Der wichtigste Teil von Definitionen oder anderen Überlegungen über das Leiden ist nicht, was sie uns über das Leiden sagen – über neuronale Netze, Nozizeptoren, Prostaglandine oder Opioidrezeptoren –, sondern, was sie uns darüber sagen, wer leidet und wie wichtig wir dieses Leiden nehmen sollten. Es mag philosophisch schlüssige Wege geben, sich die Welt und die Bedeutung des Leidens so vorzustellen, dass die Leiden-Definition für Tiere nicht gilt. Das wäre zwar gegen den gesunden Menschenverstand, aber ich gebe zu, dass es möglich wäre. Wenn also diejenigen, die behaupten, Tiere würden nicht wirklich leiden, und die, die der Meinung sind, dass sie das sehr wohl tun, beide ihren Standpunkt schlüssig und überzeugend darlegen können, sollten wir dann daran zweifeln, dass Tiere leiden können? Sollen wir davon ausgehen, dass Tiere vielleicht nicht wirklich leiden – oder jedenfalls nicht so, dass es etwas ausmachen würde?
Sie können sich denken, dass ich das verneinen würde, aber das möchte ich nicht weiter diskutieren. Ich denke, das Wichtigste ist zu begreifen, was auf dem Spiel steht, wenn wir fragen: »Was ist Leiden?«
Was ist Leiden? Ich bin nicht sicher, was es ist, aber ich weiß, dass Leiden die Quelle aller Seufzer, Schreie und Ächzer ist – der großen und kleinen, einfachen und vielschichtigen –, die uns betreffen. Das Wort definiert unseren Blick noch mehr als das, worauf wir ihn richten.
Leugnen des Menschlichen im Tier
Die Weigerung zuzugeben, dass es bedeutende, auf Erfahrung beruhende Ähnlichkeiten zwischen Menschen und den anderen Tieren gibt; wenn mein Sohn etwa fragt, ob George sich nicht einsam fühlt, wenn wir das Haus ohne sie verlassen, und ich sage: »George fühlt sich nicht einsam.« (Siehe: ANTHROPOMORPHISMUS)
Massentierhaltungsbetrieb
Dieser Begriff wird in der nächsten Generation nicht mehr benutzt werden, weil es entweder keine Betriebe mit Massentierhaltung oder keine bäuerlichen Familienbetriebe (siehe: BÄUERLICHER FAMILIENBETRIEB) mehr gibt, mit denen man sie vergleichen könnte.
Masthähnchen
Nicht alle Hühner in den USA vegetieren in Käfigbatterien dahin. Wenigstens in dieser Hinsicht könnte man sagen, dass Masthähnchen – also Hühner, die zur Fleischerzeugung dienen (im Gegensatz zu Legehennen, die Eier legen) – mehr Glück haben: Ihnen wird oft bis zu je 0,093 Quadratmeter zugestanden.
Wenn Sie kein Farmer sind, wird Sie das, was Sie gerade gelesen haben, verwirren. Vermutlich dachten Sie, Hühner sind Hühner. Seit ungefähr 50 Jahren jedoch gibt es zwei verschiedene Arten »Huhn« – Legehennen und Masthühner – mit jeweils unterschiedlicher genetischer Ausstattung. Gemeinhin nennen wir sie alle »Huhn«, aber sie unterscheiden sich in Körperbau und Stoffwechsel erheblich, weil sie für verschiedene »Funktionen« gezüchtet werden. Legehühner produzieren Eier.
(Die Eiproduktion pro Huhn hat sich seit circa 1930 mehr als verdoppelt.) Masthühner produzieren Fleisch. (In genau demselben Zeitraum hat man sie so umgezüchtet, dass sie in noch nicht einmal der Hälfte der Zeit doppelt so schwer werden wie damals. Früher hatten Hühner eine Lebenserwartung von 15 bis 20 Jahren, das moderne Masthähnchen wird meist mit etwa sechs Wochen getötet. Seine Wachstumsrate pro Tag ist um etwa 400 Prozent gestiegen.)
Aus alldem ergeben sich einige groteske Fragen – Fragen, die ich mir nie gestellt hätte, bevor ich von den beiden Hühnertypen gehört hatte –, zum Beispieclass="underline" Was passiert mit dem männlichen Nachwuchs der Legehennen? Wenn der Mensch ihn nicht als Fleischlieferanten vorgesehen und die Natur ihn definitiv nicht zum Eierlegen ausgestattet hat, wofür ist er dann gut?
Für gar nichts. Und aus diesem Grund wird männlicher Legehennennachwuchs – das ist die Hälfte aller in den Vereinigten Staaten geborenen Legehuhnküken, über 250 Millionen Tiere pro Jahr – einfach vernichtet.
Vernichtet? Es lohnt sich, zu erfahren, was sich hinter diesem Wort verbirgt.
Die meisten männlichen Legehuhnküken werden vernichtet, indem sie durch Rohre auf eine elektrisch geladene Metallplatte gesaugt werden. Andere werden auf andere Weise getötet, und man kann auf keinen Fall behaupten, dass diese Tiere mehr oder weniger Glück hätten. Manche werden in große Plastikcontainer geworfen. Die Schwachen werden nach unten getrampelt, wo sie langsam ersticken. Die Starken ersticken langsam oben. Andere werden bei vollem Bewusstsein gehäckselt (stellen Sie sich einen Holzschredder mit Hühnern gefüllt vor).
Grausam? Hängt davon ab, wie man Grausamkeit definiert (siehe: GRAUSAMKEIT).
Menschlic
h
Menschen sind die einzigen Tiere, die geplant Kinder bekommen, in Verbindung miteinander bleiben (oder auch nicht), Geburtstage für wichtig erachten, Zeit vergeuden und verlieren, sich die Zähne putzen, Nostalgie empfinden, Flecken auswaschen, Religionen, politische Parteien und Gesetze haben, Andenken bewahren, sich noch Jahre nach einer Beleidigung entschuldigen, vor sich selbst Angst haben, Träume interpretieren, ihre Geschlechtsteile verbergen, sich rasieren, Zeitkapseln vergraben und sich aus Gewissensgründen entscheiden können, etwas nicht zu essen. Die Rechtfertigung für das Essen und das Nichtessen von Tieren ist oft dieselbe: Wir sind nicht sie.
PETA (People for the Ethical Treatment of Animals)
Ausgesprochen »Pita«, wie das Brot aus dem Nahen Osten, aber unter den Farmern, mit denen ich gesprochen habe, deutlich bekannter. Die größte Tierschutzorganisation der Welt hat mehr als zwei Millionen Mitglieder.
Die Leute bei PETA tun fast alles, was legal ist, um ihre Kampagnen durchzuführen, egal, wie schlimm sie dabei aussehen (was beeindruckend ist), und egal, wer dabei beleidigt wird (was weniger beeindruckend ist). Sie verteilen »Unhappy Meals« mit blutigen, hackmesserschwingenden Ronald-McDonald-Figuren an kleine Kinder. Sie verteilen Aufkleber, die wie herkömmliche Aufkleber auf Tomaten aussehen, mit der Aufschrift »Wirf mich auf einen Pelzmantel«. Sie haben einen toten Waschbär auf den Mittagstisch der Vogue – Herausgeberin Anna Wintour im Four Seasons geworfen (und ihr madenverseuchte Innereien ins Büro geschickt), sind nackt vor Präsidenten und Mitgliedern von Königshäusern herumgeflitzt, haben »Dein Vater tötet Tiere!«-Flugblätter an Schulkinder verteilt und die Pet Shop Boys gebeten, sich in Rescue Shelter Boys umzubenennen (was die Band nicht getan hat, aber sie stimmte zu, dass man über bestimmte Themen reden sollte). Es ist schwierig, sich über diesen hartnäckigen Einsatz nicht gleichzeitig lustig zu machen und ihn zu bewundern, und man versteht ganz leicht, warum man nicht zur Zielscheibe von PETA werden will.
Was auch immer man von ihnen hält, die Fleischindustrie hat vor niemandem so viel Angst wie vor PETA und Konsorten. Sie bewirken etwas. Als PETA Fast-Food-Unternehmen im Visier hatte, sagte die berühmteste und einflussreichste Tierwissenschaftlerin des Landes, Temple Grandin (die mehr als die Hälfte aller Rinderschlachthöfe der Nation entworfen hat), sie habe danach innerhalb eines Jahres durchschlagendere Verbesserungen der Bedingungen erlebt als in den 30 Jahren zuvor. Der möglicherweise größte PETA – Hasser der Welt, Steve Kopperud (ein Berater der Fleischindustrie, der seit zehn Jahren Anti-PETA – Seminare hält), formuliert es so: »In der Industrie hat man inzwischen verstanden, wozu PETA in der Lage ist, um Managern das Fürchten zu lehren.« Es hat mich nicht überrascht zu erfahren, dass Unternehmen aller Art regelmäßig mit PETA verhandeln und dann still und leise Veränderungen in ihrer Tierschutzpolitik vornehmen, um nicht öffentlich von der Organisation attackiert zu werden.