wer ist der nächste?« fragte Ralph.

»Ich«, sagte Glen und ging zur anderen Seite hinüber. Stu nahm ihn am Arm. »Hör zu«, sagte er. »Wir können stromaufwärts gehen und eine flachere Stelle suchen, wie Ralph schon sagte.«

»Und den Rest des Tages verlieren? Als Junge wäre ich in vierzig Sekunden oben gewesen.«

»Du bist kein Junge mehr, Glen.«

»Nein, aber ich glaube, etwas von dem Jungen ist noch in mir.«

Bevor Stu noch etwas sagen konnte, hatte Glen den Aufstieg schon begonnen. Als er ein Drittel geschafft hatte, rastete er einen Augenblick. Dann stieg er weiter. Etwa auf der Hälfte der Strecke gab ein Felsbrocken nach, an dem er sich festhalten wollte, und Stu sah ihn schon mitsamt seiner Arthritis kopfüber den Hang herunterstürzen.

»Verdammte Scheiße...«, flüsterte Ralph.

Glen ließ die Arme herumwirbeln, und irgendwie gelang es ihm, die Balance zu halten. Er warf sich nach rechts und stieg wieder etwa fünf oder sechs Meter nach oben. Dann rastete er erneut. Als er fast oben war, löste sich ein Stein, auf dem er gestanden hatte, und er wäre den ganzen Hang hinuntergestürzt, wäre nicht Larry zur Stelle gewesen. Er packte Glens Arm und zog ihn herauf.

»Kleinigkeit«, rief Glen nach unten.

Stu grinste erleichtert. »Und dein Pulsschlag?«

»Über neunzig, glaube ich«, gab Glen zu.

Ralph erkletterte den Hang bedächtig wie eine Bergziege und prüfte vorher jeden Halt. Er setzte die Füße mit größter Vorsicht. Als er oben angekommen war, begann Stu den Aufstieg.