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Larry erwachte; das Geschrei hallte ihm noch in den Ohren. Er war schweißgebadet.

Er brauchte nicht erst Glen zu fragen, was für eine Art Traum das gewesen war oder welche Bedeutung er hatte. Der Traum, in dem man nicht an die Mikrophone herankommt, sie nicht justieren kann, ist nicht ungewöhnlich für einen Rockmusiker - wie auch jener Traum, daß man auf der Bühne steht und plötzlich den Text des Songs vergessen hat. Larry vermutete, daß alle Entertainer in der einen oder anderen Form diesen Traum hatten, bevor - Bevor ihr Auftritt kam.

Es war ein Unzulänglichkeitstraum. Er verdeutlichte die eine, primitive, alles überdeckende Angst: Was, wenn du nicht kannst? Was, wenn du willst, aber nicht kannst? Das Entsetzen, jene Grenze nicht überschreiten zu können, die den Amateur vom Künstler - Sänger, Schriftsteller, Maler, Musiker - trennt.

Du mußt den Leuten etwas bieten, Larry.

Wessen Stimme war das? Die seiner Mutter?

Du bist einer, der nur nimmt, Larry.

Nein, Mom - nein, bin ich nicht. Diesen Song spiel' ich nicht mehr. Seit dem Weltuntergang spiel' ich ihn nicht mehr. Ehrlich. 

Er legte sich wieder hin und versank allmählich in Schlaf. Stu hatte recht, war sein letzter Gedanke: Der dunkle Mann wird uns alle zu fassen kriegen. Morgen, dachte er. Was immer uns erwartet, wir sind fast da.

Aber am Fünfundzwanzigsten sahen sie niemanden. Die drei Männer wanderten gemächlich unter dem blauen Himmel dahin und sahen Vögel und Wild, aber keine Menschen.

»Es ist erstaunlich, wie sich die Tiere wieder vermehren«, sagte Glen. »Ich wußte, daß dies ein schneller Prozeß sein würde, und natürlich wird der Winter alles wieder ein wenig zurechtstutzen, aber es ist dennoch erstaunlich. Seit den ersten Ausbrüchen der Seuche sind nur etwa hundert Tage vergangen.«

»Ja, aber es gibt keine Hunde und Pferde mehr«, sagte Ralph. »Das gefällt mir nicht. Sie haben einen Erreger gefunden, der fast alle Menschen getötet hat, aber das reichte offenbar nicht. Er mußte auch noch die beiden beliebtesten Tierarten ausrotten. Er hat die Menschen dahingerafft und ihre besten Freunde gleich dazu.«

»Und die Katzen übriggelassen«, sagte Larry traurig. Ralphs Miene hellte sich auf. »Es gibt doch noch Kojak...«

»Es gab Kojak.«

Das würgte die Unterhaltung ab. Die Spitzkuppen ringsum blickten dräuend auf sie herab. Hier konnten sich Männer mit Gewehren und Ferngläsern verborgen halten. Larrys böse Vorahnungen, daß heute der Tag war, hatte ihn noch nicht verlassen. Immer wenn die Straße anstieg, erwartete er auf der anderen Seite eine Straßensperre. Und wenn das nicht der Fall war, fürchtete er irgendwo einen Hinterhalt. Sie redeten über Pferde. Über Hunde und Büffel. Die Büffel kehrten bereits allmählich zurück, erzählte Ralph ihnen - Nick und Tom Cullen hatten welche gesehen. Der Tag war gar nicht mehr so fern - vielleicht noch zu ihren Lebzeiten -, daß riesige Büffelherden wieder die Prärie bevölkerten.

Larry wußte, daß Ralph recht hatte. Er wußte aber auch, daß es scheißegal war, was sie betraf - vielleicht belief sich die Summe ihrer Lebzeiten auf weniger als zehn Minuten.

Dann war es fast dunkel, und es wurde Zeit, das Lager aufzuschlagen. Noch einmal stieg die Straße an, und Larry dachte: Jetzt. Dort unten werden sie sein.

Aber es war niemand da. Sie kampierten in der Nähe eines grünen Reflektorschildes, auf dem LAS VEGAS 260 stand. Sie hatten heute verhältnismäßig gut gegessen: Taco-Chips, Soda und zwei Slim Jims, die sie untereinander aufgeteilt hatten.

Morgen, dachte Larry wieder und schlief ein. In dieser Nacht träumte er, daß er, Barry Greig und die Tattered Remnants im Madison Square Garden spielten. Es war ihre große Chance - sie eröffneten den Abend für irgendeine Supergruppe, die sich nach einer Stadt benannte. Boston oder vielleicht auch Chicago. Und die Mikrophonständer waren alle mindestens drei Meter hoch, und in wachsender Panik stolperte er von einem zum anderen, und die Leute klatschten wieder rhythmisch und wollten wieder »Baby, Can You Dig Your Man?« hören. Er schaute zur ersten Reihe hinunter, und wie ein eiskalter Wasserguß packte ihn die Angst. Charles Manson saß da, und das Kreuz auf seiner Stirn war zu einer weißen schiefen Narbe verheilt. Er klatschte und schrie. Und auch Richard Speck saß dort unten und schaute Larry unverschämt an, und zwischen seinen Lippen zitterte eine filterlose Zigarette. Hinter ihm saß John Wayne. Und Flagg führte den Chor an.

Morgen, dachte Larry wieder und stolperte unter den heißen Traumlichtern des Madison Square Garden von einem der hohen Mikrophone zum anderen. Wir sehen uns morgen.

Aber es war nicht am nächsten Tag und auch nicht am Tag danach. Am Abend des 27. September kampierten sie in der Stadt Freemont Junction, und es gab reichlich zu essen.

»Ich erwarte immer, daß es bald vorbei ist«, sagte Larry an diesem Abend zu Glen. »Und es wird jeden Tag schlimmer.«

Glen nickte. »Mir geht es ähnlich. Wäre schon komisch, wenn es sich nur um eine Fata Morgana gehandelt hätte, nicht wahr? Nichts als ein böser Traum in unserem kollektiven Bewußtsein.«

Larry sah ihn einen Augenblick überrascht und nachdenklich an. Dann schüttelte er langsam den Kopf. »Nein, ich glaube nicht, dass es nur ein Traum ist.«

Glen lächelte. »Ich auch nicht, junger Mann. Ich auch nicht.«

Am nächsten Tag war es soweit.

Morgens um kurz nach zehn gingen sie eine Steigung hoch, und unter ihnen im Westen, etwa fünf Meilen entfernt, parkten zwei Wagen Motorhaube an Motorhaube. Alles sah genauso aus, wie Larry es erwartet hatte.

»Unfall?« fragte Glen.

Ralph hielt die Hände über die Augen. »Das glaube ich nicht. Dann würden sie anders stehen.«

»Es sind seine Leute«, sagte Larry.

»Ja, das glaube ich auch«, sagte Ralph. »Was sollen wir jetzt tun, Larry?«

Larry nahm sein großes Taschentuch aus der Gesäßtasche und wischte sich damit das Gesicht. Entweder war heute wieder Sommer, oder sie spürten bereits die Hitze der Wüste, die im Südwesten lag. Es mochten knapp dreißig Grad sein.

Aber es ist eine trockene Hitze, dachte er. Ich schwitze nur ein wenig. Nur ganz wenig. Er steckte das Taschentuch wieder ein. Jetzt, wo es endlich soweit war, fühlte er sich gut. Wieder überkam ihn das seltsame Gefühl, daß es sich hier um einen Auftritt handelte, eine Show, die über die Bühne gehen mußte.

»Wir gehen hinunter«, sagte Larry. »Dann werden wir feststellen, ob Gott wirklich auf unserer Seite steht. Okay, Glen?«

»Du bist der Boß.«

Sie gingen weiter. Nach einer halben Stunde waren sie so nahe herangekommen, um erkennen zu können, daß diese Wagen früher der Utah State Police gehört hatten. Mehrere bewaffnete Männer warteten auf sie.