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Drinnen bewegt sich etwas, das Summen der Maschinen vermischt sich mit einem Geräusch, das wie ein flüsterndes Publikum klingt oder wie ein Geschäft für Kronleuchter bei einem leichten Erdbeben. C. kämpft mit der Tür und macht mir ein Zeichen, dass wir es beim nächsten Stall versuchen müssen.

So verbringen wir einige Minuten mit der Suche nach einer offenen Tür.

Noch ein Warum: Warum schließt ein Farmer seine Truthahnställe ab?

Sicher nicht aus Angst, man könnte die Betriebseinrichtung oder die Tiere stehlen. Es gibt in den Ställen keine Betriebseinrichtung, die man stehlen könnte, und die Tiere sind den Aufwand nicht wert, den es bedeuten würde, eine nennenswerte Menge von ihnen abzutransportieren. Er schließt seine Türen auch sicher nicht deswegen ab, weil er fürchtet, die Tiere könnten fliehen. (Truthähne können keinen Türknauf drehen.) Und trotz der Schilder geht es auch nicht um Biosicherheit. (Und um sich vor Neugierigen zu schützen, reicht auch der Stacheldraht.) Warum also?

In den insgesamt drei Jahren, in denen ich mich mit Viehwirtschaft beschäftigt habe, hat mich nichts so sehr beunruhigt wie diese verschlossenen Türen. Nichts verdeutlicht die traurige Wahrheit über die Massentierhaltung besser. Und nichts überzeugt mich stärker, dieses Buch wirklich zu schreiben.

Wie sich herausstellt, sind verschlossene Türen nur das eine. Ich habe nie eine Antwort von Tyson oder all den anderen Fleischproduzenten bekommen, denen ich geschrieben habe. (Nein zu sagen ist eine Aussage. Gar nicht zu reagieren ist ebenfalls eine.) Auch Forschungseinrichtungen werden permanent durch diese Geheimniskrämerei behindert. Nachdem die renommierte und finanziell gut ausgestattete Pew Commission eine über zwei Jahre gehende Studie über die Auswirkungen der Massentierhaltung in Auftrag gegeben hatte, berichtete sie, dass

… es schwerwiegende Behinderungen gab, als die Kommission ihre Beurteilung abschließen und Empfehlungen aussprechen wollte … Während einige Vertreter der industriellen Landwirtschaft der Kommission mögliche Autoren für die Fachberichte empfahlen, versuchten andere Vertreter der industriellen Landwirtschaft, eben diese Autoren davon abzubringen, mit uns zusammenzuarbeiten, und drohten ihnen, die Forschungsmittel für ihre Colleges oder Universitäten zu streichen. Wir stellten fest, dass die Industrie in allen Bereichen massiv Einfluss nahm: in der akademischen Forschung, der Landwirtschaftspolitik, bei Regierungsbeschlüssen und bei deren Umsetzung.

Die Strippenzieher der Massentierhaltung wissen, dass ihr Geschäftsmodell darauf angewiesen ist, dass der Verbraucher nicht sehen (oder davon hören) kann, was sie tun.

Die Erlösung

VOM KORNSPEICHER dringen Männerstimmen zu uns herüber. Warum arbeiten sie nachts um halb vier? Maschinen springen an. Was für Maschinen sind das? Es ist mitten in der Nacht, und hier passiert etwas. Was passiert hier?

»Hier ist eine«, flüstert C. Sie schiebt die schwere Holztür auf, ein Lichtrechteck fällt heraus, und sie tritt ein. Ich folge ihr und schiebe die Tür hinter mir zu. Das Erste, was meine Aufmerksamkeit erregt, sind die Gasmasken, die an der Wand hängen. Warum gibt es in einem Stall Gasmasken?

Wir schleichen hinein. Drinnen sind Zehntausende Truthahnküken. Faustgroß, mit Federn in der Farbe von Sägemehl, sie sind auf dem mit Sägemehl ausgelegten Boden fast nicht zu sehen. Die Küken drängen sich in Grüppchen zusammen, sie schlafen unter den Wärmelampen, die die Wärme ihrer brütenden Mütter ersetzen sollen. Wo sind die Mütter?

Diese Verdichtungen scheinen einem mathematischen Prinzip zu folgen. Ich reiße den Blick für einen Moment von den Vögeln los und betrachte das Gebäude: Beleuchtung, Futterautomaten, Ventilatoren und Wärmelampen in gleichmäßigen Abständen, ein perfekt eingestellter künstlicher Tag. Außer den Tieren selbst gibt es nichts, was auch nur ansatzweise natürlich wäre – kein Fleckchen Erde, kein Fenster, durch das das Mondlicht hereinfiele. Ich bin überrascht, wie einfach es ist, das anonyme Leben rundherum auszublenden und die Harmonie der Technik zu bewundern, die diese kleine, in sich geschlossene Welt so präzise reguliert, die Effizienz und Perfektion der Maschine zu sehen und die Vögel als Erweiterung oder Zahnrad dieser Maschine zu begreifen – nicht als Lebewesen, sondern als Teile. Sie anders zu sehen fällt schwer.

Ich betrachte einen einzelnen Vogel, wie er darum kämpft, vom äußeren Rand des Grüppchens an der Wärmelampe in die Mitte zu gelangen. Und dann einen anderen, der genau unter der Lampe sitzt und anscheinend ganz zufrieden ist, wie ein Hund in der Sonne. Und dann wieder einen anderen, der sich gar nicht bewegt, nicht einmal atmet.

Auf den ersten Blick sieht das Ganze gar nicht so schlimm aus. Es ist überfüllt, aber die Vögel wirken doch ganz munter. (Menschenkinder werden schließlich auch in überfüllten Tagesstätten gehalten.) Und sie sind niedlich. Die Freude darüber, endlich das zu sehen, was ich sehen wollte, und all diese Tierbabys sorgen dafür, dass ich mich ganz gut fühle.

C. gibt in einer anderen Ecke des Stalls einigen schlecht aussehenden Küken Wasser, und ich gehe auf Zehenspitzen herum, sehe mich um und hinterlasse verwischte Fußstapfen im Sägemehl. So langsam fühle ich mich wohler bei den Puten und möchte näher an sie heran, sie womöglich sogar anfassen. (C.s erstes Gebot war, die Tiere nicht anzufassen.) Je näher ich sie betrachte, desto mehr sehe ich. Die Schnabelspitzen der Küken sind schwarz, ebenso wie ihre Krallen. Manche haben rote Flecken auf dem Kopf.

Weil es so viele Tiere sind, brauche ich mehrere Minuten, bis ich merke, wie viele von ihnen tot sind. Manche sind blutverkrustet, manche voller entzündeter Stellen. Nach manchen wurde offenbar gehackt, andere sind ganz ausgetrocknet und liegen wie kleine Laubhäufchen beieinander. Manche sind deformiert. Die Toten sind die Ausnahmen, aber wohin man auch schaut, man sieht fast immer eins.

Ich gehe zu C. – die zehn Minuten sind um, und ich habe nicht vor, das Schicksal herauszufordern. Sie kniet über etwas. Ich knie mich neben sie. Ein Küken liegt zitternd auf der Seite, die Beine von sich gestreckt, die Augen verkrustet. An einigen kahlen Stellen klebt Schorf. Sein Schnabel ist halb geöffnet, und der Kopf zuckt vor und zurück. Wie alt mag es sein? Eine Woche? Zwei? Ging es ihm schon sein ganzes Leben lang so, oder ist ihm etwas zugestoßen? Was kann ihm zugestoßen sein?

C. wird wissen, was zu tun ist, denke ich. Und das weiß sie auch. Sie öffnet ihre Tasche und holt ein Messer heraus. Sie hält dem Küken eine Hand über den Kopf – hält sie es fest, oder bedeckt sie ihm die Augen? –, schneidet ihm die Kehle durch und erlöst es.

2.

Ich bin der Typ, der mitten in der Nacht in eine Farm einsteigt

Dieses Putenküken, das ich bei unserer Aktion getötet habe, das war hart. Vor vielen Jahren habe ich in einer Geflügelfabrik gejobbt. Ich war Nachschneider, das heißt, ich musste den Tieren, die den Halsschnittautomaten überlebt hatten, die Kehle durchschneiden. Ich habe Tausende von Vögeln auf diese Weise getötet. Vielleicht Zehntausende. Vielleicht Hunderttausende. Bei solchen Dingen verliert man den Überblick: wo man ist, was man da tut, wie lang man es schon tut, was die Tiere sind, was man selbst ist. Das ist ein Überlebensmechanismus, ohne den man verrückt würde. Aber das alles ist verrückt.

Durch meine Arbeit im Tötungsbetrieb kannte ich also die Anatomie des Halses und wusste, wie man das Küken sofort tötet. Und ich wusste sehr genau, dass es richtig war, es aus seinem Elend zu erlösen. Aber es war hart, denn dieses Küken war nicht eines von Tausenden an der Schlachtstraße. Es war ein Individuum. Alles daran ist hart.